In einem Podcast blickte Nicolas Cage auf seine jüngere Karriere zurück und sprach über die Möglichkeiten, die sich ihm abseits des Hollywood-Systems aufgetan haben.
1996 stand Nicolas Cage auf der Höhe seiner Karriere: Bei den Academy Awards wurde der damals 32-Jährige für seine herausragende Darbietung in Mike Figgis‘ Drama „Leaving Las Vegas“ mit dem Oscar als bester Schauspieler ausgezeichnet. Cage setzte sich in dem Jahr gegen geniale Mitstreiter wie Anthony Hopkins und Sean Penn durch. Es war nicht nur die Würdigung seines Talents, sondern auch die Anerkennung für seine ganz besondere Herangehensweise an das Schauspiel. Sein sogenanntes „Nouveau Shamanic“, wie Cage seine Performance selbst bezeichnet, konnte er aufgrund der Natur des Dramas in die Figur des Ben Sanderson einfließen lassen, ohne dass dieser Aspekt irritierend wirkte wie etwa in anderen Cage-Filmen.
Diese Balance zwischen Genie und Wahnsinn, wenn man so will, hielt Cage über seine gesamte Hollywoodkarriere hinweg: für die Studiobosse nicht zu übertrieben, für das Publikum stets neue Nuancen und für sich selbst genug Schlupflöcher suchend, um nicht gelangweilt zu sein. Für manch andere Schauspieler*innen wäre das eine Gratwanderung, für Cage dagegen ein Leichtes, denn der Neffe von Altmeister Francis Ford Coppola betrachtet sein Handwerk nicht als Schauspiel, sondern als natürliche Reaktion auf die Werke, denen er sich widmet. „Ich schauspielere nicht. Ich fühle und ich stelle mir vor und ich lasse fließen“, sagte er in einem Interview mit dem Time Magazine.
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Seinen natürlichen Drang fließen lassen, das tat Cage in seinen Hollywoodfilmen stets nur mit Bedacht. Aber dann kam der Moment, sich endlich von allen kommerziellen Gedanken zu befreien und sich selbst vollends zu entfalten, wie Cage im Award Circuit Podcast von Variety wissen ließ:
„Ich wusste nach einer Reihe an Flops, dass ich aus dem Studiosystem gedrängt war; und ich nicht mehr hineingelassen würde. Ich wusste immer, dass es eine*n junge*n Filmemacher *in braucht, der/die sich an einige der Filme erinnert, die ich gemacht habe, und wissen würde, dass ich der Richtige für sein/ihr Drehbuch wäre und mich neu entdeckt. Und genau deshalb ist er nicht einfach Michael, sondern der Erzengel Michael. Das würde alles nicht passieren, hätte er nicht den Mut gehabt, zu sagen ‚Komm mit mir‘.“
Cage spricht hier von Filmemacher Michael Sarnoski, der ihn für sein Filmdebüt „Pig“ in der Rolle des Aussteigers und Trüffelsammlers Rob besetzt hat. Für das Rachedrama hat Cage erstmals seit vielen Jahren wieder ausschließlich positive Kritiken erhalten. Ein ambitioniertes Werk, das ihm womöglich neue Türen öffnet – vielleicht sogar eine zurück nach Hollywood. Kaum zu glauben, nachdem es eine Zeit gab, in der selbst eingefleischte Fans sich manchmal gewünscht haben müssen, dass Nicolas Cage einfach in Rente geht. So wie die Stars in unserem Video.
Nicolas Cages Karriere in den 2010er-Jahren: Trash – nur selten im positiven Sinne
Nachdem Cage aus dem Hollywood-System geworfen wurde, nahm er – wohl auch aus finanziellen Gründen – zahllose, ja fast schon wahllos Rollen in unterschiedlichen Werken an. Action, Thriller, Fantasy und Horror: Es gab fast kein Genre, an denen er sich in den 2010er-Jahren nicht versucht hat. Das Ergebnis sind über 40 Filme, von denen selbst er einige sicher gern aus seiner Vita gestrichen hätte. Darunter befinden sich aber auch Perlen wie „Kick-Ass“ und „Joe – Die Rache ist sein“.
Eines hatte seine Tour de Force aber: Langeweile kam wohl nie wirklich auf. Im Gegenteil, Cage nutze diese Phase, um sein „Nouveau Shamanic“ völlig zu entfalten, nicht bloß zu schauspielern. Letzteres komme in seinen Augen ohnehin einer Lüge gleich, so Cage. So gesehen betrachtet sich Cage als Wasser, so wie es einst Bruce Lee in seiner Philosophie erklärte: „Füllt man Wasser in eine Tasse, wird es zur Tasse. Füllt man es in eine Flasche, wird es zur Flasche. Füllt man es in einen Teekessel, wird es zum Teekessel. Wasser kann fließen oder zerstören. Sei Wasser, mein Freund!“
Und so bezeichnet sich Cage selbst nicht etwa als Schauspieler, sondern als „Thespian“:
„Es war meine Tante Talia Shire, die mir einst sagte, ‚Naturalismus ist ein Stil.‘ Und ich war ein großer Anhänger der Synchronität […]. Wisst ihr, in der Malerei kann man zum Beispiel abstrakt sein, man kann fotorealistisch sein, man kann impressionistisch sein, warum sollte das nicht auch beim Schauspiel möglich sein?“
Vielleicht sollte man vor diesem Hintergrund manch jüngeres Werk von Cage noch einmal betrachten? „Jiu Jitsu“ und „Willy’s Wonderland“ etwa.
Apropos Oscars, wie gut kennt ihr euch mit dem wichtigsten Filmpreis der Welt aus? Testet euch: