Eine Nudelküche mitten in karger, wüster Landschaft: Dort spielt sich dieses Drama um Liebe, Verrat, Betrug und Gewalt ab, in einer kleinen Enklave, mit ein paar Hanseln als Figuren: Der Chef Wang, seine Frau, deren Liebhaber Li, der Polizist Zhang und ein paar Angestellte lassen ein Schauspiel ablaufen, in dem sie die Tragödie als Witz, als Farce, als Schwank wiedergeben.
Die Coen-Brüder haben die Handlung in Blood Simple schon vorexerziert, in diesem grandiosen Debüt von 1984, einem Noir-Stück in Texas, in dem alles seinen schicksalhaften Gang ins Blutvergießen geht. Zhang Yimou war damals schon begeistert von diesem Film, den er ohne chinesische Untertitel nicht ganz verstanden, der ihn dennoch berührt hat. Nun hat Yimou sein ganz eigenes Remake vorgelegt und dabei an der Handlung kaum etwas gerüttelt. Und doch ist es ein anderer Film; und kein schlechter.
Irgendwann vor ein paar hundert Jahren, mitten in China, wo die Landschaft wunderschön, aber unwirtlich ist, kommt ein persischer Händler in der Nudelküche an und bietet was ganz neues: Feuerwaffen. Die Pistole, ein einfacher Vorderlader, ist laut und tödlich, und die Inhaberin ist begeistert. Die Kanone ist zwar noch eindrucksvoller, aber, nunja: etwas unhandlich. Mit der Pistole freilich kann sie was anfangen, besser: Li, ihr schüchterner, schwächlicher, zaghafter Liebhaber. Der soll Wang, ihren tyrannischen Mann, beseitigen. Der freilich weiß um ihre Affäre und heuert einen korrupten Samurai-Polizisten an, um Ehefrau und Nebenbuhler umzubringen. Der Witz dabei: keiner tut, was er tun soll. Der noch größere Witz: durch Hinterlassenschaften, durch Kleinigkeiten, die immer wieder irgendwo liegengelassen werden, erwachsen bei den anderen Missverständnisse, die den Lauf des Geschehens immer wieder umbiegen. Und die Tragik dabei: Deshalb kommt es zu immer mehr Blutvergießen, bis am Ende kaum mehr einer lebt.
Die durchaus ernsthaften Figuren der Coen-Thrillertragödie ersetzt Yimou durch eigenwillige Witzfiguren insbesondere die Randfiguren, der hasenzähnige Knecht und die dürre Magd, haben die Dimensionen shakespearscher Narren. Doch auch die Haupthandelnden bleiben nicht ungeschoren: auch sie verhalten sich zwischen narrisch und trottelig, denn Yimou geht es eben komödiantisch an er vermengt die Handlung des frühen Coen-Films mit den skurrilen Figuren der späteren Coen-Filme (exemplarisch: Burn After Reading
) Wang, der kinderlose Ehemann, trauert einem nie geborenen Sohn nach und zwingt seine Frau, sich mit Knabenmaske als Stammhalter zu gerieren... Und er gibt ein paar dolle Einlagen dazu: ein solches tänzerisches Zubereiten von Nudeln hat man noch nie gesehen; und die Farben, die Farben! Nicht nur der Kostüme und der Einrichtung, auch dieser wunderbaren Landschaft, die es da in China tatsächlich gibt naja: die Farben wurde für den Film etwas verstärkt, das Rot, das Braun, das Gelb
Chinesisches Kino ist hier vermengt mit Westlichem, eine chinesische Westernlandschaft mit einer Nudelküche, die auch Postkutschenstation sein könnte, ein Waffenfetisch wie in good ole USA, ein schweigsamer Killer-Polizist, der aber nicht von Eastwood gespielt wird; und damit ist klar: eigentlich ist das alles recht universal, ob Coen oder Yimou. Der große Momente inszeniert, in denen er zeigt, wie sein chinesisches Herz für die Geschichte aus Texas schlägt; und der zugleich ausgesprochen chinesische Elemente einfügt, die dem Film einen schönen Exoten-Bonus einbringen. Wobei er vermutlich gut daran getan hat, die längere chinesische Version des Films fürs westliche Publikum zu kürzen: er hat, wie er sagt, vor allem Dialoge weggeschnitten, die spezifisch chinesischen Humor transportieren. Und die, vom westlichen Standpunkt aus betrachtet, dem Film überhaupt nicht fehlen.
Fazit: Ein Remake des Coen-Brüder-Debüts, versetzt ins China vor ein paar Jahrhunderten: Eine irre Thriller-Farce.