Viele kennen den Auftritt von Paul Potts in der Show „Britain’s Got Talent“ aus dem Jahr 2007. Seine Interpretation des „Nessun Dorma“ wurde über Nacht zum Hit, bis zum Einsatz in einer bekannten deutschen Werbekampagne. Doch wer ist Paul Potts? Woher kommt der unscheinbar wirkende Mann, der mit seiner Stimme Millionen Menschen verzauberte? Diese Antworten gibt David Frankels Film, indem er das Leben des Tenors bis hin zum Auftritt nachzeichnet. Als Handyverkäufer schlägt sich Paul in Wales mehr schlecht als recht durchs Leben. Er lebt noch bei seinen Eltern, hat wenig Freunde und träumt davon, als Opernsänger Karriere zu machen. Als er zu einem Vorsingen nach Venedig eingeladen wird, glaubt er sich am Ziel. Doch es werden dem hoffnungsvollen Paul noch viele Steine in den Weg gelegt, bevor die eine Chance daherkommt. Dass das Leben immer noch die besten Geschichten schreibt, beweist sich in dieser wahrhaft tragischen Komödie in jeder Minute. Denn obwohl Paul wahrhaftig viel Pech hat, so warten doch an jeder Ecke kleine Momente der Glückseligkeit. Berührend komisch und mit einer entwaffnenden Unschuld verkörpert James Corden die Figur des Paul Potts, der dem Zuschauer mehr und mehr ans Herz wächst. Ihm zur Seite steht ein wunderbar harmonierendes Ensemble, allen voran Alexandra Roach als Pauls Frau, Mackenzie Crook als bester Freund, sowie Colm Meaney und Julie Walters als Eltern. David Frankel gelingt eine glaubwürdige Umsetzung, mit einem pfiffigen Drehbuch, einem authentischen Setting und einer Figurenzeichnung, die in ihrer genauen Milieuzeichnung an die britischen Arbeiterkomödie der 1990er Jahre erinnern. Und obwohl man weiß, wie die Geschichte endet, so ist man doch voller Rührung und Bewunderung für den Handyverkäufer aus Wales, der am Ende auf einer Bühne steht und die Menschen durch die Kraft seiner Stimme begeistert. Ein gut gelauntes Feel-Good-Movie über den großen Traum eines Mannes, der unbeirrt seinen Weg geht.
Jurybegründung:
Vom Handy-Verkäufer zum Klassik-Star. Der Film von David Frankel zeichnet die Lebensgeschichte von Paul Potts nach, der 2007 überraschend den Talentwettbewerb „Britain’s Got Talent“ gewann und damit den Grundstein zu einer Opern-Karriere legte. Der Erfolg war Paul Potts jedoch nicht etwa in die Wiege gelegt. Er wächst im Arbeitermilieu in der walisischen Hafenstadt Port Tarlot heran. Von klein auf ist der pummelige Junge, der mit Inbrunst im Chor singt, den Anfeindungen seiner Mitschüler ausgesetzt, und auch als junger Erwachsener bleibt er ein Außenseiter. Er hat wenig Freunde, wohnt noch bei seinen Eltern und schlägt sich als Handyverkäufer mehr schlecht als recht durchs Leben. Doch unbeirrt träumt er davon, als Opernsänger Karriere zu machen. Zuspruch erhält er von seiner Mutter, von seinem besten Freund Braddon und von Julie-Ann, die er im Internet kennengelernt hat. Mit seinem Ersparten und dem Preisgeld eines lokalen Talentwettbewerbs kann er sich schließlich den Besuch einer Opernschule in Venedig erlauben. Aber ausgerechnet, als er seinem Idol Luciano Pavarotti vorsingen soll, versagen ihm die Nerven. Enttäuscht kehrt er in seine Heimat zurück. Hier erlebt er nach einer Phase der Niedergeschlagenheit zwar glückliche Momente, wie die Heirat mit Julie-Ann und einer Rolle in einer lokalen „Aida“-Aufführung, aber er muss noch einige schwere Rückschläge überwinden, bevor sein Traum Wirklichkeit wird.
Wer kennt nicht den Auftritt von Paul Potts in der Show „Britain’s Got Talent“ oder hat die Berichterstattung darüber verfolgt? Seine Interpretation der Arie „Nessun dorma“ aus Puccinis Oper „Turandot“ wurde über Nacht zum Hit und durch ihre Übernahme in einen bekannten deutschen Werbespot noch populärer. Die märchenhafte Geschichte vom einfachen Mann mit der großen Stimme, der beherzt die Gunst der Stunde nutzt, ist also nicht unbekannt, dennoch ist David Frankel mit ONE CHANCE ein berührender, unterhaltsamer Film gelungen, der den Zuschauer von der ersten bis zur letzten Minute mit seinem Protagonisten mitfiebern lässt. Auf der Grundlage des packenden Drehbuchs von Justin Zackham, das gekonnt die Balance zwischen tragischen und komischen Elementen hält, ist die Geschichte geradlinig und flott erzählt. Gleich zum Einstieg lernt man den jungen Paul Potts quasi im Schnelldurchlauf kennen, wenn er, ständig auf der Flucht vor seinen ihn verfolgenden Klassenkameraden, im Laufschritt unmerklich älter wird.
Die Geschichte ist sozial genau verortet mit einem authentischen Setting und einem guten Blick für die Figuren und den Alltag einer britische Arbeiterfamilie. Schon am heimischen Küchentisch wird ohne viel Worte deutlich, worin Paul Potts Tragik besteht: seine Liebe zur klassischen Musik passt so gar nicht in dieses handfeste Milieu. Wenn er mit dem Besteck in der Hand Opern dirigiert und sein Vater entnervt die Musik abschaltet, fühlt man sich an BILLY ELLIOT oder britische Arbeiterkomödien der 1990er Jahre erinnert. Dabei setzt die Kamera von Florian Ballhaus die trübe walisische Hafenstadt im Schatten des riesigen Stahlwerks so gekonnt in Szene, dass die Sehnsucht, aus der Enge auszubrechen, physisch spürbar wird, ebenso wie die stimmungsvollen Impressionen aus dem lichtdurchfluteten Venedig die Möglichkeiten der persönlichen und künstlerischen Entfaltung unterstreichen.
Getragen wird der Film von einem hervorragenden Ensemble britischer Schauspieler, wobei Julie Walters und Colm Meaney als Pauls Eltern ebenso überzeugen wie Mackenzie Crook als Braddon und die wundervolle Alexandra Roach als Julie-Ann, die unbeirrbar an das Talent ihres Mannes glaubt und ihn immer wieder unterstützt und anspornt. Vor allem aber beeindruckt in der Hauptrolle James Corden, der mit viel Schwung und entwaffnender Unschuld den liebenswerten Außenseiter in allen Höhen und Tiefen so wahrhaftig und sympathisch verkörpert, dass er dem Zuschauer sofort ans Herz wächst. Durch seine Darstellung wird die Botschaft des Films, dass man allen Widrigkeiten zum Trotz an seinem Traum festhalten und seine Chance nutzen muss, auf anrührende Weise glaubhaft nachempfindbar.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)