Es ist viel passiert in der Geschichte der Oscar-Verleihung. Wir präsentieren euch 15 der aufsehenerregendsten, rührendsten und peinlichsten Momente der Academy Awards.
Wenn mehrere hundert Millionen Augen weltweit auf den Bildschirm starren, dann ist minutiöse Organisation gefragt. Doch nicht immer läuft alles genau nach Plan bei der prestigeträchtigsten Filmpreisverleihung der Welt, ob im positiven oder negativen Sinne. Bei diesen 15 Oscar-Momenten erhöhte sich nicht nur bei den Academy-Mitgliedern gehörig der Puls – ob aus Zorn, (Fremd-)Scham oder Rührung.
Der Tramp kehrt aus dem Exil zurück (1972)
Charlie Chaplin hatte es während der antikommunistischen McCarthy-Ära in den USA nicht leicht. Der gefürchtete FBI-Chef Edgar Hoover zwang den Tramp wegen des Verdachts „auf unamerikanische Umtriebe“ ins Exil. Eigentlich wollte Chaplin nur zur Weltpremiere seines Films „Rampenlicht“ nach England reisen – doch seine Rückkehr nach Hollywood sollte 20 Jahre auf sich warten lassen. Als der sichtlich gerührte Charlie Chaplin 1972 den Ehren-Oscar für sein Lebenswerk erhielt, begrüßte ihn die Academy mit einer zwölfminütigen Standing Ovation.
Littlefeather lehnt Oscar für Marlon Brando ab (1973)
Marlon Brando setzte sich zeitlebens immer wieder für die Rechte der nordamerikanischen Ureinwohner ein. Gleichzeitig legte er sich gern mit dem Hollywood-Establishment an. So war er eine der wenigen Hollywood-Legenden, die ihren Oscar ganz ablehnten (und nicht nur der Verleihung fernblieben). Brando setzte noch einen drauf und ließ statt seiner Sacheen Littlefeather den Oscar für „Der Pate“ zurückweisen.
David Niven und der Flitzer (1974)
Robert Opel sicherte sich seine 15 Minuten Ruhm, indem er nackt hinter David Niven über die Oscar-Bühne wetzte. Niven reagierte mit einer ironischen Spitze: „Ist der Gedanke nicht faszinierend, dass der wahrscheinlich einzige Lacher, den dieser Mann in seinem Leben je bekommen wird, dadurch entsteht, dass er sich auszieht und seine Unzulänglichkeiten präsentiert?“
Anna Paquin stockt der Atem (1994)
Mit nur elf Jahren gewann Anna Paquin den Oscar als Beste Nebendarstellerin für „Das Piano“. Ihre ehrliche Überraschung und freudige Schnappatmung rührte und begeisterte sogar ihre Konkurrentinnen und besonders Holly Hunter, die am selben Abend noch den Oscar für die beste Hauptrolle erhalten sollte – auch für „Das Piano“.
Roberto Benignis kindliche Freude (1999)
Nicht minder kindlich, aber aus ganz anderen Gründen atemlos war die mitreißende Freude, die Roberto Benigni beim Erhalt des Oscars für den besten fremdsprachigen Film, „Das Leben ist schön“, an den Tag legte. Benigni hatte kurz zuvor bereits den Academy Award für die beste Hauptrolle entgegengenommen – diese zweite Ehrung brachte ihn vollkommen zum Ausrasten.
Der Academy schwant: Björk (2001)
2001 war die Ausnahmemusikerin Björk mit „I’ve seen it all“ aus Lars von Triers „Dancer in the Dark“ für den Oscar in der Kategorie Bester Original-Song nominiert. Leider ist ihre grandiose Performance bei den Academy Awards kaum mehr im Netz zu finden – anscheinend war der Academy Björks ausgefallene Garderobe dann doch einen Tick zu Hollywood-fern. Björk tauchte in einem kecken Schwanenkostüm auf.
Halle Berry und eine doch nicht so offene Tür (2002)
Als erste schwarze Frau, die den Academy Award für die beste Hauptrolle gewinnen konnte, war Halle Berry 2002 überwältigt und überzeugt, dass endlich die Tür offen stünde für viele weitere schwarze Oscar-Gewinnerinnen. Als sie Jahre nach ihrer emotionalen Rede die Oscar-Nominierungen für das Jahr 2016 erfuhr, gestand sie ernüchtert in einem Interview: „Ich saß da und dachte wirklich: Wow, dieser Moment hat tatsächlich nichts bedeutet.“
Michael Moore bläst George W. Bush den Marsch (2003)
„Ihre Zeit ist um!“, rief Aktivist Michael Moore dem damaligen US-Präsidenten George W. Bush zu, nachdem die USA unter dubiosen Vorwänden zum zweiten Mal gegen den Irak in den Krieg gezogen waren. Moore machte sich durch seine flammende Anklage viele Feinde – noch Jahre später wurden er und seine Familie bei Angriffen von fanatischen Befürwortern des zweiten Irakkriegs bedroht und verletzt. Die Auszeichnung von „Bowling for Columbine“ zum besten Dokumentarfilm war Anlass des politischen Statements.
