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© Searchlight Pictures

Nomadland: Roadmovie und Drama um eine Frau, die durch den Westen der USA von Job zu Job reist und das Leben als Nomadin zu erkunden.

„Nomadland“ im Kino

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Handlung und Hintergrund

Fern (Frances McDormand) ist Anfang 60 und hat nicht mehr viel in ihrem Leben. In einem rostigen Van reist sie durch den Westen der USA. Ihre letzten Habseligkeiten passen in das Gefährt, als Erinnerung an ihren verstorbenen Mann trägt sie seine Jacke.

Fern bleibt nie länger, als sie muss, und doch so lang, um sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser zu halten. Von Toilettenputzen auf einem Campingplatz über einem Aushilfsjob bei Amazon bis hin zu Arbeit in einem Imbiss arbeitet sie immer so lange, wie sie darf und will, um genügend Geld für Benzin und das Wenige, was sie sonst zum Leben braucht, zu verdienen.

Ihr Heimatort Empire wurde zur Geisterstadt erklärt, als 2011 der größte Arbeitgeber seine Fabrik schloss und die Anwohner ihre Häuser zurücklassen mussten, um anderswo ein Leben aufzubauen. Doch auch ihrer Reise ohne Ziel ist Fern nicht immer allein, sondern lernt dabei zahlreiche Menschen kennen, die ebenso aus Neugier, Verlust, Trauer oder Wunsch heraus ihr mobiles Leben begonnen haben.

„Nomadland“ – Hintergründe, Kinostart

Mit ihrer dritten Regiearbeit meldet sich US-Regisseurin Chloé Zhao nach „The Rider“ mit „Nomadland“ im Kinojahr 2020 zurück. In der Hauptrolle als moderne Nomadin verpflichtete sie Oscar-Preisträgerin Frances McDormand („Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“). Mit kleinem Team verfilmte Zhao in sieben Bundesstaaten das Buch „Nomaden der Arbeit: Überleben in den USA im 21. Jahrhundert“ von Jessica Bruder. Im Reportagenroman wird vom Zeitpunkt der Finanzkrise 2008 ausgehend das facettenreiche Leben von zahlreichen heutigen Nomaden beleuchtet, die sich mit Tageslohnjobs über Wasser halten und in dieser alternativen Lebensform einen Zusammenhalt finden. Im Film begegnet Fern einigen von ihnen und erfährt von ihren persönlichen Geschichten.

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„Nomadland“ feierte im Rahmen der Venediger Filmfestspiele 2020 seine Uraufführung und wurde mit dem Goldenen Löwen für den Besten Film ausgezeichnet. Die deutsche Premiere findet im Rahmen des Filmfestivals Hamburg statt, auf weiteren Filmfestivals wie in Toronto, London, Zürich und New York wird „Nomadland“ ebenso gezeigt. Der neue deutsche Kinostart von „Nomadland“ ist am 1. Juli 2021.

„Nomadland“ bei der Oscar-Verleihung 2021

Bereits im Vorfeld der Oscar-Verleihung 2021 gilt „Nomadland“ als stärkster Anwärter auf die begehrtesten Trophäen des Abends. Am Ende erhielt das Drama drei Trophäen, darunter den Preis für den Besten Film des Jahres. Regisseurin Chloé Zhao erhielt bereits vorab den Golden Globe 2021 für die Beste Regie und den Hauptpreis des Besten Films. Zhao konnte bei der Oscar-Verleihung 2021 ebenso den Regie-Preis als auch den Preis für den Besten Film erhalten und ist erst die zweite Frau und erste Person of Color, die als beste Regisseurin in der langen Oscar-Historie ausgezeichnet wurde. Insgesamt wurde „Nomadland“ in sechs Kategorien nominiert. Hauptdarstellerin Frances McDormand, die bereits zwei Oscars ihr Eigen nennen darf, ist zum sechsten Mal für ihre Schauspielkunst nominiert und wurde nun zum dritten Mal ausgezeichnet. Damit zieht sie mit Schauspielikone Meryl Streep gleich, die ebenso drei Goldjungen ihr Eigen Nennen darf.

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Alle Gewinner*innen bei der Oscar-Verleihung 2021 seht ihr im Video

News und Stories

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Chloé Zhao
Darsteller
  • Frances McDormand,
  • David Strathairn,
  • Linda May,
  • Charlene Swankie,
  • Bob Wells
Drehbuch
  • Chloé Zhao
Kamera
  • Joshua James Richards
Schnitt
  • Chloé Zhao

Kritikerrezensionen

  • Nomadland: Roadmovie und Drama um eine Frau, die durch den Westen der USA von Job zu Job reist und das Leben als Nomadin zu erkunden.

    Roadmovie und Drama um eine Frau, die durch den Westen der USA von Job zu Job reist und das Leben als Nomadin zu erkunden.

