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„Ready Player One“-Kritik: Spielberg-Kracher ohne Spielberg-Flair

„Ready Player One“-Kritik: Spielberg-Kracher ohne Spielberg-Flair

Wenn einer der bekanntesten Regisseure aller Zeiten einen kultisch verehrten Bestseller verfilmt, dann kann daraus nur ein moderner Klassiker entstehen, oder? Die Erwartungen an „Ready Player One“ sind sehr hoch. Leider wird ihnen der Film nicht durchgehend gerecht. (Achtung: Spoiler!)

„Ready Player One“ — Trailer

Der König ist zurück — fast

Kaum ein Filmemacher hat die Filmlandschaft der 1980er so stark geprägt wie Steven Spielberg. In nahezu jedem Blockbuster dieses Jahrzehnts hatte er als Regisseur, Autor oder Produzent seine fähigen Finger im Spiel. Dass nun eine Ikone jener Zeit den Roman „Ready Player One“ verfilmt, der eine nerdige Hymne an die Popkultur der Achtziger Jahre ist, kann man durchaus als Geniestreich bezeichnen. Und Spielberg, der in den letzten Jahren eher mit ruhigen und anspruchsvollen Stoffen von sich reden gemacht hat, beweist mit seinem neuesten Werk mühelos, dass er auch mit 71 Jahren noch bombastisches Popcorn-Kino beherrscht.

Ready Player One“ rumst und kracht an allen Ecken, die sympathischen Gags und unzähligen Anspielungen unterhalten bestens und die bombastischen Effekte ziehen den Zuschauer sofort in ihren Bann. Obwohl der Film zu achtzig Prozent in einer digitalen Welt spielt, fühlt er sich dank der realistisch animierten Figuren niemals künstlich oder kühl an. Außerdem weiß Spielberg mit der Technik umzugehen und inszeniert viele Sequenzen geradezu schwindelerregend rasant. In Verbindung mit der 3D-Technik kann man tatsächlich von einer wahren Achterbahnfahrt sprechen. So muss modernes Blockbuster-Kino aussehen! Inhaltlich hinkt der Film dem Spektakel allerdings etwas hinterher. Und das, obwohl sogar Buchautor Ernest Cline am Skript mitgeschrieben hat.

Flucht in heile Welten

Im Jahr 2045 ist die Erde durch den Raubtierkapitalismus der Großkonzerne bis zur Unkenntlichkeit ausgebeutet worden, weshalb der überwiegende Teil der Menschheit in großer Armut lebt. In Amerika wohnt ein Großteil der Bevölkerung in provisorischen Trailern, die aufgrund von Platzmangel zu sogenannten „Stacks“ aufeinandergestapelt wurden. In so einem trostlosen Slum ist auch der Jugendliche Wade Watts (Tye Sheridan) aufgewachsen, der nach dem Tod seiner Mutter bei seiner Tante Alice wohnt.

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Wie so viele seiner Mitbürger flüchtet er sich in eine virtuelle Welt namens OASIS, die einst von dem genialen Programmierer James Donovan Halliday (Mark Rylance) erfunden wurde. Dort kann jeder aussehen wie er möchte und alles tun, was er will. Dazu braucht es nur eine Daten-Brille und einen Daten-Handschuh. Wer es sich leisten kann, legt sich gleich einen ganzen Anzug zu, der Schüsse oder Schläge simuliert. Stirbt man online, geht die aktuelle Beute und Ausrüstung verloren, Konsequenzen in der Realität hat dies aber nicht.

Als Halliday eines Tages stirbt, hinterlässt er allen Spielern eine Videonachricht. Darin erklärt er, dass er drei Easter Eggs in Form von Schlüsseln in der Welt von OASIS versteckt hat. Wer alle drei findet, der erbt die virtuelle Welt, den Spielekonzern und Hallidays Privatvermögen. Wade, der in der virtuellen Realität als Parzival unterwegs ist, macht sich wie viele andere Spieler sofort auf die Suche nach den Schlüsseln, doch ohne Erfolg. Schon die erste Prüfung ist ein von Halliday programmiertes Rennen (siehe Trailer), das man unmöglich gewinnen kann.

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Auch Parzivals virtuelle Mitstreiter Aech (Lena Waithe), die mysteriöse Art3mis (Olivia Cooke) und die Japaner Shoto (Philip Zhao) und Daito (Win Morisaki) scheitern regelmäßig an der Prüfung. Die Zeit drängt, denn nicht nur Milliarden von Mitspielern sitzen den Freunden im Nacken, sondern vor allem der Großkonzern IOI unter der Leitung des rücksichtslosen Nolan Sorrento (Ben Mendelsohn). Sollte der Konzern alle Schlüssel finden, dann wird OASIS bis zur Unkenntlichkeit umgebaut und nie wieder der paradiesische Ort sein, der er jetzt ist.

„Ready Player One“ FSK Welche Altersfreigabe hat der Film?