Adrien Brody krallt sich Halle Berry (2003)
Vom Oscar-Gewinn für seine Hauptrolle in „Der Pianist“ anscheinend von allen guten Geistern verlassen, vergriff sich Adrien Brody an der nichts ahnenden Halle Berry, indem er sie wild umarmte und ihr einen Kuss aufzwang. Berry bemühte sich, mit Humor auf den Überfall zu reagieren, doch auch der Dankesrede von Brody haftete dadurch ein mehr als schaler Nachgeschmack an.
Heath Ledger bekommt posthumen Academy Award (2009)
Kurz nachdem Heath Ledger in „The Dark Knight“ den für viele definitiven Joker geschaffen hatte, verstarb der talentierte Schauspieler im Alter von nur 28 Jahren an einem pilleninduzierten Herzstillstand. Der Academy Award für die beste Nebenrolle wurde ihm 2009 posthum verliehen – Heath Ledgers trauernde Familie nahm den Oscar entgegen.
Kathryn Bigelow schreibt Oscargeschichte (2010)
Bei der 82. Oscarverleihung wurde Geschichte geschrieben: Nachdem Jane Campion 1994 die erste Frau war, die für die Beste Regie nominiert wurde, ist Kathryn Bigelow 2010 die erste Frau, die die Trophäe in der langen Historie ihr Eigen nennen darf. Für das Kriegsdrama „The Hurt Locker“ erhielt sie nicht nur den Regie-Preis, sondern auch den Preis für den Besten Film und setzte sich damit gegen ihren Ex-Mann James Cameron für seinen Blockbuster „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ durch.
Chris Rock und #oscarsowhite (2016)
Den Oscar-Nominierungen für 2016 mangelte es dermaßen stark an Diversität, dass sich der Hashtag #oscarsowhite zum Twitter-Trend entwickelte. Moderator Chris Rock nahm die Herausforderung dankend an und lieferte einen furiosen Eröffnungsmonolog ab – wie von ihm gewohnt spitzzüngig und nicht für jeden Geschmack.
Bonnie & Clyde, die irrenden Königsmacher (2017)
Es war ein Moment für die Ewigkeit und an Peinlichkeit kaum zu überbieten: Den „Bonnie und Clyde“-Darstellern Faye Dunaway und Warren Beatty wurde das falsche Gewinner-Kärtchen in den Umschlag gesteckt, weshalb Dunaway nach kurzem Zögern von Warren Beatty „La La Land“ als Gewinner für den besten Film 2017 ausrief. Eigentlich hielt das Duo die Karte für die beste Hauptdarstellerin in der Hand. Beatty war sichtlich irritiert, als er den Zettel las und ließ seiner Filmpartnerin von einst den Titel vorlesen. Die Dankesreden waren fast alle bereits gesprochen, als sich endlich klärte, dass der eigentliche Oscar-Gewinner „Moonlight“ lautete. Ein Jahr später durften Beatty und Dunaway erneut den Oscar für den Besten Film vergeben - dieses Mal gab es keine Probleme.
Koreaner auf dem Vormarsch (2020)
Für eine der größten Überraschungen sorgte die gesellschaftskritische Tragikomödie „Parasite“ im Jahr 2020. Das koreanische Drama galt nicht nur als haushoher Favorit auf den besten Internationalen Oscar, den es auch gewann, sondern wurde am Ende des Abends mit drei weiteren Preisen überhäuft. Das Original-Drehbuch sowie die Regie von Bong Joon Ho wurden geehrt. Die faustdicke Überraschung erfolgte beim letzten Preis des Abends: „Parasite“ gewann den Academy Award als Bester Film und ist damit der erste Film, der nicht in englischer Sprache vorliegt und diese Ehre zuteil wurde.
Eine Ohrfeige, die für Diskussionsstoff sorgte (2022)
Es sollte der krönende Abend in Will Smiths Karriere werden, als er im dritten Anlauf als der Favorit für den Oscar als Bester Hauptdarsteller für „King Richard“ ins Rennen ging. Doch im Laufe des Abends wird ein anderer Moment im Fokus stehen. Als Komiker Chris Rock eine Laudatio für den Besten Dokumentarfilm hält, und aufgrund der kurzen Haarpracht von Will Smiths Ehefrau Jada Pinkett-Smith einen Witz auf ihre Kosten macht, verliert der Weltstar wenige Sekunden später die Beherrschung, stapft auf die Bühne und verpasst dem Komiker eine Ohrfeige. Darüber hinaus mahnt der Weltstar den Komiker, dass er nicht den Namen seiner Ehefrau aussprechen solle – mit Schimpfwörtern versteht sich. Als Smith schließlich 30 Minuten später den Oscar gewann, hält er eine fünf-minütige Rede, in der er sich bei der Academy für sein Verhalten entschuldigt. Erst einen Tag nach der Veranstaltung folgt die Entschuldigung bei Chris Rock.