Er ist ein Agent und reist durch die Zeit. Er ist bekannt dafür, alle Verbrecher aus dem Weg zu räumen, bevor sie ihre Pläne in die Tat umsetzen können. Doch der sogenannte „Fizzle Bomber“ scheint ihm immer einen Schritt voraus zu sein. Jedes Mal kommt der Agent zu spät. Er kann seinen Boss überzeugen, noch einmal zurückzureisen, in das Jahr 1975, bevor der Bomber zuschlägt. Er will warten und arbeitet in einer Kneipe als Barkeeper. Als eines Tages jemand die Kneipe betritt und ihm eine Geschichte verspricht, die er noch nie gehört hat, glaubt er kein Wort. Denn er hat schon alles gesehen, gehört, erlebt. Glaubt er. Schon von Beginn an weist PREDESTINATION der australischen Brüder Michael und Peter Spierig ein ungeheuer schnelles Tempo auf. Der Science-Fiction-Thriller steigt direkt ein in die abenteuerliche Geschichte eines zeitreisenden Agenten. Dabei werden seine persönlichen oder beruflichen Hintergründe kaum aufgedeckt, erklärt oder beschrieben. Umso spannender ist es, ihn bei seinen Unternehmungen zu begleiten. Ethan Hawke spielt den Agenten stoisch, zurückhaltend und doch entschlossen. Ihm gegenüber agiert Sarah Snook als „die unverheiratete Mutter“, als die sie sich selbst bezeichnet, so facettenreich, dass man von ihrer Wandelbarkeit nur fasziniert sein kann. Das Drehbuch ist so komplex und vielschichtig, dass jeder einzelne Dialog, jede einzelne Szene, eine neue Wendung herbeiführt. Immer enger schnürt sich die Handlung rund um die beiden Hauptfiguren, deren Verbindung erst zum Schluss offenbart wird und die für einen furiosen und bewegenden Schlussakkord sorgt. Die Musik treibt die Spannung zusätzlich an, Setting, Ausleuchtung, Kostüm und Maske sind makellos herausgearbeitet. Vor allem das Set-Design und die Kamera-Arbeit stechen hier heraus. Den Spierigs gelingt Genre-Kino in bester Manier und Tradition. PREDESTINATION ist ein Thriller, der fesselt, überrascht und über alle Maße begeistert.
Jurybegründung:
Vorherbestimmung - gibt es sie, wenn man in die Vergangenheit reisen und sie verändern kann? Im Science-Fiction Genre sind Geschichten von Zeitreisen schon seit den Zeiten von H.G. Wells sehr beliebt. Und wenn man das Konzept einer Reise in die Vergangenheit halbwegs logisch durchdenkt, stößt man unvermeidlich auf Paradoxien, die dadurch entstehen, dass eine Veränderung in der Vergangenheit Konsequenzen in der Gegenwart nach sich zieht. In dem australischen Thriller PREDESTINATION wird dieses Problem so radikal zu ende gedacht wie nur selten davor. Ein Agent reist darin durch die Zeit, um Verbrechen zu verhindern, bevor sie begangen werden. Sein wichtigster Auftrag besteht darin, den Anschlag des sogenannten „Fizzle Bomber“ zu verhindern, dem im New York der 70er Jahre Tausende zum Opfer fielen. Im Laufe mehrerer dieser Sprünge in die Vergangenheit begegnet der Agent sich selber in verschiedenen Lebensphasen und manipuliert seine eigene Lebenslinie auf ganz entscheidende Weise. Erzählt wird dies alles in der Form eines Zweipersonenstücks. Die Erzähl- und Zeitstränge wurden von den Brüdern Michael und Peter Spierig sehr geschickt und spannend verwirrt. Dabei inszenieren sie rasant, aber so klar, dass der Zuschauer zwar aufpassen muss, jedoch der Handlung immer gut folgen kann. Ethan Hawke spielt den Agenten ganz in der Tradition der lakonisch, stoischen Helden des film noir, und dass er in seiner Rolle wie im wirklichen Leben schließlich zu einem Schriftsteller wird, gehört zu den vielen ironischen Anspielungen, mit denen der Film gespickt ist. Die Newcomerin Sarah Snook hat die schwierige Aufgabe, eine Zeitlang ein entscheidendes Merkmal ihrer Figur zu verbergen, und dies gelingt ihr überzeugend. Die Spierig Brüder erzählen sehr ökonomisch. Die Zeitmaschine ist nicht mehr als ein Koffer, auf dessen Zahlenschloss jeweils die Zielzeit eingestellt wird. Die „Gegenwart“ der Erzählung wird minimalistisch mit ein paar fast leeren Räumen gestaltet und Sequenzen aus den 1960er und 1970er Jahren sind in einem eigenartigen retro-futuristischen Stil ausgestattet. Denn PREDESTINATION ist die Adaption einer Kurzgeschichte, die Robert Heinlein im Jahr 1960 schrieb, als die späten 1960er und 1970er noch die Zukunft waren. Auch im Film wird so auf die Vergangenheit gesehen, als wäre sie die Zukunft, und dadurch entstehen merkwürdige Brechungen, die stilistisch dem inhaltlichen Konzept des Films entsprechen. Zeitgenössisch ist dagegen der politische Subtext, denn PREDESTINATION lässt sich auch als eine Parabel lesen, in der davor gewarnt wird, dass Geheimdienste ohne jede Kontrolle die Leben von Menschen manipulieren und Böse tun, weil sie glauben, dadurch noch Schlimmeres in der Zukunft zu vermeiden.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)