In der kultverdächtigen Horrorkomödie will sich Dracula-Diener Renfield aus seiner toxischen Beziehung befreien. Jetzt gibt es den Film endlich im Streamingabo.
Ein Dracula-Film der ganz anderen Art: Mit „Renfield“ erhält die lange Reihe der filmischen Hommagen an den wohl berühmtesten Vampir der Welt einen mehr als würdigen weiteren Eintrag mit völlig neuem Twist. Nicolas Cage schlüpft in die langersehnte Rolle des Fürsten der Finsternis. Dabei ist jedoch nicht Dracula selbst die Hauptfigur, sondern sein Handlanger R.M. Renfield (Nicholas Hoult), der es nach Jahrzehnten der Knechtschaft leid ist, seinem bösartigen Boss zu dienen und sich aufgrund von Gewissensbissen einer Selbsthilfegruppe für toxische Beziehungen anschließt. Als Renfield unerwartet das Leben der Verkehrspolizistin Rebecca (Awkwafina) rettet und sich verliebt, beschließt er, sich endgültig aus den Fängen seines Meisters zu befreien. Doch ein neues Leben anzufangen, ist gar nicht so leicht wie gedacht – vor allem, wenn einen der narzisstische Boss einfach nicht in Frieden lassen will…
Am 25. Mai 2023 startete „Renfield“ in den deutschen Kinos. Falls ihr einen Kinobesuch versäumt habt, könnt ihr euch den irrwitzigen Film ab dem 1. Januar 2024 im Streamingabo bei Sky und WOW ansehen. Falls ihr noch kein Abo habt, könnt ihr euch Sky inklusive Netflix zum Sparpreis holen. Alternativ könnt ihr „Renfield“ als digitale Version bei Prime Video oder bei Amazon auf DVD und Blu-ray kaufen.
In unserer folgenden, spoilerfreien Kritik verraten wir, warum sich diese andersartige Dracula-Verfilmung lohnt. Im offiziellen Trailer könnt ihr euch selbst einen ersten Eindruck von der skurrilen Horrorkomödie machen:
Désirée: „Renfield“ ist so schlecht, dass er schon wieder gut ist – und zwar so richtig
Trash-Ikone Nicolas Cage als Graf Dracula in einer völlig überdrehten, neonbunten Horrorkomödie? Sobald ich den Trailer gesehen hatte, war klar: Das muss ich mir ansehen. Klar war auch: Das könnte wahnsinnig schlecht werden. Doch Überraschung: Ist es tatsächlich überhaupt nicht. Oder besser gesagt: „Renfield“ ist so schlecht, dass er schon wieder gut ist. Und zwar richtig, richtig gut.
Zu einem großen Teil liegt das an Nicholas Hoults Performance. Dabei ist Renfield als „Familiar“ des Vampirfürsten, der ihn permanent mit Frischfleisch und allen weiteren „Annehmlichkeiten“ versorgt, eigentlich eine zutiefst verabscheuungswürdige Kreatur. Doch statt, wie beispielsweise Tom Waits‘ Version von Renfield in Coppolas „Bram Stoker’s Dracula“, seinem Herrn bedingungslos untergeben zu sein, hadert Hoults Renfield stark mit seinem Schicksal und wird von Gewissensbissen geplagt.
Als ernstere Version ist Coppolas „Dracula“ unübertroffen und lohnt sich auf jeden Fall als Kontrast:
Dadurch kommt man nicht umhin, mit Hoults Version des Vampir-Sklaven widerwillig mitzufühlen. Zu niedlich und tragikomisch ist es einfach, wenn er zaghaft versucht, sich seine Freiheit zu erkämpfen und dabei sein frisch gemietetes Apartment im völligen Kontrast zur gewohnten Dracula-Düsternis in knallbunten Quietsch-Sonnen-Farben einrichtet. Oder wenn er schüchtern seinen Schwarm Rebecca (auch super: Awkwafina) zum Essen einlädt, nur um direkt feststellen zu müssen, dass er dem Fürsten der Finsternis so einfach doch nicht entkommen wird…
Der schlaue Schachzug, die Beziehung zwischen Dracula und Renfield in den aktuellen Diskurs zu toxischen beziehungsweise missbräuchlichen Beziehungen einzubetten, sorgt für eine nette Meta-Ebene und eine Menge absurde Gags. Die zünden fast ausnahmslos, genauso wie die vollkommen wahnwitzigen Gewaltdarstellungen. Dass das Blut hier nur so spritzt, ist eigentlich eine absolute Untertreibung, wodurch das Ganze nicht mehr brutal, sondern nur noch zum Schlapplachen ist. Bei der Pressevorführung johlte der gesamte Saal und ich habe ungelogen Tränen gelacht. Wir wollen hier nicht zu viel verraten, und eigentlich kann man das auch gar nicht wirklich beschreiben – das muss man gesehen haben.
