Kult-Regisseur Quentin Tarantino hat mit seinem neunten (und angeblich vorletzten) Film „Once Upon a Time… in Hollywood“ eine Hommage an die Traumfabrik gedreht. Wir haben die Stars Brad Pitt und Margot Robbie in Berlin zum Interview getroffen und mit ihnen über den neuen Film gesprochen.
Der 9. August 1969 markiert einen wichtigen Wendepunkt in der Geschichte von Hollywood: Als an diesem Tag die Schauspielerin (und damalige Ehefrau von Roman Polanski) Sharon Tate und vier weitere Menschen in ihrem Haus in Los Angeles von Mitgliedern der berüchtigten Manson-Family ermordet wurden, verwandelte sich der Optimismus und die Leichtigkeit der 1960er Jahre in ein Gefühl von Angst und Paranoia, das die USA in den 1970er Jahren prägte.
Hier erfahrt ihr alles über die Hintergrundgeschichte des Serienkillers Charles Manson:
Quentin Tarantino, der mit Filmen wie „Pulp Fiction“, „Inglourious Basterds“ und „Django Unchained“ Kultstatus wie kaum ein anderer Regisseur genießt, hat Hollywood zu dieser Zeit nun als Schauplatz für seinen neuen Film „Once Upon a Time… in Hollywood“ auserkoren. Doch wer jetzt erwartet, dass sich Tarantino im Film auf die Gewalttaten von Charles Manson und seinen Anhängern konzentriert, liegt allerdings daneben. Denn die Manson-Family dient vorrangig nur als Kulisse für das Hollywood-Märchen, das der Autor und Regisseur eigentlich erzählen möchte.
Im Fokus stehen der abgehalfterte Schauspieler Rick Dalton (Leonardo DiCaprio) und sein langjähriger Stuntman und Weggefährte Cliff Booth (Brad Pitt). Nachdem Rick zu Beginn der 1960er als Hauptdarsteller seiner eigenen TV-Serie und mit einigen B-Movies Erfolge feierte, wird er inzwischen nur noch für diverse TV-Serien in Gastrollen als Bösewicht besetzt. Rick scheint in Hollywood nicht mehr angesagt zu sein, wodurch große Engagements für die beiden Freunde auf der Strecke bleiben. Während Rick seinen Frust täglich im Alkohol ertränkt, arbeitet Cliff aufgrund der ausbleibenden Rollen eigentlich nur noch als Ricks Chauffeur und Handwerker. Als jedoch der aufstrebende Regisseur Roman Polanski (Rafal Zawierucha) und dessen Frau Sharon Tate (Margot Robbie) bei Rick nebenan einziehen, wittert er die Chance, dass eine Bekanntschaft mit den neuen Nachbarn wieder Schwung in seine Hollywood-Karriere bringen könnte…
Anlässlich der Deutschlandpremiere von „Once Upon a Time… in Hollywood“ war Quentin Tarantino gemeinsam mit den Stars seines neuen Films zu Gast in Berlin. Wir haben die Darsteller Brad Pitt und Margot Robbie zum Interview getroffen und mit ihnen über das neue Werk des Regisseurs gesprochen.
kino.de: Märchen beginnen für gewöhnlich mit den Worten „Es war einmal…“ („Once Upon a Time…“). Der Filmtitel „Once Upon A Time… in Hollywood“ vermittelt dem Zuschauer also bereits den Eindruck, dass wir es hier mit einem Märchen zu tun haben. Man erkennt hier zwar wieder die filmische Handschrift von Quentin Tarantino, aber trotzdem fühlt sich das Werk anders an als alles, was er bisher auf die Leinwand gebracht hat. Wie würdet ihr den Film beschreiben?
Brad Pitt: Ich finde, dieser Film berührt einen mehr. Es gibt hier eine Art Gutmütigkeit, was seine Absichten und die Charaktere im Film betrifft. Für mich ist der Film ein Zusammenfluss seiner bisherigen Arbeit. Alles, was er bisher gemacht hat, hat diesen Film beeinflusst und als Tarantino-Fan liebe ich sowas einfach.
