Dima ist halb Russe, halb Deutscher. Doch so richtig dazugehören kann er nirgendwo. Für die Russen ist er immer nur der „Nemez“, was auf Russisch so viel wie Deutscher heißt. Für die Deutschen ist er immer der Ausländer, der sein Leben nicht auf die Reihe kriegt. Und so landet Dima im Abseits, stiehlt für Georgij, einen organisierten Kunstdieb, Wertgegenstände aus fremden Wohnungen. Doch eines Tages passiert bei einem Überfall ein Unglück, welches Dima schockiert. Und dann kommt auch noch die Liebe ins Spiel, als Nadja in sein Leben tritt. Für sie ist Dima bereit, sein Leben zu ändern und auf die Reihe zu kriegen. Doch er hat nicht mit Georgij gerechnet. Es sind aktuelle und gesellschaftsrelevante Themen, denen sich Nachwuchsregisseur Stanislav Güntner in seinem Langfilmdebüt widmet. Die Problematik Jugendlicher mit Migrationshintergrund wird durch die Augen Dimas deutlich gemacht. Seine Zerrissenheit und Hilflosigkeit, eine Existenz im Niemandsland der Herkunft aufzubauen, stellt Güntner, der selbst Russlanddeutscher ist, mit intensiven Dialogen in ruhigen Bildern dar, wobei Mark Filatov in der Hauptrolle als tragischer Held, der sich am Ende ein Stück Hoffnung erkämpft, besonders überzeugt. Authentisches und bewegendes Nachwuchskino.
Jurybegründung:
In Deutschland gilt der Russlanddeutsche Dima als Russe, in Russland als Deutscher. Es gelingt Stanislav Güntner, diese existentielle Heimatlosigkeit seines Titelhelden spürbar zu machen. Dima lebt in Berlin am Rand der Gesellschaft. Seine Eltern waren in Russland Akademiker, hier arbeiten sie als Taxifahrer und Putzfrau. Dima schlägt sich als Spieler und Mitglied einer Bande von Kunstdieben durch, und als einer der Einbrüche schief geht, wandert er in den Knast. Er verrät die anderen nicht, behält aber eine wertvolle Münze. Aus dieser Grundsituation entwickelt Güntner eine spannende Geschichte, die zum Teil Thriller, Romanze und Coming of age Story ist. Die Eltern wollen zurück nach Russland, der Boss seiner Bande will die Beute und Dima weiter unter seiner Kontrolle halten, und außerdem lernt er eine junge Kunststudentin kennen, durch die er eine ganz neue Zukunftsperspektive bekommt. Die Milieuzeichnungen wirken sehr authentisch, Güntner inszeniert atmosphärisch reich und von der ersten Einstellung im Treppenhaus an fällt die außergewöhnlich gute Kameraarbeit von Bernhard Keller auf. Auch die Darsteller sind durchweg überzeugend und Mark Filatov verkörpert den Titelhelden zugleich so komplex, vital und verletzlich, dass er als Figur immer glaubwürdig bleibt, auch wenn in der letzten Hälfte einige Ungeschicklichkeiten im Drehbuch die Geschichte zunehmend unplausibel werden lassen. So stellt sich schon die Frage, warum Nadja nicht zur Polizei geht, nachdem sie von Dima erfahren hat, wer ihren Kunstprofessor umgebracht hat, und auch das große Finale auf und vor dem Kirchendach lässt es an innerer Logik mangeln. Von diesen dramaturgischen Schwächen abgesehen, ist dies ein bemerkenswertes Debüt, dem man die Intensität anmerkt, mit der der Regisseur von den Menschen und ihren Problemen erzählt.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)