Es gab mal eine Zeit, da galt Johnny Depp als richtig guter Schauspieler. Statt sich auf sein gutes Aussehen zu verlassen, stellte er mit exzentrischen Figuren sein Verwandlungstalent unter Beweis. Zusammen mit Stammregisseur Tim Burton brachte er in seiner kreativen Hochphase ikonische Filme wie „Edward mit den Scherenhänden“, „Ed Wood“ oder „Sleepy Hollow“ heraus. Nebenbei etablierte sich Depp als seriöser Charakterdarsteller, der in gefeierten Dramen wie „Gilbert Grape“, „Fear and Loathing in Las Vegas“ und „Wenn Träume fliegen lernen“ die Hauptrolle spielte.
Und dann kam „Fluch der Karibik“. Johnny Depp ist mit der Rolle des verrückten Piraten Captain Jack Sparrow regelrecht verschmolzen. Was zu Beginn frisch und anders wirkte, nutzte sich spätestens nach dem vierten Teil ab. Johnny Depps Performance geriet immer mehr zur Selbstparodie und auch abseits der „Fluch der Karibik“-Reihe bekam er keinen Fuß mehr auf den Boden. Weder in ernsteren Rollen noch mit bewährten Burton-Filmen konnte Depp so recht überzeugen. Heutzutage macht er mit privaten Skandalen statt mit guten Filmen von sich Reden.
Trotz des späten Karrieretiefs bleibt Johnny Depp einer der vielseitigsten Schauspieler Hollywoods. Wir haben uns seine wechselhafte Filmographie angeschaut und die besten, schönsten und schlechtesten Momente herausgesucht.
Gut: „Fluch der Karibik“ (2003)
„Fluch der Karibik“ katupultierte Johnny Depp über Nacht zum Mega-Star. Klar, er war schon vorher bekannt, aber mit dem Multimillionen-Disney-Franchise wurde er zu einem der populärsten und bestbezahlten Schauspielern Hollywoods. Als der Abenteuerfilm 2003 in die Kinos kam, konnten wir gar nicht genug von Captain Jack Sparrows Eskapaden kriegen. Das sollte sich im Laufe der Jahre ändern.
Schlecht: Spätestens ab „Fluch der Karibik: Fremde Gezeiten“ (2011)
Früher oder später musste es so kommen. Der Ruhm schien Depp über die Jahre zu Kopf gestiegen zu sein. Gerüchten zufolge soll er seine Drehbuchzeilen jahrelang durch einen Knopf vorgesagt bekommt haben. Das könnte auch erklären, warum er in den späteren „Fluch der Karibik“-Filmen wie eine schlechte Cosplay-Version seiner selbst auftritt.
Gut: „Edward mit den Scherenhänden“ (1990)
Tim Burtons Fantasyfilm „Edward mit den Scherenhänden“ gab den Startschuss, der Johnny Depp als Darsteller von ungewöhnlichen Außenseitern etablierte. Zuvor spielte Depp den Teenie-Schwarm in der Highschool-Serie „21 Jump Street“. Um das Saubermann-Image loszuwerden, verkörperte er in Tim Burtons Grufti-Kultfilm einen künstlichen Menschen, der trotz seiner sanften Seele von der spießigen Gemeinschaft ausgestoßen wird.
Schlecht: „Alice im Wunderland“ (2010)
Der verrückte Hutmacher gehört zu den ikonischsten Kindheitsfiguren aller Zeiten. Johnny Depps grotesk geschminkte Version lässt dagegen jeglichen Zauber vermissen. Sein irritierender Siegestanz zum Schluss des Films fasst in Sekunden zusammen, warum die Neuverfilmung von „Alice im Wunderland“ auf ganzer Linie gescheitert ist.
Gut: „Gilbert Grape – Irgendwo in Iowa“ (1994)
In dem Coming-of-Age-Drama zeigt Johnny Depp, dass er auch abseits von Fantasy-Gestalten etwas drauf hat. In „Gilbert Grape“ spielt er einen jungen Mann, der im ländlichen Iowa festsitzt und sich um seinen behinderten kleinen Bruder (ein sehr junger Leonardo DiCaprio) und seine schwer übergewichtige Mutter kümmern muss. Als emotionaler Angelpunkt des Films zeigt er sich hier von seiner subtilen Seite.
Schlecht: „Charlie und die Schokoladenfabrik“ (2005)
Johnny Depps Interpretation von Willy Wonka soll eine Mischung aus Michael Jackson und Anna Wintour sein. Das ist ihm in der Tat gut gelungen. Doch dafür fehlt seiner hochnäsigen Variante die schelmische Freude, die Vorgänger Gene Wilder so groß machte.
