Zum Jahresende stellt die Redaktion von kino.de ihre persönlichen Film-Highlights 2019 vor. Neben bekannten Kino-Hits sind hier auch einige Geheimtipps dabei. In unserem weiterführenden Artikel findet ihr die besten Filme 2019 laut der internationalen Kritiker-Wertung.
Marek Bang – Lieblingsfilm 2019: „Blinded By the Light“
Als eingefleischter Bruce-Springsteen-Fan kam ich 2019 an „Blinded by the Light“ nicht vorbei. Doch die Verfilmung von Sarfraz Mazoors autobiographischem Roman „Greetings from Bury Park“ funktioniert nicht nur für Anhänger vom Boss. Vielmehr gelingt es Regisseurin Gurinder Chadha („Kick it like Beckham“), das Thema Fan-Sein an sich authentisch und berührend auf die Leinwand zu transportieren. Jeder, der sich für einen Star begeistern kann - ob nun einen Musiker, einen Schauspieler oder einen Sportler - wird sich mit der Hauptfigur identifizieren können, einem jungen Außenseiter, dem die Kraft der Musik ungeahnte Türen öffnet.
Platz 2: „Once Upon a Time in … Hollywood“
Platz 3: „The Highwaymen“
Platz 4: „El Camino“
Platz 5: „Rolling Thunder Revue: A Bob Dylan Story by Martin Scorsese“
Helena Ceredov – Lieblingsfilm 2019: „Der Leuchtturm“
Mit dem atmosphärischen Schwarz-Weiß Film „Der Leuchtturm“ knüpft Robert Eggers („The Witch“) an seinen eigenwilligen Stil an und vermag es dennoch, neue Akzente zu setzen. Ende des 19. Jahrhunderts: Zwei Leuchtturmwärter – ein wettergegerbter Seebär (Willem Dafoe) und sein hitzköpfiger Hilfsarbeiter (Robert Pattinson) – sollen auf einer isolierten Insel die Stellung halten. Als die Abreise ausfällt, gleiten die Männer langsam, aber sicher in den Wahnsinn ab.
Robert Eggers entwirft wie schon in „The Witch“ eine bedrohliche Stimmung, die von dem suggestiven Score und formvollendeten Bildern getragen wird. Ein Element sticht bei „Der Leuchtturm“ aber besonders hervor: Der absurde und höchst pessimistischen Humor, der an „Warten auf Godot“ oder die Filme von Roy Anderson erinnert. Wer einen Horrorfilm erwartet, der wird aus einer Komödie entlassen – auch wenn die Werbung etwas anderes verspricht. Und genau das macht „Der Leuchtturm“ für mich zu meinem filmischen Highlight des Jahres. Wer originelle und verkopfte Geschichten mag, die anecken und sich den Zuschauererwartungen entziehen, der sollte sich „Der Leuchtturm“ unbedingt ansehen.
Platz 2: „The Favourite“
Platz 3: „Parasite“
Platz 4: „Asche ist reines weiß“
Platz 5: „Dolemite Is My Name“
Platz 6: „Marriage Story“
Platz 7: „Ready or Not“
Andreas Engelhardt – Lieblingsfilm 2019: „Avengers: Endgame“
„Avengers: Endgame“ war der spektakuläre Abschluss des MCU – und hat erstaunlicherweise all meine Erwartungen erfüllt, die sich in den letzten gut zehn Jahren aufgebaut haben. Seinerzeit habe ich mir quasi eine epische Kino-Serie erhofft, die mit bildgewaltigen Filmen eine Handlung über mehrere Werke aufbaut und entsprechend an Gewicht gewinnt. Dass „Endgame“ so umfassend die vorherigen 21 MCU-Filme aufgreift, hat mich dann aber doch überrascht.
All die bekannten Charaktere – vor allem Captain America – sind mir im Laufe der Jahre ans Herz gewachsen und „Endgame“ ist genau wie das MCU insgesamt diesen unterschiedlichen Figuren gerecht geworden. Das große Finale war eine gekonnte Mischung aus Humor, der vor allem durch die gelungenen Interaktionen der Figuren entstand, emotionalen Momenten und der grundlegenden positiven Ideologie. Keine Frage: „Avengers: Endgame“ ist purer Eskapismus – aber für mich war es eben der beste Eskapismus seit Jahren.
Platz 2: „Marriage Story“
Platz 3: „Parasite“
Platz 4: „Midsommar“
Platz 5: „Free Solo“
Platz 6: „El Camino“
Platz 7: „Booksmart“
Platz 8: „The Favourite“
Platz 9: „Mid 90s“
Platz 10: „Us“
Teresa Otto – Lieblingsfilm 2019: „Midsommar“
Nachdem sich Ari Aster mit „Hereditary“ 2018 ein kleines filmisches Denkmal gesetzt hat, legt er nur ein Jahr später dank „Midsommar“ einen konsequenten, ebenso verstörenden, aber mitunter auch witzigen Film nach. Bereits die ersten 15 Minuten fordern viele Zuschauer heraus, das Dranbleiben lohnt sich allerdings. Richtig entfaltet sich der psychologische Folklore-Horror erst bei der wiederholten Sichtung, wenn man die versteckten Nuancen in der Bildsprache, dem Soundtrack und im Spiel der Darsteller entdecken kann. Besonders Hauptdarstellerin Florence Pugh bleibt in besonderer Erinnerung.
Platz 2: „Avengers: Endgame“
Platz 3: „Long Shot - Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich“
Platz 4: „Die Einzelteile der Liebe“
Platz 5: „Paranza - Der Clan der Kinder“
Platz 6: „Drachenzähmen leicht gemacht 3: Die geheime Welt“
Platz 7: „Gelobt sei Gott“
Platz 8: „Dragonball Super: Broly“
Platz 9: „Skin“
Platz 10: „Shazam“
Gregor Elsholz – Lieblingsfilm 2019: „Parasite“
Klassenkampf auf Koreanisch: „Parasite“ zeigt den folgenschweren Zusammenprall zweier gegensätzlicher Familien in Seoul. Regisseur Bong Joon-ho inszeniert seine bissige Gesellschaftssatire mit einer herausragenden Bildsprache, scharfen Dialogen und einigen unerwarteten Wendungen. Das Ergebnis ist ein vielschichtiges Meisterwerk über die existenzielle Absurdität, die der sozialen Kluft zwischen Arm und Reich innewohnt.
Platz 2: „Joker“
Platz 3: „Burning“
Platz 4: „Ad Astra“
Platz 5: „Avengers: Endgame“
Platz 6: „Between Two Ferns: The Movie“
Platz 7: „Dolemite Is My Name“
Susan Engels – Lieblingsfilm 2019: „Mid 90s“
Mit seinem Regiedebüt ist Schauspieler Jonah Hill nicht nur eine Hommage an die Neunziger, sondern auch eine einfühlsame Milieustudie gelungen – eine kluge Momentaufnahme von der Hochzeit der Skater-Kultur, die damals für viele Jugendliche zur rettenden Zuflucht wurde. „Mid90s“ ist eine wunderbar fotografierte Coming-of-Age-Geschichte, die einen großartigen Cast vereint und seine Zuschauer*innen zurück in das Jahrzehnt der Skateboards, Mixtapes und des HipHops katapultiert.
Platz 2: „Leid und Herrlichkeit“
Platz 3: „Joker“
Platz 4: „Der Goldene Handschuh“
Platz 5: „The Favourite“
Platz 6: „Diamantino“
Platz 7: „Wintermärchen“
Platz 8: „Once Upon a Time in … Hollywood“
Platz 9: „Parasite“
Platz 10: „Luz“
Philipp Schleinig – Lieblingsfilm 2019: „The Irishman“
Lange habe ich träumen dürfen, ob die legendäre Zusammenkunft der Akteure Martin Scorsese, Robert De Niro, Al Pacino und Joe Pesci – ihres Zeichens allesamt Koryphäen des Gangsterfilm-Subgenres „Mafiafilm“ – zu Lebzeiten noch stattfinden wird. „The Irisman“ spukte lange Zeit als Gerücht, dann lange Zeit als konkretes Projekt durch die Film-Welt: 2004 entschied sich De Niro, die Romanvorlage „I heard you paint houses“ umsetzen zu wollen, 2007 begann die Entwicklungsphase, die uns erst 2019 die Netflix-Veröffentlichung bescherte.
