„Okja“ erzählt die spannende Reise eines armen Superschweins und wird euch damit zum Lachen, Weinen und Nachdenken bringen. Könnte sein.
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Beim Fleischkonsum und dem Verzehr, sowie der Verwendung tierischer Produkte hört bei vielen der Nachhaltigkeitsspaß auf. Die Gespräche darüber werden schnell emotional und das Anschauen einer Schweinemast-Doku wird als versuchte Körperverletzung empfunden. Omnivorisch, vegetarisch, vegan und fructan lebende Menschen kommen sich zumindest in der vermeintlichen Kommunikation zum Thema Ernährung selten entspannt näher. Sie alle können aber durchaus dem Umweltschutz sehr zugeneigt sein und gemeinsam gegen Autos, Kaffeebecher, Flugreisen, Kohle, Gas, Atomkraft wettern. Daher hoffe ich, dass wir auch das Thema Massentierhaltung zeitnah und produktiv besprechen können. Vielleicht kann auch so ein Film wie „Okja“ dabei helfen?
- 1.Essen wir uns in unsere eigene Vernichtung?
- 1.1.Klimaschutz durch Fleischverzicht?
- 1.2.Rodung und Überzüchtung für steigende Nachfrage
- 2.Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man einen Film schauen
- 2.1.Die Entwicklung des Superschweins in „Okja“: „Alles essbar, außer dem Quieken“
- 3.(Immer noch) nicht bereit, ganz zu verzichten: Was esse ich?
Essen wir uns in unsere eigene Vernichtung?
Dass wir mit gleichbleibendem oder expandierendem Fleischkonsum unter anderem nicht nur weiter Elend über das Tier bringen, das Aussterben der Arten forcieren, Waldflächen roden, Wasser in Massen verbrauchen und damit auch unsere eigene Existenz bedrohen, wird schon lange dsikutiert, spitzt sich aber weiterhin relativ ungestört von diesen wissenschaftlichen Fakten zu. Dass inzwischen die Art unserer Tierhaltung weitgehend die Struktur und Entwicklung der globalen Landschaft bestimmt, Wildtiere stetig in der Anzahl abnehmen, während die Zahl der Nutztiere und damit die Fläche für deren Futteranbau wächst, wird auch, beispielsweise im Vergleich zur Debatte um und dem Widerstand gegen die Aufstellung von Windrädern, locker hingenommen.
Klimaschutz durch Fleischverzicht?
Wie die Grafik veranschaulicht, liegt Fleisch im Bezug auf den CO2-Ausstoss ganz weit vorne. Hier einszusparen ist also ein entscheidender persönlicher Hebel beim Einkaufen und Klimaschutz, der eigentlich kaum mehr wehtut als eine Glühbirne zu wechseln, aber total viel bringt. Bis zu 40 Prozent weniger CO2-Emissionen kann das Ergebnis sein. Bei einer solchen Bilanz ist auch schon toll und ein Erfolg in Richtung Zukunft, wenn Omnivoren einfach ebensolche blieben, sich aber wenigstens in ihrem Konsum so wie sie es aushalten, reduzierten, um sich immerhin auf die Bilanz der vegetarisch und vegan Ernährten zuzubewegen.
Rodung und Überzüchtung für steigende Nachfrage
Die Frage ist, was passiert, wenn wir unsere Lust auf Fleisch nicht zügeln? Es ist ja uninteressant, was uns die breite Palette der Marktwirtschaft anbietet, entscheidend ist, was wir davon kaufen. Wenn Landwirt*innen auf Haltungsform 4 umstellen, aber dann niemand bereit ist, den angemessenen Preis dafür zu bezahlen, können sie einpacken. Aber generell: Wenn wir nicht wollen, dass unsere zukünftige Welt abgesehen von Gebirgen nur noch aus vögelleeren Feldern besteht, müssen wir was machen. Wenn wir weiterhin unseren Konsum tierischer Produkte auf diesem Niveau halten oder sogar steigern, mampfen wir uns mit ganz hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich in einen Lebensstandard ohne Qualität hinein, den auch die „ich grill, wann ich will“-Fraktion nicht korrekt finden wird. Das ist einfach nicht zu leugnen, wie soll das denn „gut ausgehen“?