    Eine Tür öffnet sich, kurz darauf streicht eine Frau zärtlich über eine über ihren Arm gelegte Jacke. So beginnt John Fords „Der schwarze Falke“ von 1956, größter aller großen Western mit John Wayne, eine Art epischer Abrechnung mit dem Wilden Westen. So beginnt jetzt auch „Nomadland“, nur dass sich nicht eine Tür zu einer Blockhütte öffnet, sondern zu einem Lager in der Mitte von Nirgendwo, irgendwo in Nevada, in dem Fern, die Hauptfigur von Chloé Zhaos drittem Spielfilm, ihr weniges Hab und Gut einlagert, um sich danach in einem rostigen Autobus auf den Weg zu machen. Und die Jacke wird hier nicht von der Schwägerin des Outlaws liebkost, sondern ist eine letzte Erinnerung Ferns an ihren verstorbenen Ehemann, mit dem sie Jahrzehnte lang in Empire lebte, eine 750-Seelen-Gemeinde in Nevada, die 2011 buchstäblich geschlossen wurde, als die Gypsum Corporation ihren dortigen Fabrikbetrieb einstellte - nur ein paar Monate danach wurde die Postleitzahl gestrichen, Empire offiziell zur Geisterstadt erklärt. Wie „Der schwarze Falke“ erzählt „Nomadland“ die Geschichte einer Odyssee durch den Westen der USA. Doch hier ist er gezeigt als Dritte-Welt-Land, geprägt von Armut und Arbeitslosigkeit. Amerika von unten.

    Wie schon Zhaos Vorgänger, „The Rider“, bedient sich auch ihr neuer Film der Ikonographie des Westerns, ohne an dessen Mythenbildung interessiert zu sein: Sie kontrastiert einfache Menschen mit den endlosen Weiten der überwältigenden Natur und sieht ihnen zu, wie sie ihr Leben zu meistern versuchen. Fern gehört zu den modernen Nomaden, die in ihren Automobilen leben und von Gelegenheitsjob zu Gelegenheitsjob fahren: bei Amazon, in Nationalparks, in Schnellimbissrestaurants, wo immer man genug bezahlt bekommt, um für das Nötigste aufzukommen und Parkplätze und Benzin bezahlen zu können. Wie eine Schattengemeinde existieren diese Menschen außerhalb der amerikanischen Gesellschaft. Einmal im Jahr kommen sie in Arizona mitten in der Wüste zusammen, um sich selbst zu feiern: Hurra, wir leben noch! Da muss man manchmal an „Paris, Texas“ und „Into the Wild“ denken, und doch ist „Nomadland“ ein amerikanischer Film wie kaum ein anderer. Frances McDormand spielt Fern in ihrer ersten Filmrolle seit ihrem Oscargewinn für „Three Billboards outside Ebbing, Missouri“. Da wo ihre Mildred in Martin McDonaghs Film in ihrem gerechten Zorn genussvoll überzeichnet war, eine Kunstfigur, scheint McDormand hier komplett mit ihrer Figur zu verschmelzen, eine Frau aus Fleisch und Blut in ihren Sechzigern mit rattig kurzen Haaren, die jegliches Interesse an ihrem Äußeren verloren hat, weil sie damit beschäftigt ist, von einem Tag zum nächsten zu kommen.

    Und doch, und das wird immer deutlicher, je länger dieser Film förmlich zu passieren scheint, ist Fern kein Opfer. Im Gegenteil: Sie will dieses Leben und kein anderes, sie führt das Leben, das sie führen will. Sie will und kann nicht mehr zurück in die Gesellschaft, schlafen in einem Bett, in dem man aus Raumknappheit nicht die Knie anziehen muss, unter dem Dach eines Hauses, auch wenn ihre Schwester und später ein wieder in das normale Leben zurückkehrender Mit-Nomade ihr anbieten, bei ihnen einziehen zu können. „Ich bin nicht obdach-, ich bin hauslos“, antwortet Fern auf die Frage eines Mädchens. Und gleitet durch ein Amerika, in dem sich Niedergang und Pracht abwechseln, vorbei an Bisons und Gebirgsbächen und Felsformationen. Einmal wandert Fern allein in einen malerischen Canyon, und man steht mittendrin in einem Film von Antonioni, ein andermal bestaunt sie gigantische Redwood-Bäume, als hätte sich Terrence Malick kurz der kargen Szenerie bemächtigt. Mal platzt ein Reifen, mal springt der Bus nicht an: Mehr Drama ist nicht in diesem atmosphärischen Roadmovie, das immer wieder innehält, um einfach nur die Menschen zu betrachten und denen eine Stimme zu geben, die sonst keine haben: Die da in die Kamera sprechen und an der Seite von Frances McDormand spielen (mit Ausnahme von David Strathairn in einer tragenden Nebenrolle), sind echte Nomaden, die ihre Geschichten erzählen, Geschichten, die anrührend sind, erhellend, tragisch und immer wieder traurig. Die aber nicht ihren Stolz verloren haben, ihre Würde und ihre Lust am Leben. Im Niemandsland der Nomaden, das man mit Fern endlos bereisen möchte, die man besser versteht, als man es zunächst wahrhaben will.

    Thomas Schultze.
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