Im Ergebnis bekam ich genau den Mafiafilm, den ich mir so lange erhofft hatte. Es trägt die Handschrift eines Scorseses aus seiner Mafia-Trilogie „Hexenkessel“, „Goodfellas“ und „Casino“, mit einem Anspruch, der sich – und das ist gut so – nicht verändert hat, denn warum ändern, worin man meisterlich ist? Auch „The Irishman“ zeigt uns den Aufstieg und Fall eines Mobsters in all seinen Facetten und hier sogar basierend auf wahren Ereignissen. Hinzu kommt eben jener genannte Cast, dem diese Erzählweise schon seit langem in Fleisch und Blut übergegangen ist, sodass es ein Fest ist, ihnen bei ihrem vielleicht finalen (Mafia-)Akt zusehen zu dürfen. Das sind dreieinhalb Stunden, die ich mir wie ein „Der Pate“ immer wieder gern ansehen werde.
Platz 2: „Joker“
Platz 3: „Beautiful Boy“
Platz 4: „Booksmart“
Platz 5: „Mid 90s“
Platz 6: „Rocketman“
Platz 7: „Marriage Story“
Platz 8: „Parasite“
Platz 9: „Knock Down the House“
Platz 10: „Fahrenheit 11/9“
Anne Nauditt – Lieblingsfilm 2019: „Brittany Runs a Marathon“
Die New Yorkerin Brittany ist Ende 20 und kostet ihr Leben in vollen Zügen aus. Nach einem Arztbesuch krempelt sie ihr ganzes Leben um, legt lasterhafte Gewohnheiten ab und macht Sport. Mit ihrer Laufgruppe startet sie dann richtig durch und setzt sich ein großes Ziel: den New York Marathon! In diesem Feelgood-Film erlebt das Publikum gemeinsam mit der überaus authentischen Jillian Bell als Brittany die Höhen und Tiefen auf dem Weg zu einem besseren Lebensstil. „Brittany“ lebt von alltägliche Situationen, die jeder von uns schon einmal durchlebt hat und vom bissigen Humor der Hauptprotagonistin, gespickt mit einer Prise Inspiration für’s eigene Leben, auch ohne Marathon-Ambitionen.
Platz 2: „Avengers: Endgame“
Platz 3: „Spider-Man: Far from Home“
Platz 4: „Green Book“
Platz 5: „Long Shot - Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich“
Platz 6: „Pets 2“
Platz 7: „Joker“
Platz 8: „Late Night“
Platz 9: „Crawl“
Platz 10: „Tolkien“
Peer Göbel – Lieblingsfilm 2019: „Aladdin“
Während Disney 2019 mit dem Fox-Kauf und dem Start von Disney+ wirtschaftlich die Weichen für die Zukunft stellte, standen in den Veröffentlichungslisten vor allem Fortsetzungen (Avengers, Star Wars, Toy Story, Eiskönigin) und Remakes der alten Erfolge. Und wer braucht denn eigentlich die Realverfilmungen der alten Disney-Streifen? Im Grunde kein Mensch, aber wenn, dann doch bitte so wie in „Aladdin“: Die Frauenrollen erzählen eine andere, bessere Geschichte als 1992, bei der Besetzung wurde in Sachen Whitewashing nichts falsch gemacht, die Musik wirkt mitreißend wie am ersten Tag, die Magie der Vorlage konnte wieder eingefangen werden. Also wie ein Besuch bei alten Freunden, mit denen man sich trotz der langen Zeit noch etwas zu sagen hat. Und für die, die das Original gar nicht kennen: ein rasantes und romantisches Märchen-Musical, das großen Kinospaß macht.
