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Oslo, 31. August: Drama um einen 34-Jährigen auf Entzug, der versucht, seinem Leben eine neue Richtung zu geben. Regisseur Joachim Trier beobachtet ihn über den Lauf eines Tages.

Handlung und Hintergrund

Einst war Anders ein vielversprechender Journalist und laut seines alten Kumpels Thomas „der coolste Typ“ der Stadt. Doch dann hat er es mit dem „süßen Leben“ übertrieben, sich treiben lassen, ist den Drogen verfallen und hat sich dann einer Entziehungskur unterzogen. Nun kehrt er nach vielen Jahren wegen eines Vorstellungsgesprächs in seine Heimatstadt Oslo zurück. Er trifft alte Freunde und Bekannte, landet zufällig auf einer Geburtstagsfeier, lernt in einem Club ein Mädchen kennen, mit dem er schließlich nach durchfeierter Nacht durch die Straßen radelt.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Joachim Trier
Produzent
  • Therese Naustdal,
  • Hans-Jørgen Osnes,
  • Yngve Saether,
  • Sigve Endresen
Darsteller
  • Anders Danielsen Lie,
  • Renate Reinsve,
  • Hans Olaf Brenner,
  • Ingrid Olava,
  • Øystein Roger,
  • Tone Mostraum,
  • Kjærsti Odden Skjeldal,
  • Johanne Kjellevik Ledang,
  • Petter Width Kristiansen,
  • Anders Borchgrevink
Drehbuch
  • Joachim Trier,
  • Eskil Vogt
Musik
  • Ola Fløttum
Kamera
  • Jakob Ihre
Schnitt
  • Olivier Bugge Coutté

Kritikerrezensionen

    1. Zwischen einem halbherzigen Selbstmordversuch und dem fatalen letalen Rückfall in seine Sucht lässt sich der schwermütige Anders in Jochim Triers zweitem Langfilm "Oslo, 31. August" durch die herbstliche Stadt treiben. Zwar entwickelt sich das ruhige Charakterdrama zwischen entmutigenden Begegnungen und vergeblichen Kontaktaufnahmen inszenatorisch als genaues Gegenteil von Tiers Debüt "Auf Anfang" ("Reprise"). Besonders zu Beginn führte der furiose Erstling mit einem rasanten Schnittstakkato durch das Innenleben seines Protagonisten. Inhaltlich knüpft "Oslo, 31.August" mit Themen wie Freundschaft, Desillusionierung, Zukunftsangst und Kunst jedoch wieder an den Vorgänger an. Auch seinen Hauptdarsteller Anders Danielsen Lie, der inzwischen als Mediziner arbeitet, setzt der Kopenhagener Regisseur erneut ein.

      Am ehesten erinnert noch der Einstieg mit Oslo-Fotografien zwischen privaten Schnappschüssen und Archivaufnahmen, versehen mit Erinnerungen aus dem Off, an den Prolog des Vorgängers. Mit Aufnahmen von verschiedenen, zumeist leeren Plätzen knüpft der Epilog als eine Art Bilanz später wieder daran an. Erneut legt der Protagonist eine selbstreflektive Haltung an den Tag, mit der er seine Situation hinterfragt. Als Gegenutopie steht im Mittelteil der Monolog eines Mädchens in einem Café, das eine (etwas utopische) Lebensplanung seinem Gegenüber am Laptop vorträgt. Die schier endlose Liste reicht vom Pflanzen eines Baumes über die Überwindung aller Ängste bis zum Erreichen des 100. Lebensjahrs.

      Anders fehlt dagegen jede Lebensenergie. Obwohl er von sich behauptet, clean zu sein, bricht der Ex-Dealer das Jobgespräch in der Magazin-Redaktion ab, nachdem seine Drogenvergangenheit zur Sprache kommt. Als er auf einer Party mit einem Mädchen ins Gespräch kommt, beschreibt sich Anders als Loser, was einen Mitleid heischenden Eindruck erweckt. Nach einer ausgelassenen nächtlichen Fahrt wendet er sich aber desillusioniert ab, wobei Regisseur Trier einzig in dieser Sequenz Gegenwart und Zukunft verknüpft, um Anders fehlende Lebensenergie zu unterstreichen.

      Wie Louis Malles völlig unterschiedlich konzipierte Version von 1963 funktioniert auch Joachim Triers Neuverfilmung des Klassikers "Das Irrlicht" als Bestandsaufnahme einstiger Zukunftspläne und existenziellen Stillstands. Im Gespräch mit einer Bekannten deutet Anders auf sein Single-Dasein hin. Ihre gemeinsamen Freunde gründeten längst Familien, wogegen dem einstigen Star der Osloer Drogenszene der Absprung nicht gelang. Während der von Maurice Ronet verkörperte Protagonist in Louis Malles Adaption nicht von seiner Alkoholsucht los kam, charakterisiert ihn Joachim Trier wie in der Romanvorlage als kraftlosen Ex-Junkie.

      Dessen journalistischer Vergangenheit sind einige medienkritische Seitenhiebe geschuldet. Einige Spitzen gegen über allzu akademische Artikel zu HBO-Produktionen dürfen ebenso wenig fehlen wie Party-Smalltalk über radikale Wendungen in aktuellen US-Serien. Anders fatale Odyssee mit minimalistischem Musikeinsatz verdichtet sich zu einem realistischen Generationsporträt über gescheiterte Perspektiven, Vergänglichkeit und Abschied von der Vergangenheit. Der mehrfach ausgezeichnete Film wurde für den französischen César nominiert und kommt in Originalversion mit Untertiteln in unsere Kinos.

      Fazit: "Oslo, 31.August" ist eine Neuverfilmung des Romans "Das Irrlicht" und zeigt sich als dichte Kombination aus melancholisch-beklemmender Charakterstudie und kühlem Stadtporträt.
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    2. Oslo, 31. August: Drama um einen 34-Jährigen auf Entzug, der versucht, seinem Leben eine neue Richtung zu geben. Regisseur Joachim Trier beobachtet ihn über den Lauf eines Tages.

      Ein 34-jähriger Ex-Junkie versucht einen Neuanfang. Sensibles, innerhalb von 24 Stunden angesiedeltes Drama nach Pierre Drieu la Rochelles „Das Irrlicht“.

      Ein Mann, eine Stadt, 24 Stunden. Zunächst sieht man flüssig montierte Bilder von Oslo aus vergangenen Tagen, TV-Aufnahmen von leeren Straßen, von einem Hochhaus, das nach einer Sprengung geradezu majestätisch in sich zusammenfällt. Aus dem Off räsonieren Menschen über die Metropole, erzählen wie sie einst vom Land in die Stadt gekommen sind. Dann schneidet der Film in ein schlichtes Hotelzimmer. Es wird vom 34-jährigen Anders bewohnt, einst Journalist, der erst dem süßen Leben und dann den Drogen verfallen ist. Mehrere Jahre hat er sich in einer Klinik einer Entziehungskur unterzogen, jetzt ist wegen eines Vorstellungsgesprächs nach Oslo zurückgekehrt, jene Stadt, die mit den Geistern seiner Vergangenheit bevölkert ist.

      „Oslo, 31. August“ ist der zweite Spielfilm von Joachim Trier („Auf Anfang“, 2006), die Hauptrolle hat er erneut mit Anders Danielsen Lie besetzt, einem Arzt, der hobbymäßig schauspielert und nebenbei auch Musik macht. Reduziert, geradezu minimalistisch legt er seine Figur an, lebensecht und glaubwürdig. Einst war er der „coolste Typ“ der Stadt, erinnert sich sein ehemals bester Kumpel Thomas, der inzwischen eine bürgerliche Existenz führt. Anders widerspricht: „Ich bin nur ein verzogener Bengel, der’s verpfuscht hat“.

      „Oslo, 31. August“ zeigt Momentaufnahmen eines langen Tages Reise in die Nacht: Anders trifft alte Freunde und Bekannte, landet zufällig auf einer Geburtstagsfeier, lernt in einem Club ein Mädchen kennen mit dem er schließlich durch die Straßen radelt, ist ine Art norwegische Variante von Fellinis „La dolce vita“. Ein Mann ist hier auf der Suche nach sich selbst, während der Film auch viel vom heutigen Zustand der Gesellschaft erzählt. Das von Eskil Vogt und Trier verfasste Drehbuch basiert auf Pierre Drieu la Rochelles Roman „Das Irrlicht“, den Louis Malle 1963 schon einmal adaptiert hat. Wobei der dänische Regisseur das Material gekonnt „modernisiert“. Die existenzialistische Furcht, die den französischen Film befeuerte, ist typischen Post-Millenniums-Phänomenen wie Lebensangst und Entfremdung gewichen. Kann man noch einmal von vorne beginnen, lautet die Frage, die im Raum steht. Die Antwort darauf ist, wie in der literarischen Vorlage, pessimistisch.

      Geradezu dokumentarisch mutet die Arbeit an. Manchmal beobachtet Trier seinen Protagonisten nur, dann taucht er in dessen Wahrnehmung ein. Mit Anders belauscht man etwa in einem Café die Gespräche am Nachbarstisch, hört ein paar Mädchen zu, die sich über Kurt Cobains Selbstmord unterhalten. Der Ton wird dabei auf- und zugezogen, genauso beiläufig bewegt sich manchmal die Kamera, die „zufällig“ an Passanten hängenbleibt, nur um diese dann wieder mit einer Schärfeverlagerung „verschwinden“ zu lassen: Film als Bewusstseinsstrom - emotional, irritierend, faszinierend. geh.
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