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Nahschuss: Der junge Franz Walter (LARS EIDINGER) hat gerade an der Humboldt-Universität promoviert, als er ein attraktives Angebot vom Auslandsnachrichtendienst der DDR erhält. Geblendet von den vielen Vorzügen, die der neue Job mit sich bringt, nimmt Franz das Angebot an. Gemeinsam mit seiner Freundin Corina (LUISE HEYER) genießt er zunächst das neue Leben. In seinem Vorgesetzten Dirk (DEVID STRIESOW) findet Franz einen ihm...

„Nahschuss“ im Kino

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Handlung und Hintergrund

Gleich zu Beginn sieht man Frank Walter (Lars Eidinger) allein, hinter Gittern, verzweifelt. Wenige Jahre zuvor freut er sich mit seiner Freundin Corina (Luise Heyer) über seine Promotion an der Humboldt-Universität und erhält ein lukratives Job-Angebot beim Auslandsnachrichtendienst der DDR.

Gemeinsam mit seinem neuen Mentor Dirk Hartmann (Devid Striesow) führt ihn sein Weg zu streng geheimen Auslandseinsätzen in die BRD. Der Stasi ist der übergelaufene Fußballer Horst Langfeld (Leon Högehoge) ein Dorn im Auge, der inzwischen für den HSV spielt. Walter soll in Hamburg herausfinden, welche Kontakte er pflegt und absolutes Stillschweigen über seine Arbeit bewahren. Als Walter vom Druckmittel der Stasi erfährt, die Langfeld weiß machen wollen, dass seine Frau Luisa (Aida Philine Stappenbeck) eine Krebsdiagnose erhalten habe, wird er zum Doppelagenten in eigener Sache. Um das Ehepaar Langfeld zu warnen, riskiert er nicht nur sein Leben, sondern auch das von Corina.

Eine auf Anraten von Hartmann inszenierte Heirat zwischen Walter und Corina wird schnell als Druckmittel gegen den sensiblen Akademiker genutzt. Je länger Franz Walter für die DDR arbeitet, desto mehr will er von dem Leben Abstand nehmen. Im Geheimen plant er die Flucht mit Corina und riskiert bei der Entwendung von streng vertraulichen Papieren sein Leben. In der DDR herrscht jedoch weiterhin die Todesstrafe, sollten seine Taten der Stasi bekannt werden.

„Nahschuss“ – Wahre Hintergründe

Regisseurin Franziska Stünkel („Vineta“) nahm sich sieben Jahre Zeit, um das Drehbuch für ihren Film „Nahschuss“ zu entwickeln, der sich der wenig bekannten Todesstrafe in der DDR widmet. Insgesamt wurden 166 Menschen aufgrund von Urteilen der DDR-Justiz hingerichtet, zwischen 1968 und 1981 wurden die Menschen mit einem unerwarteten „Nahschuss“ in den Hinterkopf getötet.

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Der letzte, der auf diese Weise aus dem Leben gerissen wurde, war Dr. Werner Teske, auf dessen Leben die Handlung in „Nahschuss“ basiert. Er starb am 26. Juni 1981 in der Justizanstalt in Leipzig. Wegen vollendeter Spionage und versuchter Fahnenflucht verurteilt, wurde ein Exempel an ihm statuiert. Zwölf Jahre später 1993 wird das Urteil gegen Werner Teske annulliert.

„Nahschuss“ – Besetzung, Kinostart

Das historische Drama widmet sich einem wenig bekannten Fakt deutscher Historie und inszeniert das menschliche Drama nahezu ausschließlich an Originalschauplätzen. In den Hauptrollen brillieren Lars Eidinger („Persischstunden“), Devid Stresow („Yella“) und Luise Heyer („Generation Beziehungsunfähig“).

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Am 12. August 2021 erscheint „Nahschuss“ in den deutschen Kinos.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Franziska Stünkel
Darsteller
  • Lars Eidinger,
  • Devid Striesow,
  • Luise Heyer
Drehbuch
  • Franziska Stünkel

Kritikerrezensionen

    1. FBW-Pressetext:

      Ein eindrucksvolles Drama, basierend auf einer wahren Geschichte: Intensiv gespielt und packend erzählt.

