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Netflix vermiest dem Publikum die Lust auf Fisch – und das ist gut so

Netflix vermiest dem Publikum die Lust auf Fisch – und das ist gut so
© Artgrid / Netflix

Eigentlich plante Ali Tabrizi eine Natur-Doku über die Schönheit des Meeres – da davon allerdings nicht mehr viel übrig ist, musste er den Kurs wechseln.

Mit ihren Filmen und dem Einsatz zum Schutz der Meere haben Legenden wie Jacques Cousteau, David Attenborough und Sylvia Earle in Millionen Menschen eine unbändige Zuneigung zur Natur entfacht; so auch in Ali Tabrizi. Dementsprechend war es nur eine Frage der Zeit, ehe er selbst die Kamera in die Hand nahm, um seine Leidenschaft in Bilder zu fassen. Doch was als Liebesbeweis beginnen sollte, avancierte zu einem Real-Life-Thriller, der Tabrizis Leben für immer verändern sollte – und das von vielen anderen ebenfalls. Denn eines kann ich euch versichern: Nach der Dokumentation „Seaspiracy“ werdet ihr dem Fischkonsum höchstwahrscheinlich (zurecht) abschwören.

Einen ersten Eindruck liefert euch der offizielle Trailer:

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– Dieser Artikel spiegelt die Meinung der Autorin wider und nicht zwangsweise die aller kino.de-Redakteur*innen. – 

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Als sich Ali Tabrizi im Rahmen seines ersten eigenen Filmprojektes näher mit der Welt unter Wasser zu beschäftigen beginnt, muss er seine Pläne schnell über Bord werfen. Denn von der Schönheit, die er noch aus Kindheitstagen in Erinnerung hat, ist nicht mehr viel übrig. Nachrichten über Artensterben und Meeresverschmutzung fluten die Medien. Schmerzlich erkennt Tabrizi, dass jeder einzelne Mensch ein Teil dieses Problems ist – auch er selbst. Der angehende Filmemacher beginnt, seinen Lebensstil zu wandeln und diesen Prozess festzuhalten.

Doch je tiefer er in die Problematik eintaucht, desto klarer wird ihm vor Augen geführt, dass die Bedrohungen weitaus weiter reichen: Kurzerhand begibt er sich auf die Suche nach Antworten auf Fragen, die uns alle betreffen: Lässt sich der Ozean noch retten? Wie kann die Menschheit der Meeresverschmutzung entgegenwirken? Und was hat unser Konsumverhalten mit dem Sterben von Flora und Fauna zu tun? Aber anstatt auf Antworten zu stoßen, findet sich Tabrizi in einem Netz aus Lügen, Profitgier und blutigem Schweigen wieder.

„Seaspiracy“: Das Problem betrifft uns alle

Der junge Filmemacher nutzte den Gegenwind, um eine Welle der Aufklärung in Gang zu setzen: Die Natur- und Wissenschaftsdoku „Seaspiracy“ war geboren. Schon in den ersten Sekunden wird nicht nur deutlich, dass uns 90 Minuten schwere Kost erwarten, auch zeigt sich, dass Ali Tabrizi sein Leben riskiert hat, um uns all diese Aufnahmen servieren zu können. Die Doku ist spannend, interessant, schmerzhaft und vor allem eines: persönlich. Sie betrifft uns alle. Und alle Generationen, die uns folgen werden.

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Zwar wirken einige Einstellungen und Szenen überdramatisiert und provokativ herbeigeführt, doch genau das braucht es heute, um Menschen wachzurütteln. Gleichzeitig verzichtet Tabrizi darauf, zu belehren. Es ist und bleibt die eigene Entscheidung, wie man mit dem gewonnenen Wissen – das nebenbei bemerkt sehr gut erklärt und teilweise durch Animationen verdeutlicht wird – auf lange Sicht umgegangen wird.

Warnungen, Drohungen, Verfolgungsjagd: Das Leben als Aktivist

Von Japan über China, Afrika und Thailand bis hin zu den Färöer-Inseln reist Tabrizi mit seinem Kamera-Equipment und einer guten Portion Mut um die Welt und muss dabei am eigenen Leib erfahren, wie sehr sich illegale Händlerringe, aber auch Regime und ganze Regierungen gegen Leute zur Wehr setzen, die nach Antworten graben.