Margot Robbie: Ich glaube auch, dass jeder, der Tarantino-Filme liebt, hier viele großartige, kleine Momente entdecken wird. Es ist eine Kombination aus all seinen Filmen, aber auch eine Anerkennung an seine Fans und an die Leute, die seine bisherige Arbeit lieben. Und man bekommt einen faszinierenden Eindruck davon, wie Kino gemacht wird. Einen Film zu drehen, in dem es darum geht, einen Film zu machen, ist für mich etwas völlig Neues. Aber es war ziemlich cool und man merkt, dass Quentin es liebt, Filme zu drehen. Er liebt Hollywood.
kino.de: Rick Dalton ist ein TV-Schauspieler auf dem absteigenden Ast. Cliff Booth ist sein langjähriger Stuntman und Freund. Beide haben ihre besten Zeiten hinter sich und versuchen sich in einem Hollywood über Wasser zu halten, das sich in den letzten Jahren stark verändert hat. Brad, was repräsentieren die beiden Charaktere deiner Meinung nach in dem Film?
Pitt: Du hast es eigentlich schon definiert. Die Hollywood-Industrie befindet sich immerzu im Wandel. Wir landen einen Treffer, reizen es dann aus und entwickeln uns von dort aus weiter. Zumindest hoffe ich, dass wir uns weiterentwickeln. An dem Punkt, an dem wir Rick und Cliff begegnen, gehören sie jedenfalls nicht mehr dazu. Cliff arbeitet nur, wenn Rick arbeitet und vielleicht sogar nicht einmal dann. Und im Kern geht es darum, dass Rick abseits vom Ruhm nach seinem Platz und seinem eigenen Selbstwert sucht.
kino.de: Neben den fiktionalen Figuren gibt es im Film auch zahlreiche Charaktere aus dem echten Leben und du, Margot, bist hier in der Rolle als Sharon Tate zu sehen. Ihr Vermächtnis, nicht nur als Schauspielerin, wurde von den Morden durch die Manson-Family leider überschattet. Es dürfte also keine leichte Aufgabe gewesen sein, jemanden so zu spielen. Was hat dich letztendlich dazu bewogen, die Rolle anzunehmen und was war dabei für dich die größte Herausforderung?
Robbie: Um ehrlich zu sein, hätte ich jede Rolle gespielt, die Tarantino mir gegeben hätte. Auf der einen Seite war es aber tatsächlich ziemlich schwierig und auf der anderen aber auch, als würde ich Urlaub machen. Ich habe versucht, im Kopf immer optimistisch, hoffnungsvoll, fröhlich und entspannt zu sein. Vor einem Drehtag habe ich zum Beispiel probiert, keine E-Mails zu lesen, was natürlich schwierig umzusetzen ist. Stattdessen habe ich Dinge gemacht, die mich glücklich machen, damit ich mich immer darüber freuen kann, Sharon zu sein.
Pitt: (lacht) Und E-Mails würden dich ablenken?
Robbie: Sie lösen bei mir einfach Stress aus und ich wollte lieber gelassen bleiben. Also bin ich lieber eine Runde im Pool geschwommen und habe mir eine Tasse Tee gegönnt oder habe eine Freundin auf dem Weg zur Arbeit angerufen. Es war also auf der einen Seite schön sie zu spielen, aber auf der anderen Seite war ich mir natürlich darüber im Klaren, dass ich in Bezug auf die Erinnerung an sie eine große Verantwortung auf meinen Schultern trage. Ich habe also gehofft, dass ich Quentin das geben kann, was er für die Geschichte braucht, aber gleichzeitig auch die Erinnerung an sie ehren kann.
Pitt: Und du hast es ja bereits gesagt: Ihre Person wurde von dieser Tragödie überschattet. Und was ich wirklich an Margots Ansatz bewundert habe, ist, wie sie Sharons Leben zelebriert und die Dinge, die sie getan hat, bevor das alles geschehen ist.
kino.de: Margot, es ist bekannt, dass du schon vor deiner Film-Karriere ein großer Tarantino-Fan warst. Es heißt, „True Romance“, für den er das Drehbuch schrieb, ist dein absoluter Lieblingsfilm.
Pitt: Nein, wirklich? Dein Lieblingsfilm?
Robbie: Aller Zeiten!
kino.de: Und du, Brad, hast mit ihm bereits bei „Inglourious Basterds“ zusammengearbeitet. Es ist also bereits dein zweiter Film mit ihm als Regisseur. Wie ist es, am Set von einem Quentin-Tarantino-Film zu arbeiten und wie hilft er euch dabei, eure Charaktere zu erschaffen?
Pitt: Das liegt tatsächlich an der Atmosphäre, die er schafft. Ihm ist ständig bewusst, dass wir Glück haben, das hier machen zu dürfen. Deshalb ist jeder Tag am Set ein großes Vergnügen für ihn. Dieses Bewusstsein ist auch für die restliche Crew sehr ansteckend. Man merkt bei ihm einfach die Freude am ganzen Prozess. Zwischendurch werden viele Geschichten erzählt, es wird viel gelacht und jede abgedrehte Filmrolle wird gefeiert.
kino.de: Der Film wurde inzwischen oft als Quentin Tarantinos Liebesbrief an Hollywood bezeichnet. Könnt ihr euch daran erinnern, durch welche Filme ihr euch ins Kino verliebt habt?
Robbie: (zu Brad) Das wollte ich dir schon lange sagen: Der erste Film, bei dem ich mich nicht auf die Geschichte konzentriert habe, weil mich die Machart so sehr fasziniert hat, war „Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford“.
Pitt: (überrascht) Wirklich?
Robbie: Ja. Ich liebe diesen Film so sehr. Schon allein wegen der Kameraeinstellung am Anfang, wenn der Zug einfährt. Als ich den Film das erste Mal gesehen habe, fragte ich mich, wo die Kamera steht und wie sie es hinbekommen haben, den Dampf so zu beleuchten. Ich wurde bei einem Film noch nie so sehr von der Machart abgelenkt und seitdem ich ihn gesehen habe, achte ich nur noch auf solche Dinge. Dieser Film hat mir dazu den Anstoß gegeben.
Pitt: Das höre ich wirklich gern, denn dieser Film liegt mir persönlich besonders am Herzen. Bei mir muss man wissen, dass ich in den Ozarks aufgewachsen bin, genau in der Mitte der USA. Alles, was also an der Ostküste oder an der Westküste angesagt war, fand erst viel später seinen Weg zu uns. Bis Schlaghosen bei uns ankamen, waren sie bereits überall sonst wieder seit 10 Jahren aus der Mode. Bei uns gab es lediglich ein Autokino und nur dort hat man einen Blick auf den Rest der Welt erhaschen können. Und dort habe ich zum ersten Mal Clint-Eastwood-Filme, etwa „Zwei Banditen“, und auch viele Monster-Filme, die Quentin so liebt, gesehen. Und in diesem Autokino habe ich auch meine Liebe für Filme entdeckt.
kino.de: Quentin hat gesagt, dass nach dem zehnten Film für ihn Schluss sein wird. Aber ich würde gerne eure persönliche Meinung dazu hören: Wird er das wirklich durchziehen oder ist er als großer Kino-Fan gar nicht in der Lage dazu, das Filmgeschäft an den Nagel zu hängen?
Pitt: Das meint er todernst.
Robbie: Das wird er durchziehen. Wir halten aber bereits nach ein paar Hintertürchen Ausschau. Auf der Pressekonferenz hat er ja bereits gesagt, dass er mit 10 Filmen nur Original-Geschichten meinen könnte. „Star Trek“ wäre demnach also vielleicht so ein Hintertürchen. Wenn er „Kill Bill 3“ drehen würde, wäre das wahrscheinlich ebenfalls so eine Art Hintertürchen. Mach dir also keine Sorgen! Ich arbeite hinter den Kulissen und werde versuchen, noch so viele Filme wie möglich aus ihm heraus zu quetschen.
Pitt: Er hat sein Vorhaben aber bereits früh angekündigt. Denn obwohl er sich so gut mit dem Kino und dessen Geschichte auskennt, ist er sich auch über die begrenzte Haltbarkeit von Regisseuren, Autoren und Schauspielern bewusst.
Robbie: Irgendwo hat mal jemand geschrieben, dass große Regisseure nach ihrem 64. Lebensjahr keine guten Filme mehr machen. Ich habe das Gefühl, dass er das irgendwann gelesen haben könnte und sich zu Herzen genommen hat. Aber er wäre auf jeden Fall eine Ausnahme für diese Regel.
Pitt: Er wäre definitiv eine Ausnahme. Aber es ist ja nicht so, als würde er komplett verschwinden. Er könnte Romane schreiben oder Filme für Streamingdienste machen, die dann nicht zu seinen 10 Kinofilmen zählen würden. Er wird auch Theaterstücke schreiben und somit also sicherlich nicht von der Bildfläche verschwinden.
„Once Upon a Time… in Hollywood“ startet am 15. August 2019 in den deutschen Kinos.