      Der Ingenieur Franz Walter wird in den 1970er Jahren von der Stasi als Außendienstmitarbeiter in den Westen geschickt. Doch als er beschließt, auszusteigen, macht die Stasi ihm klar, dass es keinen Weg zurück gibt. Dank eines beeindruckenden Lars Eidinger in der Titelrolle fesselt dieses auf einer wahren Geschichte beruhende Drama bis zu seinem konsequent-radikalen Schlussbild.

      Bereits in den ersten Minuten macht der Film unter der Regie von Franziska Stünkel klar, was im Zentrum der Handlung geschehen wird. Wie in der Mitte eines Sturms steht Lars Eidinger, der mit gewohnt beeindruckender Intensität seine Rolle annimmt, und macht die inneren Konflikte deutlich, die Franz‘ Entscheidungen mit sich bringen. Denn zunächst läuft alles wunderbar. Franz kann seiner Frau (wie immer großartig: Luise Heyer) dank der West-Geschenke auch im eher trostlos wirkenden Leben in der DDR etwas Besseres bieten. Und der Kollege, mit dem Franz in den Westen fährt und den Devid Striesow mit einer Mischung aus Überdrehtheit und Hilflosigkeit spielt, ist angenehm im Umgang. Doch je fieser die Methoden sind, mit denen Franz im Westen als Agent agieren muss, desto mehr wird das neue Leben für Franz zu einem Gefängnis. Die Kamera von Nikolai von Graevenitz lässt Eidinger spätestens jetzt nicht mehr aus den Augen. Immer enger wird das Bild, immer gehetzter der Blick von Franz. Die sepiafarbenen Bilder schaffen eine bedrückende Atmosphäre, die musikalische Untermalung durch den Score von Sebastian Karim Elias hält eine gute Balance zwischen Dramatik und subtil bedrohlicher Stimmung. Das alles gipfelt in einem konsequent gehaltenen Filmende, bei dem man als Zuschauer*in mit dem beklemmenden Gefühl der Ausweglosigkeit zurückbleibt, in das ein politisches System viele Menschen getrieben hat.

      FBW-Jury-Begründung:

      Die DDR Anfang der 1970er Jahre: Der vielversprechende junge Ökonom Franz Walter hat seine Promotion abgeschlossen und träumt von einer Karriere an der Hochschule oder im Außenhandel. Da erhält er ein äußerst attraktives Angebot: Er solle seiner Professorin auf deren Lehrstuhl nachfolgen - bis es soweit sei, solle er den Auslandsnachrichtendienst bei der Vorbereitung auf die 1974 in der BRD stattfindende Fußball-Weltmeisterschaft unterstützen. Der ambitionierte Forscher und Fußballfan willigt ein und verpflichtet sich zu uneingeschränkter Systemtreue. Hals über Kopf heiratet er seine Freundin Corina, und das Paar bezieht eine schicke Wohnung in einer privilegierten Siedlung. Der private Umgang beschränkt sich fast ausschließlich auf Kolleg*innen aus der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA), und die berufliche Karriere verläuft verheißungsvoll. Franz kann sich als Analyst auszeichnen und wird bald zusammen mit seinem Kollegen Dirk zu Auslandseinsätzen in die BRD geschickt. Hier gilt es, im Umfeld eines geflüchteten DDR-Fußballers Agenten zu aktivieren. Dazu muss Franz erpresserische Methoden anwenden, die ihm nicht behagen. Aber er darf sich niemandem anvertrauen und zieht sich in die innere Isolation zurück. Selbst gegenüber Corina hält er sich an das strikte Redeverbot. Dabei gerät er unter wachsenden Druck, die immer perfideren Vorgaben seines Arbeitgebers zu erfüllen. Verzweifelt sucht Franz nach einem Ausweg, doch die HVA will ihn nicht gehen lassen, denn er weiß zu viel von den schändlichen Manövern, oppositionelle oder missliebige Kräfte zielgerichtet zu zerstören.

