Return to Dust: Berührendes Chinesisches Drama über zwei Außenseiter, die sich in ihrer arrangierten Ehe unverhofft näher kommen und einen gemeinsamen Raum der Akzeptanz schaffen.
Li Ruijun, der 2015 „River Road“ in der Generation der Berlinale präsentierte, kann sich mit „Yin Ru Chen Yan“ („Return to Dust“) erzählt in seinem Wettbewerbsbeitrag von 2022 im Grunde eine überraschende Liebesgeschichte und weist auf eklatante politische Missstände im Turbokapitalismus‘ Chinas hin. Er behält seine zwei Hauptfiguren immer im Fokus. Was als harsches Sozialdrama beginnt, wird zu einer ergreifenden, erfüllenden Liebesgeschichte und Ode an das urtümliche bäuerliche Leben. Beim gemeinsamen Essen wird beschlossen, dass der schweigsame Ma und die leicht behinderte Guiying heiraten sollen, die beide schon älter sind. Beim Hochzeitsfoto sehen sie sich noch nicht einmal richtig an, in der ersten Nacht in Mas Hütte wechseln sie kein einziges Wort. Doch langsam nähern sie sich an, mit kleinen, einfachen Gesten der Fürsorge.
Ma bestellt ein paar Felder, hat einen Esel für kleine Transporte und um die Egge zu ziehen, und lebt in einem Haus, das vom Besitzer vor Jahren verlassen wurde. Als der zurückkommt, um es abreißen zu lassen, weil es dafür Geld vom Staat gibt, muss sich das Paar eine andere Bleibe suchen. Sie tun es ohne zu murren und beginnen, sich gemeinsam ein eigenes Haus aus Lehm zu bauen.
Das Drama, das auch humorvolle Momente hat, zeigt in ruhigen Einstellungen, wie hart ihre tägliche Arbeit ist, wie bitterarm die beiden sind, wie sehr Ma ausgenutzt wird, zum Blutspenden für den Landbesitzer, der die Bauern nicht bezahlt, und von seiner Familie, und dabei nie eine Gegenleistung verlangt, aber auch wie glücklich die beiden sind, wie sehr Ma in seinem einfachen Leben als Bauer verwurzelt ist, die Erde liebt.
Eine schöne, fast märchenhaft anmutende Szene ist, wie Ma Guiying einen Karton mit Löchern und Leuchten darin zeigt und in der dunklen Hütte eine kleine Lightshow entsteht. Im Karton sind Eier, aus denen bald Küken schlüpfen. Eine wunderbar einfache Geste der Zuneigung ist auch, wie Ma seiner Frau eine Blume mit Hilfe von Weizenkörnern auf die Hand drückt. Doch die ja idyllische Zweisamkeit dauert nicht lange. Die harsche Realität bricht herein.
Heike Angermaier.