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Poll: Episches Drama in imposanten Kinobildern, das ausgehend von der Jugend der Schriftstellerin Oda Schäfer Coming-of-Age-Drama und Historiengemälde kombiniert. Subtil, drastisch und manchmal grotesk.

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Handlung und Hintergrund

Die junge Deutsche Oda kommt zu ihrem Vater auf sein abgelegenes, ins Meer auf Stelzen gebautes Gut an der estnischen Küste. Sie teilt mit ihm das morbide Interesse für Anatomie. Die blutige Jagd der zaristischen Armee auf estnische Anarchisten wird direkt vor ihrer Haustüre ausgetragen. Als Oda einen verletzten Anarchisten entdeckt, lässt er sich widerwillig von ihr helfen und auf dem Dachstuhl verstecken. Allmählich freunden sich die beiden an.

Die junge Deutsche Oda kommt zu ihrem Vater auf sein abgelegenes, ins Meer auf Stelzen gebautes Gut an der estnischen Küste. Sie teilt mit ihm das morbide Interesse für Anatomie. Die blutige Jagd der zaristischen Armee auf estnische Anarchisten wird direkt vor ihrer Haustüre ausgetragen. Als Oda einen verletzten Anarchisten entdeckt, lässt er sich widerwillig von ihr helfen und auf dem Dachstuhl verstecken. Allmählich freunden sich die beiden an.

Junge Deutsche versteckt im Haus ihres Vater an der estnischen Küste einen Anarchisten vor der zaristischen Armee. Ungewöhnliche Coming-of-Age-Geschichte vor opulentem Historiengemälde von Chris Kraus („Vier Minuten“).

News und Stories

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Chris Kraus
Produzent
  • Alexandra Kordes,
  • Meike Kordes
Co-Produzent
  • Chris Kraus
Darsteller
  • Paula Beer,
  • Edgar Selge,
  • Jeanette Hain,
  • Richy Müller,
  • Erwin Steinhauer,
  • Gudrun Ritter,
  • Dennis Mojen,
  • Tambet Tuisk,
  • Enno Trebs,
  • Jewgenij Sitochin,
  • Susi Stach,
  • Michael Kreihsl,
  • Uma Fritze,
  • Paula Fritze,
  • Valentina Väli,
  • Juhannes Kask,
  • Indrek Kalda,
  • Jüri Saamel,
  • Nikolai Bentsler
Drehbuch
  • Chris Kraus
Musik
  • Annette Focks
Kamera
  • Daniela Knapp
Schnitt
  • Uta Schmidt
Casting
  • Nina Haun

Kritikerrezensionen

    1. "Poll", der neue Film von Chris Kraus, wurde weitgehende mit dem selben Team wie sein überwältigender Erfolg "Vier Minuten" (2006) gedreht, frei erzählt nach der wahren Geschichte einer Verwandten von ihm, der Lyrikerin Oda Schaefer.

      Oda kommt als 14jährige im Jahr 1914 nach Estland, zusammen mit dem Sarg ihrer Mutter: das ist natürlich ein doppelter Schock, der des Verlustes und der der Ankunft in einer ganz fremden Kultur, mit ganz fremden Menschen. Estland 1914: das ist ein multikultureller Raum, in dem Deutsche und Russen und Esten nebeneinandersitzen; wobei die Deutschen zarentreu sind und gute Dienste tun, indem sie die Esten, das eingesessene Volk, kräftig als eine Art Kolonialmacht unterdrücken. Und die russischen Soldaten bringen die Macht mit hinein, die Gewalt von oben, die Unterdrückung jeder rebellischen Bewegung.

      Odas Vater ist so ein deutscher Baron, er residiert in einer herrschaftlichen Villa, die ins Meer gebaut ist. Und er ist ein wunderlicher Kauz: Als geschasster Professor betreibt er in seinem Privatlaboratorium anatomische Studien an den Leichen estischer Anarchisten, die von den Russen erschossen und an ihn verkauft wurden. Das ist die Grundlage, auf der sich der dramaturgische Konflikt aufbaut: Oda findet nämlich einen verletzten Anarchisten, versteckt ihn, pflegt ihn, lernt von ihm die Grundzüge literarischen Erzählens, will ihm bei der Flucht helfen und von ihm mitgenommen werden.

      Mehr geschieht nicht. 133 Minuten lang. Viel zu lang. Denn dieser Konflikt zwischen der Herrschaftswelt des Vaters und der Romantik eines versteckten Rebellen ist viel zu dünn, es passiert wenig, das reine Coming-of-Age-Historien-Familiendrama rechtfertigt die mehr als zwei Stunden Filmzeit nicht. Denn richtige Spannung kommt nicht auf: Nie ist Oda mit ihrem Geheimnis in Gefahr, entdeckt zu werden. Lange weiß man ohnehin gar nicht, worum es eigentlich geht; und als sich dann diese leise, kleine Story herausschält, fragt man sich, ob das schon alles ist. Es ist.

      Man hätte aus dem Material viel mehr machen können; hätte mehr Suspense - die über emotionale Entfremdungen hinausgeht - einbauen können, hätte aus den einquartierten russischen Soldaten mehr machen können als reine Staffage, hätte vielleicht gar ein scharfes, pointiertes Zeitbild des Estland in den Tagen vor dem Ersten Weltkrieg zeichnen können – die vielfältigen politischen, gegnerischen, revolutionären Spannungen aus dieser Konstellation entfalten sich nie. Wenn einmal einer zum Baron sagt, nicht die Anarchisten, sondern Leute wie er seien der Grund für die kommende Revolution, bleibt das Behauptung. Der Film ergeht sich in einem Familiendrama, Politik und Historie laufen nebenher. Man hätte von Kraus, der mit "Vier Minuten" großes Erzählkino geschaffen hat, erwarten können, dass er sein Drehbuch etwas öfter überarbeitet, etwas mehr kürzt. Immerhin sieht der Film gut aus; aber Ausstattung und Kamera tragen auch nicht über zwei Stunden.

      Fazit: Vor spannendem Hintergrund – Estland am Vorabend des Ersten Weltkriegs – entfaltet sich ein Drama von gepflegter Langeweile.
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    2. Poll: Episches Drama in imposanten Kinobildern, das ausgehend von der Jugend der Schriftstellerin Oda Schäfer Coming-of-Age-Drama und Historiengemälde kombiniert. Subtil, drastisch und manchmal grotesk.

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      1. Die 14jährige Oda kommt kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs auf das abgelegene Hofgut ihres Vaters in Estland. Während sich das Familienoberhaupt immer mehr in seine medizinischen Forschungen an Toten hineinsteigert und mit den Russen sympathisiert, freundet sich Oda mit einem estnischen Anarchisten an, den sie versteckthält und dem sie helfen will. Der ganzen Familie wird klar: Nach diesem Sommer wird die Welt für alle Beteiligten eine andere sein. Chris Kraus liefert mit diesem historischen Epos ein beeindruckendes Sittengemälde rund um die Figur der Dichterin Oda Schäfer, die eine der bekanntesten Dichterinnen ihrer Zeit war. Die Kameraarbeit von Daniela Knapp ist herausragend und setzt das imposante Dekor auf eine schon fast malerische Art in Szene. Die junge Darstellerin der Oda, Paula Beer, ist eine wahre Entdeckung und spielt natürlich und mitreißend. Beigeordnete Handlungsstränge ergänzen den zentralen Konflikt rund um die Hauptfigur und werden durch eine stringent durchdachte Dramaturgie gekonnt miteinander verflochten. Eine mutig inszenierte zwischenmenschliche Tragödie von großer künstlerischer Kraft.

        Jurybegründung:

        Oda, ein junges Mädchen, begleitet den Sarg ihrer Mutter von Berlin nach Estland, wo ihr Vater lebt. Er ist Forscher, hat sich der Wissenschaft verschrieben und experimentiert in seinem Labor mit Leichen, die er den aufständischen russischen Anarchisten abkauft. Seine Frau, die ihn mit dem Gutsverwalter hintergeht, langweilt sich an seiner Seite. Die Dienerschaft verhält sich latent feindselig gegenüber den aristokratischen Gutsbesitzern und zusätzlich wird ein Regiment berittener Soldaten auf dem Gut einquartiert. In dieser Wirklichkeit muss sich Oda zurechtfinden und fühlt sich ganz und gar nicht wohl. Da scheint es für ihre Wissbegier und Neugier, ihr Vater nennt es ihren ?männlichen Geist‘, gerade recht zu kommen, dass sie im Strandhaus auf einen jungen Anarchisten trifft, der sich schwer verletzt dort versteckt hat und den sie pflegt und mit Lebensmitteln versorgt.
        Die hauptsächlich aus der Perspektive Odas erzählte, sorgfältig konstruierte Geschichte lässt das Sterben einer gesellschaftlichen Schicht deutlich werden, die in ihrer Unbeweglichkeit fremd wirkt, aber gleichzeitig die menschliche Dimension erlebbar werden lässt.
        Die Gesellschaft, die hier versammelt ist, scheint eine Endzeitstimmung zu verkörpern. Auch die junge Oda befindet sich, durch den Tod ihrer Mutter und die fremde, fast feindselige Atmosphäre, in der sie nun lebt, in ständiger Anspannung, aber gleichermaßen auch in Melancholie. Diese widersprüchliche Haltung wird von der junge Schauspielerin Paula Beer perfekt verkörpert. In ihrer glaubwürdigen Darstellung finden sich analytische Neugier, aber auch die naive Radikalität einer Vierzehnjährigen ebenso wie schwärmerische Hingabe und Koketterie.
        Kamera und Schnitt arbeiten subtil genug, jeder Szene ihr Geheimnis zu lassen. Es entsteht der Bilderbogen einer fernen, fremden, untergehenden Epoche überaus glaubwürdig, dabei distanziert in der Betrachtung der Situation, dennoch opulent, farbig und tragisch. Die Inszenierung präsentiert eine große Geschichte, niemals kitschig, mit großem, dem Anlass angemessenem Pathos. ?Besser kann man Tragik nicht inszenieren? darin war sich die Jury in der Mehrheit einig. Der Schnitt trägt dazu bei, dass anrührende, poetische Momente entstehen. Das Pathos das die Epoche prägte, wird spürbar, ohne dem Film eine politische Färbung zu geben. Als großer Ausstattungsfilm zeigt er ein production value, das nur selten bei einer Produktion dieser Größenordnung erreicht wird. Die Nebenstränge der Handlung sind gut eingebunden und machen die Beziehungen zwischen den Personen deutlich.
        Die Jury war sich überwiegend darin einig, dass hier ein großes Sittengemälde entstanden ist, das die Verhältnisse der damaligen Epoche in ihrer Tragik mit angemessen künstlerischen Mitteln darstellt. Der Einwand, dass die Liebesgeschichte nicht emotional eindeutiger inszeniert wurde, schränkt die Qualität des Films nicht ein, sondern kann auch als Stärke gesehen werden.
        Daher sprach sich die Jury für das Prädikat besonders wertvoll aus.

        Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
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