Wie die griechische Mythologie erzählt, entstand Gaia, die Erde, aus dem Chaos, einem unzusammenhängendem Klumpen. Die Erde ist das Gegenteil von Chaos. Es hängt alles mit allem in Ordnung und nach Gesetzmäßigkeiten zusammen. Unser Einfluss ist da nicht immer so klar ersichtlich wie im Falle der Massentierhaltung,
Wenn wir einfach weiter so wie momentan verfahren, wird sich die Industrie ganz sicher etwas einfallen lassen, um unseren „Hunger“ zu befriedigen. Tiere werden dann zum Beispiel überzüchtet und gemästet, um mehr Ertrag aus dem einzelnen Tier zu erzielen (sehr bekanntes brutales Beispiel: die Pute) oder auch die Steigerung Milchleistung bei Kühen seit 1900 ist ebenfalls ein beeindruckendes Exempel für menschliche Manipulation aufgrund steigender Nachfrage:
Kaum vorstellbar, dass das noch gesteigert werden kann, aber lassen wir uns überraschen oder reduzieren wir unseren Milchkonsum? Mein folgender Filmtipp handelt von Schweinen, aber wer mehr über die Facetten industrieller Viehhaltung und warum das so ein schwer zu besprechendes Thema sein könnte, sehen möchte, findet auf Netflix im Abo auch „Cowspiracy“. (Bis zum 23. April noch 33 Prozent günstiger zu haben)
Mit einem Netflix-Abo könnt ihr euch dann auch noch „Seaspiracy“ anschauen. Warum ihr das tun solltet, lest ihr hier:
Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man einen Film schauen
Da Debatten oft hitzig sind und Konsequenzen zu ziehen, oftmals unnötig verkompliziert wird, hilft es vielleicht einfach gemeinsam stumm in einer fiktiven Welt ein fiktives Schweineabenteuer zu erleben und viele der oben geschilderten Probleme auf künstlerisch verarbeitete Weise an sich vorüberziehen zu lassen, um zeitweise gemeinsam gelacht zu haben und am Schluss vielleicht auch gemeinsam zu weinen. Ob dieser rührende Moment das Schnitzel am nächsten Tag verhindert, darf natürlich bezweifelt werden, aber ein paar Synapsen machen sich vielleicht auf den Weg und helfen beim Umdenken.
Viele haben das ja schon getan oder sind gerade dabei. Leben konsequent vegan, schließen bei der Produktion bestimmte Materialien aus, leisten einen Beitrag oder grübeln, welchen sie leisten könnten. Niemanden dürfte die sehr offen vor uns liegende Problematik völlig kaltlassen.
Wie stark Nachhaltigkeit zum Beispiel am Set für GZSZ eine Rolle spielt, erfahrt ihr in diesem Artikel:
Die Entwicklung des Superschweins in „Okja“: „Alles essbar, außer dem Quieken“
Die Mirando Company hat im Film von „Snowpiercer“ und „Okja“ Regisseur Bong Joon Ho eine der möglichen Maßnahmen zur Deckung eines anwachsenden Bedarfs ergriffen und ein Superschwein entwickelt. Das Netflix-Original, dass eine spannende, gesellschaftssatirische Tierschutzgeschichte erzählt, ging seinerzeit viral und in den sozialen Netzwerken wimmelte es von Empfehlungen, sich „Okja“ anzuschauen. Mir gefiel der Film 2017 auch sehr gut, es gibt keinen zweiten Teil.
Zum Earth Day 2024 wollte ich das Werk noch einmal ganz dringend empfehlen. Weil es euch hoffentlich berührt und unterhält, egal, wie ihr euch ernährt. Es kann aber sogar passieren, dass euer Herz so warm wird, dass es reicht, immer mal ein Gemüsesüppchen mehr darin zu kochen.
(Immer noch) nicht bereit, ganz zu verzichten: Was esse ich?
Ich persönlich gehöre zu den Omnivoren, die als Carnivoren auf die Welt kamen. Gemüse war mir als Kind total egal. Das umzustellen hat Kraft gekostet. Ich bin aber immer noch auf dem Weg. Eine fakultative Vergetarerin, die eh noch nie Käse, Milch und Joghurt konsumiert hat, da also fein raus ist. Ich versuche meinen ökologischen Fußabdruck ähnlich mitzurechnen wie meine Fixkosten und einen Überblick zu behalten. Ich dusche gerne, ich fahre gerne Auto, da fiel mir sehr viel weniger Fleisch und Fisch essen spontan am leichtesten.
Gerade weil ich es so gerne mag, fürchte ich darum, dass auch der seltene Spaß am toten Tier für mich bald vorbei sein wird, weil die Bedingungen unerträglich und die ökologischen Kosten unbezahlbar werden dürften, wenn wir nicht aufhören, unnötige Mengen an tierischen Produkten alltäglich zu verzehren oder zu einem guten Teil sogar vor dem Verzehr einfach wegzuwerfen.
Wenn die Motivation, die Welt zu retten, gesteigert werden soll, helfen am allerbesten eigentlich Naturfilme, weil man da sieht, wie schön und faszinierend unsere Flora und Fauna (noch) sind. Disney+ hat zum Earth Day eine Menge spannender Naturdokus und „Guardians of the Galaxy“ parat: