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Requiem: Anfang der 70er Jahre. Die junge Michaela Klingler verlässt ihr streng katholisches Elternhaus, um ein Studium zu beginnen. Glücklich genießt sie die ersten Schritte in der neuen Freiheit. Doch Michaela wird von ihrer Vergangenheit eingeholt: Sie hat immer öfter mit Wahnvorstellungen zu kämpfen, hört Stimmen und glaubt, von Dämonen besessen zu sein. Schließlich begibt sich Michaela in die Obhut eines jungen Priesters...

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Handlung und Hintergrund

Baden-Württemberg in den frühen 70er Jahren: Frisch der Enge des erzkatholischen Elternhauses und Heimatdorfes entwichen, beginnt die junge Michaela (Sandra Hüller) ein Studium in Tübingen. Dort erleidet sie bald geheimnisvolle Anfälle und glaubt, Stimmen aus ihrem Innern zu vernehmen. Epilepsie, sagt der Schulmediziner. Satanische Besessenheit, spekulieren Pfarrer und Eltern. Ein Exorzismus soll helfen. Tut er aber nicht.

Nach „Der Exorzismus von Emily Rose“ nun die deutsche Variante des gleichen Themas. Hans-Christian Schmid („Crazy„) inszenierte.

Ein Nest in der schwäbischen Provinz. Die 21-jährige Michaela verlässt ihr streng katholisches Elternhaus, um in Tübingen zu studieren. Sofort beginnt sie ihre neu gewonnene Freiheit in vollen Zügen zu genießen und findet schnell Freunde. Doch obwohl sich Michaela unter ärztlicher Aufsicht befindet, wird sie immer wieder von epileptischen Anfällen und Wahnvorstellungen heimgesucht. Weil sie sich zudem von Dämonen besessen fühlt, vertraut sich die Studentin einem jungen Priester an, der schließlich einen Exorzismus vorschlägt.

News und Stories

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Hans-Christian Schmid
Produzent
  • Uli Putz
Darsteller
  • Sandra Hüller,
  • Burghart Klaußner,
  • Imogen Kogge,
  • Friederike Adolph,
  • Anna Blomeier,
  • Nicholas Reinke,
  • Jens Harzer,
  • Walter Schmidinger,
  • Irene Kugler,
  • Eva Löbau,
  • Johann Adam Oest
Drehbuch
  • Bernd Lange
Kamera
  • Bogumil Godfrejow
Schnitt
  • Bernd Schlegel,
  • Hansjörg Weißbrich
Casting
  • Simone Bär

Kritikerrezensionen

    1. Regisseur Hans-Christian Schmid gelingt die schwierige Gratwanderung, das Schicksal einer psychisch kranken jungen Frau auf der Basis einer wahren Begebenheit nachzuzeichnen - ohne sich effekthascherisch dem Thema zu nähern. Er verzichtet auf platte Anklagen, lenkt inszenatorisch geradezu meisterlich und ohne jeden Anflug von Voyeurismus den Blick auf ein ungeheuerliches Geschehen, das jüngst nur mit dem Akt des Kannibalismus zu Rotenburg eine vergleichbare Dimension von Unmenschlichkeit erfahren hat.
      „Wir sind Papst!“ erhält in „Requiem“ eine dunkle Bedeutung. Die Wurzeln und die Folgen blindverstandener Religiosität und das konservative Sediment der Provinz werden in „Requiem“ auf eine höchstinteressante, erzählerisch elegante Weise ausgeleuchtet. Auch wer sagt, dieses Thema interessiert mich nicht, erhält hier einen filmischen Mehrwert, der ohne Übertreibung mit „Meisterwerk“ zu umschreiben ist.

      Beklemmend und atmosphärisch dicht wird hier eine Geschichte aufgeblättert, der man sich nicht entziehen kann und der man ebenso ratlos, wie betroffen gegenüber steht. Alle gängigen Regeln der Gesellschaft, mit Krankheit umzugehen, scheinen ausgehebelt.

      Der bei aller Bildschönheit dokumentarisch anmutende Charakter des Films, die realistischen Darstellerleistungen des staunenswerten Ensembles und eine geschickt aufgebaute Dramaturgie des Films lassen den Zuschauer aus dieser Ausweglosigkeit zu keiner Sekunde entrinnen und zwingen dazu, Anteil zu nehmen an einem Schicksal, so geschehen direkt vor unserer Haustür - oder gar in unserem eigenen Haus?

      Die streng gläubige Studentin Michaela verlässt gegen den Widerstand ihrer Mutter ihr Dorf und die Enge des elterlichen Hauses, um in Tübingen zu studieren. Der Boden unter ihr ist schwankend, sie kann sich selbst nicht ganz vertrauen, eine nicht ganz klassifizierbare Krankheit lauert, schwächt mit Rückfällen und bedroht die Zukunft. Kein Arzt und keine Wissenschaft kann helfen, die Zuflucht im Gebet und im Glauben wird zunehmend zu einer furchtbaren Falle. In diesen epileptischen Anfällen kristallisiert sich immer deutlicher ein Bezug zu ihrer religiösen Identifikation, die sich schließlich immer mehr ins pure Gegenteil verkehrt. Da leidet jemand schrecklich, ja märtyrerhaft an seinem Glauben - und wird dabei von ihm wie von einer Flamme verzehrt.

      Traumhaft geschickt gelingt es Regisseur Hans-Christian Schmid in einer einzigen Einstellung während des Weihnachtsgottesdienstes, die Verwirrung der jungen Frau sinnhaft zu inszenieren, die sich beim Anblick der Kirchenlieder singenden Mutter in derartiges Unwohlsein steigert, bis sie es nicht mehr aushält, die Kirche verlassen muss und zuhause zusammenbricht.

      In einer anderen Szene kollabiert sie mit dem von der Mutter geschenkten Rosenkranz in der Hand und zerreißt ihn schließlich in aufbäumender Gewalt. Zu den beklemmendsten Momenten des Films gehört die Szene, in der Michaela ihrem Freund zeigt, was in ihr vorgeht, wenn sie versucht, das Kruzifix an der Wand ihres Zimmers zu berühren. Wie sie sich windet, die Finger sich verbiegen, der Körper sich weigert, dem eigenen Willen zu gehorchen, fast einen neuen Anfall provozierend. Dabei handelt es sich um eine schauspielerische Glanzleistung, die real vor unseren Augen stattfindet, und nicht einem CGI-Generator in Hollywood entsprungen ist.

      Anfallartig bäumt sich alles in Michaela auf, wenn religiöse Symbole oder kirchliche Würdenträger nur in ihre Nähe kommen. Von Dämonen sei ihr Leib besetzt, ein klarer Fall für selbsternannte Exorzisten, die offensichtlich mit Rückendeckung der Amtskirche handeln. Dieser Exorzismus, der im wesentlichen darauf beruht, die Patientin so lange mit Gebeten und religiösen Symbolen zu penetrieren, bis sie sich in Wahnvorstellungen ergeht und physisch wie psychisch an den Rand des Erschöpfung und darüber hinaus aufbegehrt, führt nach wochenlangen, grausamen Teufelsaustreibungsversuchen schließlich zu Michaelas Erschöpfungstod. Der Film zeigt das nicht, blendet lange vorher ab.

      Nur schwer lässt sich das Geschehen erklären, auch wenn das Versagen der eiskalten Mutter, die anscheinend ihre ganze Liebe und Wärme nur für die Religion, ihren Gott und Jesus Christus übrig hat und nichts davon für ihre kranke Tochter, eine Angriffsfläche zu bieten scheint. Erst als die Tochter wieder zu Hause ist und der Reigen der unmenschlichen Teufelsaustreibungen beginnt, scheint sie wieder etwas Positives ihrer Tochter gegenüber zu empfinden. Unklar bleibt, ob es sich um aufkeimende Mutterliebe handelt oder etwa um die Freude einer Inquisitorin bei der Auslieferung einer vermeintlichen Hexe an den Scheiterhaufen.

      Diese Ambivalenzen, dieses nicht Gesagte, bestimmen den Film, öffnen auch im Zuschauer innere, lange nicht betretene Kammern. Gar manche Erinnerung an ein altes Trauma, an eine Kindheit im religiösen Milieu mag da in manchen Zuschauern aufsteigen. Aber auch jenseits eigener Erfahrungswerte ist „Requiem“ einer jener Filme, eines jener Meisterwerke, von denen jede innere Stimme nur sagen kann: Ja, das ist wahr!

      Eine sensationell spielende Sandra Hüller und auch die schauspielerische Leistung der anderen Darsteller sind Ausdruck einer selten so geglückten Besetzung. Die Dramaturgie einer behutsamen Einführung in die Krankheitsgeschichte, die zunächst fast wie nebensächlich wirkt, in Verbindung mit der perfekten Ausstattung der frühen 70er Jahre ziehen den Betrachter schnell in das Geschehen in der Studentenstadt Tübingen hinein. Kein Zweifel, warum die Jugendlichen zu dieser Zeit möglichst schnell das enge, heimische Elternhaus gegen eine Studentenbude vertauschten.

      Die behutsame Heranführung an die Geschichte der unauffälligen, aber psychisch kranken Studentin macht es erst möglich, sich dieser gewaltigen menschlichen Katastrophe auszusetzen, die Hoffnung lässt, solange die Freunde bei Ihr sind, ihr Halt geben, oder der Vater, der die bedrohliche Macht der Mutter bremst und für Verständnis wirbt. Gleiches gilt für den gutmütigen, etwas unbeholfenen, älteren Dorfpriester, der seinen jungen, forschen Kollegen erst zögerlich, dann aber doch bei den Teufelsaustreibungshandlungen in seiner oder unser aller Hilflosigkeit gewähren lässt. Die Patientin selbst ist es, die jede Hoffnung auf ein glückliches Ende nimmt. Als ihre Kommilitonin und Freundin sie herausholen will aus diesem - buchstäblichen - Teufelskreis, hat sie sich schon längst ihren Dämonen, beziehungsweise ihrer Mutter und dem Jungpriester ergeben.

      Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
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