Diesmal Zombies. Keine labernden Tussis wie in Tarantinos Grindhouse-Zwillingsprojekt Death Proof, keine Vampire wie in der ersten, großen, fröhlichen Tarantino-Rodriguez-Zusammenarbeit From Dusk Till Dawn. Von welchem Planet Terror freilich eine Menge hat, Splatter und Spaß, Ekel und Coolness. Genau das, was man erwartet hat von den nachgebauten 70er-Jahre-Filmverschnitten, die Tarantino/Rodriguez mit ihrem Grindhouse-Projekt vorhatten.
Anders als bei Tarantinos Death Proof wüsste man bei der hierzulande gezeigten internationalen Langfassung von Planet Terror nicht, was in der 20 Minuten kürzeren US-Double Feature-Version weggeschnitten worden ist. Von Anfang an nimmt Rodriguez Tempo auf, schneidet in einem, ja, epischen Panorama von Figuren zu Figuren, aus denen sich erst allmählich die Hauptdarsteller der Geschichte herausschälen. Jongliert mit den Erzählfäden, ohne Verwirrung aufkommen zu lassen vielmehr ist bei diesem Film alles im Lot, und das heißt: die Welt ist dem Untergang nahe
Das wiederum ist Teil des Spiels, das Rodriguez mit dem Genre treibt und mit dem Zuschauer. Er weiß, dass wir wissen, wie der Zombiefilm funktioniert, und im genau richtigen Verhältnis bestätigt und bricht er die Regeln. Weidet sich in Ekelmomenten von der versifften BBQ-Bar bis zum Kannibalismus, vom Aufzählen aller möglichen krankhaften Mutationen und ihrer medizinischen Heilung Amputationen und Kastration bis zur Vergewaltigung durch Beinahe-Zombies. Ergeht sich in Bizarrerien wie einem Tischbein, später einem MG als Beinprothese, oder der vollkommenen Apathie, mit der schlimmst versehrte ihr Schicksal hinnehmen. Setzt seinen Helden auf der Flucht vor den Zombies auf ein kleines Kindermotorrad. Überspringt wichtige Plotpoints, die man eh kennt lässt den ersten Zombieangriff möglichst schnell geschehen , ohne lange Suspense-Vorbereitung; zeigt nicht den Tod des Sohnes einer der Hauptfiguren, was üblicherweise eine ganze Elegie an Pathos nach sich zöge. Lässt gar in einer Liebesszene den Film abbrechen Missing Reel und, weil man eh alle obligatorischen Handlungsmomente kennt, die Geschichte erst viele Filmminuten später weitergehen. Und dann lässt er auch mal die Zombie-Handlung ganz nebenbei ablaufen, um einen verdatterten, von Unglauben und Schrecken gebannten Deputy Sheriff in den Mittelpunkt zu stellen, in dessen rabiat-tolpatschigen Reaktionen sich die Action spiegelt.
Dieses Spiel mit dem Medium selbst, das als 70er-Hommage auch noch voll Kratzer und Sprüngen ist, wird vollkommen und fruchtbar in die Dramaturgie des Films integriert, ebenso wie alle Versatzstücke des Billig-Horror-Splatterfilms, der ja ohnehin häufig genug ohnehin komisch ist (beabsichtigt oder unbeabsichtigt), der hier nochmal darüber hinaus vergackeiert wird, einfallsreich, überraschend und vollkommen irr. Und dabei, jenseits der Hommage-Parodie, doch durchaus ernsthaft angegangen, ja im Sinn postmoderner Coolness (wieder einmal) neu erfunden wird.
Wo sich Tarantiono sichtlich immens anstrengt, um jugendlich frisch zu wirken was selbstverständlich nicht funktionieren kann , da macht Rodriguez alles richtig, vielleicht, weil er sich selbst nicht so in den Vordergrund stellt wie Tarantino mit seinen Manierismen (obwohl Rodriguez wie üblich alles alleine macht: Regie, Buch, Produktion, Kamera, Schnitt, Spezialeffekte, Musik, gar sein eigenes Catering). Vielleicht klappt sein Konzept, weil die Rodriguez-Manierismen viel mehr Affinität besitzen zu dem Filmschund der 70er; und weil er sich dessen bewusst ist, sich dafür nicht schämt, sondern lustvoll hineingreift ins untote Leben. Sich also, anders gesagt, zum pubertären Spaß bekennt und ihn effektiv inszeniert, den er ja immer wieder zelebriert hat, von From Dusk Till Dawn bis zum Spaghettiwestern-Verschnitt Irgendwann in Mexiko vor ein paar Jahren. Während Tarantino in Death Proof offenbar einerseits versucht, sich weiterzuentwickeln, weg also von den reinen Pulp Stories seiner Hoch-Zeit in den 90er; andererseits aber doch verhaftet ist im oberflächlichen Medienkonsum, der ihn geprägt hat, um den sich bei ihm alles dreht, zu sehr, um wirklich Relevantes zu erzählen, über starke Frauen zum Beispiel, die in seinem Grindhouse-Teil eben doch immer zu Emanationen der Bilder seiner feuchten Träume geraten.
Rodriguez dagegen erreicht genau das, was er erreichen wollte: Einen Höhepunkt der Zombiefilmwelle der letzten Jahre, die von böser Action im Dawn of the Dead-Remake über ernsthafte Gesellschaftskritik bei Romeros Land of the Dead oder in 28 Days Later bis zur bloßen Slapstick-Persiflage in Shawn of the Dead reichte; und nun um Rodriguez augenzwinkernden Ansatz, der nie ins Blödeln gerät, bereichert wird.
Fazit: Der zweite Grindhouse-Teil lässt sich ganz ein auf die Ebene des 70er-Jahre-Schundfilms, parodiert das Zombiegenre geschickt und ist ein Riesenspaß ganz ähnlich wie From Dusk Till Dawn.