Aber klar, der wahre „Star“ des Films ist immer noch Nicolas Cage als Dracula. Tatsächlich steht er gar nicht so sehr im Fokus, aber in den Szenen, in denen er vorkommt, stiehlt er natürlich allen die Show. Eigentlich sowieso ein Wunder, dass Nicolas Cage bisher noch nie einen Vampir gespielt hat, scheint er für diese Rolle doch geradezu prädestiniert zu sein. Also zumindest keinen „echten“; „Vampire’s Kiss“ (über Amazon erhältlich) lassen wir jetzt mal außen vor.
Dafür darf er jetzt als legendärster Blutsauger von allen so richtig die Sau rauslassen, und das passt in diesem Fall perfekt: Während sein berüchtigtes Over-Acting Cage in den letzten Jahren eher den Ruf als Trash-Garant eingebracht hat, funktioniert es in dieser erbarmungslos „campy“ Horrorkomödie, die sich selbst zum Glück kein bisschen ernst nimmt, ganz wunderbar. Ja, der Film ist total trashig – aber eben die Art von Trash, die wahnsinnig viel Spaß macht.
Celina: Genau das, was ich mir von einer Horrorkomödie wünsche
Genau wie Désirée habe ich mich nach dem Trailer schon richtig auf „Renfield“ gefreut. Klassische Horrorfilme sind mir oft zu gruselig, aber Horrorkomödien liebe ich einfach. Genau wie Nicholas Hoult, der mir mit seiner kauzig-sympathischen Art schon als gutherziger Zombie in „Warm Bodies“ (ebenfalls eine sehr empfehlenswerte Horrorkomödie, bei Prime Video leihen oder kaufen) ans Herz gewachsen ist. Als Renfield überzeugt mich Hoult, der perfekt in die Rolle des von Gewissensbissen geplagten und Anschluss in einer Selbsthilfegruppe für toxische Beziehungen suchenden Handlangers Draculas passt, fast sogar noch mehr. Auch die Dynamik zwischen seiner Figur und Awkwafinas Rolle der aufstrebenden Polizistin mit ausgeprägten Gerechtigkeitssinn Rebecca, zwischen denen sich eine sehr unkonventionelle Romanze anbahnt, funktioniert sehr gut und ist entsprechend unterhaltsam.
Außerdem gefiel mir bei „Renfield“ die Prämisse eines Dracula-Films, in dem der berühmte Vampirfürst gar nicht die Hauptrolle spielt. Nicolas Cage ist wie geschaffen für diese ironische Verkörperung des Dracula. Obwohl der Hollywoodstar, wie der Filmtitel schon verdeutlicht, gar nicht im Mittelpunkt der Geschichte steht, ist Cage jedes Mal, wenn er als manipulativer Meister des Bösen auf der Bildfläche erscheint, zweifellos ein Scene-Stealer. Man merkt seiner Darbietung an, dass Nicolas Cage sich wirklich auf die Rolle als Dracula in „Renfield“ gefreut hat.
Vor dem Kinobesuch rechnete ich damit, dass der Film entweder sehr trashig oder richtig kultig werden könnte – am Ende war „Renfield“ irgendwie beides, aber vor allem irrsinnig unterhaltsam. Nicht umsonst hat, wie Désirée bereits erwähnte, der ganze Saal Tränen gelacht. Natürlich sind der Humor und die Action mit bizarr-blutigen Sequenzen teilweise sehr abgedroschen, doch gleichzeitig kann der Film mit originellen Ansätzen (wie Renfields Selbsthilfegruppe) und bösartig-cleverem Humor punkten und vereinzelt sogar überraschen. „Renfield“ persifliert typische Horrorklischees, spielt geschickt mit bestehenden Vampir- und Dracula-Mythen. Trotz vereinzelter Schwächen in der Mafia-Nebenhandlung ist der Film die perfekte Mischung aus Trash und Kult und vermeidet genau das, was Horrorkomödien auf keinen Fall tun sollten – nämlich sich selbst zu ernst zu nehmen.
Falls ihr es noch nicht getan habt, solltet ihr euch also auf jeden Fall selbst ein Bild von „Renfield“ machen. Wer Nicolas Cage, Nicholas Hoult, schräge Vampirfilme und/oder Horrorkomödien mit überzogenem Humor zu schätzen weiß, wird sicherlich gut unterhalten.
In unserem Test könnt ihr herausfinden, mit welchem kultigen Vampircharakter ihr seelenverwandt seid: