Kurztext: Wolf Gaudlitz sitzt in der Wüste und fragt sich: Warum tue ich mir das an? Über zwölf Jahre lang fuhr der Filmemacher und Kulturjournalist immer wieder in das Gebiet zwischen Tunis und Timbuktu, in das Gebiet, in dem das Volk der Berber und der Tuareg zuhause sind. Eine offizielle Dreherlaubnis von Behörden bekam er nie, auch keine Zulassung für das von ihm errichtete „Wüstenkino“, mit dem er durch die Wüste zieht und das Medium Film zu den Leuten bringt, die kein Kino haben. Auf seinen Reisen durch die Sahara trifft er Menschen, die mit ihm ihre Weisheiten teilen und ihm von ihrem Leben berichten. Dabei begegnet er ihnen stets mit Respekt und Weltoffenheit. Seine Kamera fängt berauschende und überwältigende Bilder und Impressionen ein, die zeigen, wie einsam, gewaltig und atemberaubend weit die Wüste ist. Dass er dabei auch sich selbst ins Zentrum stellt, bringt die Erlebnisse des Filmemachers noch näher an den Zuschauer heran. Mit ruhiger Erzählhaltung nimmt Wolf Gaudlitz ihn in diesem, wie er es selbst nennt, „Dokumentarspiel“ an die Hand, um einen Ort zu zeigen, der der Welt selbst entrückt erscheint. Und wenn er dann noch einmal im Film die Frage stellt, warum er sich das immer wieder antue, ist dieser atmosphärisch dichte Film selbst die beste Antwort. Gutachten: Da sitzt Wolf Gaudlitz im Wüstensand der Sahara und stellt dem Zuschauer und sich selbst die Frage, wie lange er sich das eigentlich noch antun möchte. Die Jury konnte in einer langen Diskussionsrunde zunächst auch keine Antwort finden, die sie ihm auf diese Frage hätte geben können. Da wird der Zuschauer mit einem „Dokumentar-Spielfilm“ konfrontiert, der so gar nicht in ein übliches Genre-Raster zu passen vermag. Eine Reise mit Unterbrechungen in den Jahren 2001 bis 2012 durch die Sahara zwischen Algerien, dem Niger und Burkina Faso. Beginnend mit Bildern aus Algier, einer Straßenszene mit einem Mann, der lautstark seine Anklage an Frankreich herausschreit. Frankreich, das seinem Land alles genommen hat und mit Öl und Gas auch noch das Letzte holt. Am Rande gestreift das Geiseldrama bei den Ölquellen. Geht der Film also in Richtung einer politischen Reflexion? Nein! Schnell wird klar, dass es nur um zwei Dinge geht - die Wüste und die Menschen, die sie bewohnen. Und ist das mehrfache Auftauchen des Filmemachers mit seinen teilweise philosophischen Befindlichkeiten und poetischen Ergüssen reine Egozentrik? Nein! Irgendwie passen diese Auftritte doch in das Gesamtkonzept des Films. Der totale Verzicht auf Erklärungen und Manipulation des Gezeigten! Wolf Gaudlitz lässt die Bilder für sich sprechen und vor allem die Menschen vor der Kamera: die Berber und die Tuareg im Wechselspiel mit dem Regisseur. Dieser berichtet auch über das Mögliche und das Unmögliche, diese Menschen vor die Kamera zu bekommen. Das ist manchmal erlaubt, manchmal auch nicht, manchmal geduldet, manchmal gewollt. Wolf Gaudlitz schert sich nicht darum, sondern lässt die Kamera Szenen einfangen, die man in Dokumentarfilmen sonst nicht zu sehen bekommt. Und dann die Landschaften, die Wüste. Keine dekorativen Bilder, die beweisen sollen, wie genial die Kameraarbeit war, sondern viel eher Bilder, welche Himmel und Sand greifbar, ja spürbar machen und voller Poesie sind. Ein eigenwilliger Film, der seine große Qualität letztlich durch seine Montage erhält. Faszinierend, wie sich die Bilder aus über zehn Jahren, ohne Chronologie, zu einer harmonischen Einheit verbinden, wie die scheinbare Langsamkeit der Erzählung die 111 Filmminuten doch schnell vergehen lassen. Und um noch die Antwort auf die Frage zu Beginn zu geben: Nur aus Liebe zu diesem unglaublichen Juwel der Erde, der Sahara, und der Liebe zu den Menschen, die diese ihre unverzichtbare Heimat nennen, kann man über so viele Jahre immer wieder dort hin zurückkehren. Weil man dort auch sein Herz verloren hat.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)