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Style over substance

Wer das Buch gelesen hat, dem wird bei der Inhaltsbeschreibung schon eine Veränderung aufgefallen sein. Ein Autorennen existiert dort nicht und schon gar nicht als erste Prüfung. Tatsächlich wurde bei „Ready Player One“ inhaltlich recht viel verändert, was an sich vollkommen in Ordnung geht. Im Buch funktioniert es hervorragend, wenn beschrieben wird, wie Parzival an einem Spiel-Automaten die perfekte Punktzahl erreichen muss und sich durch die Level kämpft. Auf der großen Leinwand macht solch eine Szene dagegen keinen Sinn. Dennoch hätten die Drehbuchautoren ihre Änderungen an einigen Stellen etwas mehr im Sinne der Buchvorlage halten können. Programmierer James Halliday war ein eigenbrötlerischer Nerd, der mit den Filmen, der Musik und den Videospielen der 80er Jahre aufgewachsen ist. Weil sein potentieller Nachfolger genau so ein Leben geführt haben muss, drehen sich im Buch sämtliche Prüfungen um außerordentliches Nerd-Wissen aus dieser Zeit.

Ein krawalliges Autorennen mit Abrissbirnen und Dinosauriern passt aber nicht zu Halliday, denn es hat rein gar nichts mit seinem introvertierten Charakter zu tun. Eine Hommage an einen bekannten Spieleklassiker wie „Pac Man“ oder „Missile Command“ wäre hier angebrachter gewesen. Auch bei der recht profanen Lösung der Prüfung wird klar, dass der Film hauptsächlich das Mainstream-Publikum ansprechen will und lieber auf Schauwerte als auf Werkstreue setzt. Das hat zur Folge, dass der Geist der Vorlage im wahrsten Sinne des Wortes in den Hintergrund rückt. Nun huscht Mal ein Gremlin oder Batman durchs Bild und an einer Wand hängt ein Poster von „Dungeons and Dragons“. Damit wird der „Ready Player One“-Film wahrscheinlich vielen Fans der Vorlage vor den Kopf stoßen, denn das Buch ist nun Mal so etwas wie die ultimative Nerdbibel. Unser Rat deshalb: Vergesst das Buch und genießt die Show. Sonst ärgert ihr euch nur.

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Schwerer wiegt allerdings, dass der Film bei der Komplexität der Figuren Abstriche macht. Wade ist im Buch eine viel tragischere Figur, denn dort wuchs er als vernachlässigtes und misshandeltes Kind auf. Er hatte nichts weiter als die OASIS und erwarb sein gesamtes Wissen ausschließlich dort. Deshalb ist sein Bezug zu Halliday und dessen virtueller Welt extrem stark. Auch Art3mis, Aech, Shoto und Daito leiden sehr stark unter ihren realen Problemen und die OASIS ist für sie wichtiger, als alles andere. Diese Tragik macht die Charaktere zu starken Identifikationsfiguren und ihren Kampf gegen das Böse in Form von IOI sehr intensiv und mitreißend.

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Der Film findet trotz seiner Laufzeit von 150 Minuten dagegen kaum Zeit, seine Hauptfiguren zu vertiefen und bleibt viel mehr an der Oberfläche. Weil der Zuschauer nichts vom starken Bezug der Figuren zur OASIS und Halliday erfährt, wird nie so ganz klar, warum ausgerechnet diese fünf Spieler besser sind, als der Rest der Welt. Viel störender ist jedoch, dass sich durch die erzählerische Oberflächlichkeit weniger Bezug zu den Figuren aufbaut und das Geschehen auf der Leinwand deutlich weniger mitreißen kann. Nun sieht man eine Handvoll Figuren beim Kampf gegen eine Übermacht zu, wie man es schon tausend Mal zuvor gesehen hat. Hier wurde viel Potential verschenkt.

Natürlich ist fehlender Tiefgang ein ganz typisches Merkmal eines Blockbusters, doch im Fall von „Ready Player One“ fällt dieser Makel besonders schwer ins Gewicht. Schließlich handelt es sich hierbei um einen Steven Spielberg-Film und da darf so etwas eigentlich nicht passieren. Spielbergs Blockbuster sind deshalb zeitlose Klassiker, weil sie neben all ihren Schauwerten auch immer die Figuren in den Mittelpunkt stellen. Dieser sehr menschliche Aspekt seiner Werke hat dafür gesorgt, dass „Poltergeist“ so viel mehr ist als ein einfacher Spukfilm und „Der weiße Hai“ auch nach 43 Jahren noch vollends überzeugt. In „Ready Player One“ fehlt aber dieser menschliche Aspekt, weshalb Spielbergs neuester Film leider nicht aus der Masse der zahllosen Blockbuster herausstechen kann.

Fazit:

Wer Lust auf perfektes Popcorn-Kino hat, der wird mit „Ready Player One“ glücklich. Der Film ist rasant, actionreich, witzig, sympathisch, hat viele gute Ideen (die zweite Prüfung!), einen komödiantisch großartigen T. J. Miller (i-R0k) und sieht einfach fantastisch aus. Der ganze Film atmet dank passendem Soundtrack und unzähliger Easter Eggs den kultigen Geist der Achtziger. Als Buchverfilmung funktioniert der Film aber nur bedingt, da er sich sehr viele Freiheiten nimmt, die nicht durchgehend im Geiste der Vorlage sind. Auch den typischen Spielberg-Faktor sucht man leider vergebens. Damit ist „Ready Player One“ ein sehr unterhaltsamer Blockbuster, ein zeitloser Klassiker ist der Film aber nicht.

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