Gut: „Ed Wood“ (1994)
In dem aufallend nüchtern inszenierten Biopic von Tim Burton verkörpert Johnny den gleichnamigen Trash-Regisseur, der mit seinen grottenschlechten Low-Budget-Streifen in die Filmgeschichte eingegangen ist. Man muss Depp hoch anrechnen, dass er Wood nie zur Witzfigur degradiert. Stattdessen erschafft er eine liebvolle Hommage, die sich vor Woods Leidenschaft für die Filmkunst verneigt.
Schlecht: „Mortdecai – Der Teilzeitgauner“ (2015)
Die misslungene Krimikomödie ist wohl den meisten als einer der schlechtesten Johnny Depp-Auftritte der letzten Jahre geläufig. Dabei schien auf dem Papier alles perfekt: Ein schräger Aristokrat mit Schulden, der vom britischen Geheimdienst dazu gezwungen wird, ein wertvolles Gemälde zu stehlen. Das ist die Rolle des prototypischen Exzentrikers, die Depp so gerne annimmt. Die Kritiker waren sich hingegen einig. Der Film sei unlustig, aufgesetzt und stelle einen Tiefpunkt in Depps Karriere dar. Autsch!
Gut: „Donnie Brasco“ (1996)
Die Rolle des Gangsters gehört zu einer Konstante in Depps Karriere. In „Donnie Brasco“ spielt er einen FBI-Undercover-Agenten, der sich mit einem Mafia-Boss gespielt von Al Pacino anlegt. Depp schafft es die innere Anspannung der Figur spürbar zu machen, die trotz Todesangst den selbstbewussten Gangster mimen muss.
Schlecht: „The Lone Ranger“ (2013)
Disney hat für „The Lone Ranger“ das „Fluch der Karibik“-Erfolgsteam aus Jerry Bruckheimer, Gore Verbinski und Johnny Depp zurückgeholt. Der erhoffte Hit mündete in einem kompletten Desaster. Von 215 Millionen US-Dollar Produktionsbudget nahm das Western-Remake in den USA nur knapp die Hälfte ein. Dass der würdevolle Indigene Tonto einen albernen Vogel auf dem Kopf herumtragen muss, war übrigens Depps Idee.
Gut: „Fear and Loathing in Las Vegas“ (1998)
„Fear and Loathing in Las Vegas“ ist der Beweis dafür, dass Depp die Rolle des Exzentrikers sehr wohl beherrscht, ohne ins Nervige oder Lächerliche abzugleiten. In dem kultigen Drogenfilm von Terry Gilliam spielt er den legendären Journalisten Hunter S. Thompson, eine Gallionsfigur der Gegenkultur. Thompson zeigt sich höchstpersönlich begeistert von Depps Performance. Die beiden wurden enge Freunde. Nach Thompsons Tod richtete Depp sogar dessen Beerdigung aus und ließ Thompsons Asche für drei Million US-Dollar in den Himmel schießen.
Schlecht: „The Tourist“ (2010)
Was haben sich die Klatsch-Medien aufgespielt, als der Thriller mit Johnny Depp und Angelina Jolie seinerzeit angekündigt wurde. Damals hieß es, dass es Jolie auf ihren Co-Star abgesehen habe, so wie auf ihren einstigen Mann Brad Pitt. Von der elektrisierenden Chemie zwischen den ansonsten sehr attraktiven Filmpartnern war im fertigen Film indes nichts zu spüren. Depp hat „The Tourist“ wie im Autopilot durchgezogen, was die dröge Geschichte nicht unbedingt besser gemacht hat.
Gut: „Wenn Träume fliegen lernen“ (2004)
Depp spielt hier seine vielleicht emotionalste Rolle als sensibler Künstler J.M. Barrie, der Schöpfer von „Peter Pan“. Johnny Depp wurde für seinen Auftritt mit Lob überhäuft und sicherte sich eine seiner drei Oscarnominierung als Bester Hauptdarsteller (die anderen waren für „Sweeney Todd“ und „Fluch der Karibik“).
Schlecht: „Dark Shadows“ (2012)
Je weniger Worte man über „Dark Shadow“ verliert, desto besser. Depp spielt den verschrobenen Uralt-Vampir leider ohne jegliche Facetten und Nuancen. Es hätte wohl niemand gestört, wenn Tim Burton die kultige Retro-Serie in der Mottenkiste gelassen hätte.