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Ali Tabrizi wird gewarnt, bedroht, verfolgt und angegriffen – und dokumentiert all das mit (teils versteckten) Kameras. Gleichzeitig gelingt es ihm, Umweltschutzaktivist*innen wie Ric O’Barry (der im Übrigen einst die Delfine für die Serie „Flipper“ dressierte), „Sea Shepherd“-Gründer und Kapitän Paul Watson sowie sein Idol Dr. Sylvia Earle höchstpersönlich vor die Linse zu bekommen. Gelegentlich darf auch die Gegenseite zu Wort kommen; Interviews wurden laut Tabrizi allerdings zum Großteil verweigert oder nach wenigen Minuten abgebrochen.

Von wegen Übeltäter Strohhalm: Wer verschmutzt die Meere wirklich?

Über Themen wie Wal- und Delfinschlachtungen, Haifischflossensuppe und (il)legalen Beifang spannt Tabrizi den Bogen zum Thema Plastikmüll und führt dem Publikum damit eines vor Augen: Es ist zwar lobenswert, im Supermarkt auf Plastiktüten zu verzichten, wieder verwendbares Geschirr zu nutzen und den Cocktail aus Glas-, Bambus- oder Metallstrohhalmen zu schlürfen; wirklich effektiv kann der Plastikverschmutzung der Ozeane aber nur entgegengewirkt werden, wenn wir auf den Konsum von Fisch verzichten oder ihn zumindest drastisch reduzieren. Denn 46 % des Plastiks im Meer lässt sich allein auf Fischernetze zurückführen. Zum Vergleich: Plastikstrohhalme machen nur 0,03 % aus.

Alarmierende Zahlen: Nahezu fischfrei in nur 24 Jahren

Und damit gelangen wir schließlich zum Hauptpunkt der Doku: der Überfischung. Denn nur, indem die Menschheit den Fischkonsum einschränkt, kann sich das Ökosystem Meer erholen und langfristig geschont werden. Sollte die Industrie den aktuellen Kurs beibehalten, wird es der Doku zufolge 2048 nicht mehr genügend Fisch geben, um kommerziellen Fischfang betreiben zu können. Wieso über diese erschreckende Erkenntnis nur wenig berichtet wird, erklärt Kapitän Paul Watson wie folgt:

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„So etwas wie nachhaltige Fischerei gibt es nicht. Es gibt einfach nicht genug Fisch dafür. […] Aber viele Organisationen wollen das Problem nicht lösen, sondern davon profitieren. Klimawandel, Umweltschutz, was auch immer. Es ist ein Geschäft.“

Ein Geschäft, das in wenigen Jahren für einen drastischen Einbruch sorgen könnte – einerseits in finanzieller und wirtschaftlicher Hinsicht, vor allem aber natürlich auf Kosten der Zukunft unseres Planeten. Anlässlich des Earth Day, der alljährlich am 22. April stattfindet, möchte ich euch deshalb die Netflix-Doku „Seaspiracy“ wärmstens ans Herz legen.

Was macht „Seaspiracy“ mit uns?

Nach der Sichtung der Doku habe ich versucht, meine Gefühlswelt zu sortieren. Was habe ich dabei empfunden? Übelkeit, Trauer, Schuld? Irgendwie ein (un)gesunder Mix aus alledem. Zwar lebe ich selbst jahrelang vegetarisch, aber irgendwie muss da doch noch mehr zu machen sein, oder? Und genau dieser Funken ist es, der „Seaspiracy“ für mich sehenswert macht: Jeder Schritt ist wichtig und im Grunde kann es nur eine Richtung geben, in die man wahlweise stolpert, läuft oder sprintet, wenn wir auf ein Zusammenleben mit dem Meer hoffen, das über das Jahr 2048 hinausgeht. Denn wie der Film zu Anfang bereits klarstellt: Sobald die Ozeane sterben, sterben wir Menschen mit ihnen.

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Dennoch versteht es Ali Tabrizi, mit seinem Film Hoffnung zu säen. Denn die maritime Welt ist durchaus in der Lage, sich schnell zu erholen – vorausgesetzt, wir lassen sie. Die Abschlussworte von Biologin Dr. Sylvia Earle fassen es eigentlich perfekt zusammen:

„Einer allein kann nicht alles leisten, aber jeder Einzelne kann etwas leisten. Manchmal haben große Ideen eine große Wirkung. Das ist es, was jeder von uns beitragen kann. Jetzt gleich. Seht in den Spiegel. Denkt nach. Und dann los.“

Falls ihr mehr über die Erde und ihre Lebewesen erfahren wollt, könnt ihr euch weitere Dokus auf Netflix zu Gemüte führen:

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