Platz 2: „Yesterday“
Platz 3: „Rocketman“
Platz 4: „The Report“
Platz 5: „Blinded By The Light“
Platz 6: „Green Book“
Platz 7: „Tolkien“
Kristina Kielblock – Lieblingsfilm 2019: „Die Maske“
Der polnische Film „Die Maske“ hat nichts mit der Komödie mit Jim Carrey von 1994 gemeinsam. Regisseurin Małgorzata Szumowska erzählt in ihrer bitterbösen Satire von einem Dorf in Polen, dass für eine Jesus-Statue gesammelt hat, die größer als die in Rio de Janeiro ist. Dieser Teil der Geschichte ist wahr, in Świebodzin steht die Figur, deren Existenz vor allem auf die starken Ambitionen des örtlichen Pfarrers Sylwester Zawadzki und seine opferbereite Gemeinde zurückzuführen ist. Hauptfigur und Metal-Fan Jacek arbeitet mit am Aufbau dieser Statue und ist bestens in die Gemeinschaft integriert, obschon es ihn vom Lande wegzieht.
Dann geschieht ein schrecklicher Unfall auf der Baustelle, Jacek überlebt, muss aber mit einem transplantiertem Gesicht weiterleben. Die bigotten Bewohner*innen grenzen ihn schnell aus, verspotten ihn und sogar seine eigene Mutter wendet sich von ihm ab, weil sie ihn als fremd empfindet und beauftragt sicherheitshalber auch einen Exorzisten. Jacek geht trotzdem seinen Weg. Der Film ist metaphorisch und konkret zugleich, witzig und todtraurig, zeitlos und universell. Der Film erhielt auf der Berlinale 2018 den Silbernen Bären und kam 2019 in die Kinos.
Dennis Gottschalk – Lieblingsfilm 2019: „Joker“
Regisseur Todd Phillips ist es tatsächlich gelungen, in einer Zeit, in der spaßige und actionlastige Comicverfilmungen von Marvel und Co. das Kino dominieren, ein einzigartiges Werk zu erschaffen, das sich von der Masse seiner Artgenossen abhebt. Die eindringliche und grandiose Darstellung von Joaquin Phoenix steht hier zwar ganz klar im Mittelpunkt, aber Phillips hat es geschafft, mit seiner düsteren und realitätsbezogenen Inszenierung dem Genre neues Leben einzuhauchen.
Denn „Joker“ ist durch seine Figuren und sein Setting oberflächlich zwar als Comicfilm zu betrachten - darunter schlummert jedoch ein sozialkritisches Psychodrama, das nicht nur ein Panorama der Misstsände unserer Gesellschaft und Systeme zeichnet, sondern diese auch als Ursache für eine kollektive Frustration und für eine potentielle Gewaltbereitschaft entlarvt. Dass der Regisseur sich hier bei früheren Werken wie „The King of Comedy“ oder „Taxi Driver“ von Martin Scorsese bedient hat, ist nicht nur offensichtlich, sondern pure Absicht und zeigt, dass sich unsere Gesellschaft über die Jahre in vielen Bereichen leider kaum weiterentwickelt hat, sondern diese Themen aktueller denn je sind.
Platz 2: „Once Upon a Time in… Hollywood“
Platz 3: „Parasite“
Platz 4: „The Favourite“
Platz 5: „The King“
Platz 6: „Midsommar“
Platz 7: „Beale Street“
Platz 8: „The Irishman“
Platz 9: „Marriage Story“
Platz 10: „Green Book“
Sebastian Werner – Lieblingsfilm 2019: „Joker“
Hand aufs Herz: In einem Kinosaal geht es selten wirklich gesittet zu. Oft genug reden und rascheln die Zuschauer, treten gegen die vordere Stuhlreihe oder glotzen aufs Smartphone. Bei „Joker“ durfte ich mal wieder einen echten magischen Kinomoment erleben, denn hier starrte der ganze Saal wie gebannt auf die Leinwand. Ich hatte wirklich das Gefühl, das es keiner wagte, auch nur den kleinsten Mucks von sich zu geben, um ja nicht das Meisterwerk zu schmälern, das dort vor unseren Augen seine unbändige Kraft entfaltete. Für mich war dieses Erlebnis das i-Tüpfelchen eines Films, in dem jede Einstellung perfekt und jeder Satz zitierwürdig ist.
Platz 2: „Green Book“
Platz 3: „Ben is Back“
Platz 4: „Mid 90s“
Platz 5: „Dolemite Is My Name“