Sechzehneichen: Das Grauen kommt in diesem stillen Thriller mit Heike Makatsch und Mark Waschke auf leisen Sohlen.
Die Wege von Hendrik Handloegten und Achim von Borries haben sich immer wieder gekreuzt, mal offensichtlich, etwa bei Borries‘ poetischem Drama „Was nützt die Liebe in Gedanken“, zu dem beide das Drehbuch geschrieben haben, mal auch als Insider-Gag oder eher hinter den Kulissen. Sehenswert waren die Ergebnisse eigentlich immer, einige sind sogar herausragend.
Auch der stille Thriller „Sechzehneichen“ ist eine Kooperation der beiden. Diesmal hat Handloegten das gemeinsame Drehbuch verfilmt. Ähnlich wie sein sehenswerter „Polizeiruf“ aus München, „Fieber“, so spielt auch „Sechzehneichen“ in einer Zwischenwelt: weil Hauptfigur Laura Eichhorn (Heike Makatsch) zwar begründete Zweifel hat, dass irgendwas in der Siedlung, in die sie kürzlich mit Mann (Mark Waschke) und Tochter gezogen ist, nicht stimmt; aber sie kann auch nicht ausschließen, dass ihre Zweifel bloß Hirngespinste sind.
Die Geschichte erinnert an Ira Levins gleich zweimal verfilmten Roman „Die Frauen von Stepford“ (1972). Auch dort wird ein Ehepaar Teil einer so genannten Gated Community, einer Gemeinschaft Gleichgesinnter, die auf einem bewachten Areal lebt und sich weitgehend von der Außenwelt abschottet. Die auffallend attraktiven Frauen machen einen merkwürdig unterwürfigen Eindruck. Schließlich findet die Heldin raus, dass es sich um Roboter handelt. In der ersten Adaption (1975) wurden die Damen ebenfalls von Androiden ersetzt, in der zweiten (2004) genügten implantierte Mikrochips, um sie gefügig zu machen. Auch die Einwohnerinnen von Sechzehneichen werden wohl einer solchen Prozedur unterzogen. Natürlich haben Borries und Handloegten ihre Geschichte um diverse Details ergänzt, aber die Parallelen des Handlungskerns sind derart offensichtlich, dass ein Hinweis auf Levins Roman mehr als bloß der Vollständigkeit halber hätte erfolgen sollen.
Davon abgesehen hat Handloegten gemeinsam mit Kameramann Philipp Haberlandt eine Welt geschaffen, die zwar idyllisch, in ihrer Perfektion aber dennoch bedrohlich wirkt; als wäre die Fassade von kleinen Haarrissen durchzogen, die Laura eine Ahnung vom Grauen dahinter vermitteln. Auch Gatte Nils stellt fest, dass irgendwas nicht stimmt, fühlt sich aber nicht bedroht, sondern dank gezielt gesetzter Reize magisch angezogen. Gerade für Heike Makatsch hat die Ungewissheit der Hauptfigur zur Folge, dass sie mit ihrem Spiel nicht konkret Stellung beziehen darf; sie muss Lauras Gefühle in der Schwebe halten. Auf gleiche Weise verfahren Borries und Handloegten mit der Geschichte; selbst wenn sich die Rahmenhandlung, in der Lauras Mann Nils vernommen wird, als perfider Bluff entpuppt. Gleiches gilt für den Schluss mit einem gemeinen Gastauftritt von Jan Henrik Stahlberg.
Reizvoll ist der Film nicht zuletzt wegen der in jeder Hinsicht attraktiven Besetzung gerade der weiblichen Nebenfiguren: Stefanie Stappenbeck und Lavinia Wilson spielen die willfährigen Gespielinnen, Alexander Beyer und Marc Hosemann die Männer, die die Fäden ziehen. Der Hessische Rundfunk bleibt auch mit „Sechzehneichen“ seiner jüngsten Tradition treu, einigen seiner Produktionen einen gewissen Mystery-Touch zu geben. Das ist nicht immer jedermanns Sache, hat den „Filmmittwoch im Ersten“ aber um eine interessante Farbe bereichert. tpg.