      NAHSCHUSS ist inspiriert von der Geschichte des Dr. Werner Teske, der 1981 zum Opfer der letzten in der DDR vollstreckten Todesstrafe wurde. Regisseurin Franziska Stünkel, die sich auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, hat damit ein packendes psychologisches Drama geschaffen, das schonungslos die schwärzesten Machenschaften des Ministeriums für Staatssicherheit enthüllt. Dabei gliedert der Film sich grob in zwei Teile: In der ersten Hälfte wird eine eher traditionelle Agentengeschichte erzählt. Allerdings gibt es hier keine Spur von Glamour und Action, sondern das Milieu ist ausgesprochen kleinbürgerlich. Mit in Sepia gefärbten Bildern und einer detailgenauen Ausstattung werden sehr stimmig die Verhältnisse der DDR in den 1970er Jahren rekonstruiert, in denen ein karriereorientierter junger Mann einen verhängnisvollen Handel eingeht. Franz Walter weiß, dass er dem Staat für dessen Offerte eine Gegenleistung schuldig ist. Das sind die Kompromisse, die das System verlangt, und damit sind zugleich Vorteile und Privilegien verbunden, von denen andere DDR-Bürger*innen nur träumen können. So lässt sich die HVA-Episode aus seiner Sicht gut an. Er kann sich durch differenzierte Analysen hervortun, kommt gut mit seinem Kollegen Dirk klar, der ihn in das Vorgehen bei Westeinsätzen einweist, inklusive Spesenbetrug, wodurch er Corina attraktive Geschenke machen kann. Das Verhältnis der drei Hauptfiguren Franz (Lars Eidinger), Dirk (Devid Striesow) und Corina (Luise Heyer) ist mit großem dramaturgischen Bedacht gestaltet und wird von den Schauspieler*innen hervorragend umgesetzt. Alle anderen Personen, einschließlich der Eltern, sind absolute Randfiguren, die wohl ahnen, aber nicht sehen wollen, was vorgeht. Die „Firma“ bleibt unter sich. Doch Franz wird sich noch weiter isolieren. Je perfider die Methoden sind, die bei seiner Agententätigkeit von ihm verlangt werden, desto mehr wird das neue Leben für ihn zum Gefängnis. Aber lange Zeit will er nicht wahrhaben, dass der Staat seinen Teil des Deals nicht einhalten wird und ganz andere Karrierepläne für ihn hegt. Dem Staat geht es nicht um die Zukunft eines einzelnen Individuums, sondern einzig und allein darum, durch ein ausgeklügeltes System von Repression und Misstrauen den Selbsterhalt der DDR zu garantieren.

      Dabei nimmt der Film in der zweiten Hälfte eine bemerkenswerte Wendung: Je mehr Franz an dem System zweifelt und sich darin verliert, desto stärker verlagert sich der Fokus auf ihn. Erzählung, Regie und die hervorragende Kamera von Nikolai von Graevenitz gehen noch dichter an die Figur heran und kehren ihr Innerstes nach außen. Die anderen Personen geraten aus dem Blickfeld; es geht ausschließlich um Franz und seine inneren Konflikte: Lars Eidinger verkörpert dessen Verzweiflung, Einsamkeit und Selbstzweifel an seinem Umfeld und an allem, woran er bisher geglaubt hatte, in einer darstellerischen Tour de Force mit größter Bravour und zieht die Zuschauenden in seinen Bann. Damit bringt er uns eine Figur nahe, die Täter und Opfer zugleich ist, und für die man sonst nicht allzu viel Sympathie aufgebracht hätte. Ein großes Kompliment gilt aber vor allem der Autorin und Regisseurin Franziska Stünkel, die mit großem Mut und bewundernswerter Konsequenz alle erzählerischen Konventionen und Sicherheiten hinter sich lässt, um bis zum erschreckenden Schluss den Blick freizulegen auf ein politisches System, das zum Selbsterhalt vor nichts zurückschreckt und auch seine eigenen Kinder frisst. NAHSCHUSS ist ein Film, der einen packt und lange nicht mehr loslässt.

      Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
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