Scheidung für Fortgeschrittene: TV-Komödie, in der Mariele Millowitsch und Walter Sittler mal wieder ein sich fetzendes Paar spielen dürfen.
Fünf Jahre hat es gedauert, jetzt ist das Traumpaar aus „Girl Friends“ und „Nikola“ wieder vereint. Zehn Jahre lang haben Mariele Millowitsch und Walter Sittler gemeinsam vor der Kamera gestanden; kein Wunder, dass es ihnen leicht fällt, ein Ehepaar kurz nach der Silbernen Hochzeit zu verkörpern.
Davon abgesehen bietet die Geschichte großartige Gelegenheiten zum nuancierten Zusammenspiel: Ehe und Leben der Wiedemanns sind in die Jahre gekommen. Jörg hat ein Verhältnis mit seiner Assistentin Andy (Sonsee Neu), Iris kämpft gegen die drohende Insolvenz der Sargschreinerei, die sie von ihrem Vater (Tilo Prückner) übernommen hat. Ausgerechnet an Iris‘ Geburtstag erhält die Beziehung ihren Todesstoß: Statt der erwarteten teuren Kette, deren Rechnung sie in Jörgs Sachen gefunden hat, bekommt sie vom Gatten einen Aufsitzrasenmäher; der Schmuck ist für Andy. Am liebsten würde Iris ihn hochkant rauswerfen, aber Jörgs just verstorbene Tante macht ihr einen Strich durch die Rechnung. Deren Vermögen erben die Eheleute Wiedemann nur, wenn sie den Bund der Ehe würdigen: Wer die Scheidung einreicht, kriegt gar nichts. Als auch Jörg von der Klausel erfährt, geht der gute letzte Wille der Tante komplett nach hinten los: Fortan greift das Paar zu jedem nur erdenklichen Mittel, um den Partner derart zu zermürben, dass er den ersten Schritt zur Trennung tut.
Dank einer pointensicheren Inszenierung und der enormen Routine seiner Hauptdarsteller gelingt Josh Broecker die tragikomische Gratwanderung: „Scheidung für Fortgeschrittene“ hat zwar das Potenzial zum Lustspiel, ist aber trotzdem keine muntere Komödie; selbst wenn das komplexe Drehbuch von Regine Bielefeldt viele hübsche heitere Momente enthält. Allein der Einfall, Jörg eine Farbenblindheit anzudichten, bereitet den Weg für eine herrliche Szene, in der er schreiend bunt gekleidet zur Arbeit erscheint, weil Iris seinen Farb-Erkenner manipuliert hat. Es war ohnehin eine prima Idee, die berufliche Ebene zu nutzen, um die Situation der Ehe zu spiegeln: Jörg soll als Unternehmensberater dabei helfen, zwei Firmen zu fusionieren, deren Repräsentanten einander aber immer wieder in die Haare geraten.
Apropos Haare: Martin Brambach verkörpert Jörgs Chef mit verzweifelter Würde, obwohl sich die Beteiligten gern über sein Toupet amüsieren. Wenige, aber dafür sehr prägnante Auftritte hat Rudolf Krause als Nachlassrichter, dem die Geschichte ein unverhofftes Happy End beschert. Selbstredend geht die Angelegenheit auch für die Wiedemanns wider Erwarten gut aus; und wie die Autorin das eingefädelt hat, ist ebenso originell wie sympathisch. Die immer wieder überraschende Dramaturgie, die erfrischend boshaften Dialoge, dazu ein paar fröhliche Seitenhiebe auf Köln, Kirche und Karneval, schließlich noch überzeichnete Nebenfiguren wie etwa ein Elternpaar, das sich als regelrechte Empathiemonster entpuppt: eine sehenswerte, äußerst unterhaltsame Komödie. tpg.