Für Sherlock Holmes lief es schon mal besser: Sein treuer Freund und Partner Dr. Watson geht den Bund der Ehe ein und sein langjähriger Feind, der teuflische und kongeniale Prof. Moriarty, verübt mehrere Attentate, die dem europäischen Frieden erheblichen Schaden anrichten könnten. Doch Holmes wäre nicht Holmes, wenn er nicht schon längst einen Plan entworfen hätte, mit dem er Moriarty besiegen kann. Dass er dafür Watson aus seinen Flitterwochen „befreien“ muss, sollte kein Problem darstellen. Der skurrile Meisterdetektiv ist wieder da, und erneut inszeniert Guy Ritchie ihn als viktorianischen Action-Dandy, der dank seines scharfen Geistes und seiner Vorliebe für Feuerwaffen keinen Kampf scheuen muss. Die Chemie zwischen Robert Downey Jr. und Jude Law als Watson ist ungebrochen stimmig und die Wortgefechte der beiden sind wie bereits im ersten Teil legendär. Perfekt inszenierte Action, gepaart mit trockenem und augenzwinkerndem Humor, ergibt beste Kino-Unterhaltung.
Jurybegründung:
Wieder ist Sherlock Holmes, der berühmteste Detektiv der Literaturgeschichte, im Einsatz gegen seinen Lebensfeind Professor Moriarty. Es ist der einzige Verbrecher, dem Holmes zugesteht, dass er ihm intellektuell gewachsen sein könnte. Doch an Bösartigkeit und verbrecherischer Raffinesse dürfte es keiner mit Moriarty aufnehmen können. Holmes entdeckt, dass dieser einen neuen teuflischen Plan heckt, die Welt in einen grausamen Krieg zu führen, aus dem er gierigen Nutzen ziehen kann.
So bleibt Holmes nichts anderes übrig als seine privaten Studien in London abzubrechen, seinen Freund Watson aus dessen Hochzeitsurlaub zu entführen und gemeinsam auf eine gefahrvolle Verfolgungsreise quer durch Europa, von Frankreich und Deutschland bis in die Schweiz, aufzubrechen.
Nach seinem nicht unumstrittenen letzten SHERLOCK HOLMES-Film inszenierte Guy Ritchie sein neues Werk dank eines raffinierten und vorzüglichen Drehbuches nicht so eindimensional und fast ausschließlich auf Actionszenen reduziert wie seinen Vorläufer.
Sicher: Guy Ritchie wäre nicht der Regisseur, der er nun mal ist, wenn nicht spektakuläre Szenen mit großem Aufwand zu sehen wären. Dazu gehören der lange und mit vielen Gags dekorierte Kampf in einem fahrenden Zug, dessen hohe Actiondichte immer wieder durch ironische Zitate gebrochen wird. Diese Brechung vermisst man dann leider schmerzlich bei der Flucht von Holmes und seinen Getreuen aus der Waffenfabrik quer durch einen Wald, bei dem gebombt und aus allen verfügbaren Geschützen geschossen wird. Dadurch wird der Zuschauer fast erschlagen und die Sequenz steht auch der sonstigen Dramaturgie des Films konträr gegenüber. Holmes darf wieder mehrfach, sogar gegen Moriarty, seine Fähigkeiten in Kung-Fu demonstrieren, was mit rasantem, bildlichen Vorlauf erst „gedanklich analysiert“ und dann in die Tat umgesetzt wird. Ein schöner Einfall des Drehbuchs.
Ein intellektueller Genuss aber sind die ironischen Dialogstafetten zwischen Holmes und Watson und zwischen Holmes und Moriarty, gespickt mit Zitaten aus Kunst und Literatur. Schön auch, wie Holmes‘ Fähigkeit, blitzschnell Situationen und Zusammenhänge zu analysieren, durch kurze „Flashs“ der Kamerabilder umgesetzt wird. Eine Kamera, die übrigens den ganzen Film auf herausragende Weise mit großen Bildeinstellungen und intimen Gesichtsstudien bestens bedient. In dieses Lob ist auch die perfekte zeitgenaue Ausstattung mit starker digitaler Unterstützung einzubeziehen sowie, wie bereits im ersten Teil, Hans Zimmers großartige Musik. Diese passt sich genau dem zeitlichen Erzählraum an, angereichert mit klassischen Versatzstücken von Mozart und Schubert und einem Höhepunkt in der Pariser Oper mit einer Aufführung von“Don Giovanni“.
Bei der Besetzung brillieren erneut Robert Downey jr. als Holmes und Jude Law als sein Freund Dr. Watson. Stark auch Jared Harris in der Rolle des Professor Moriarty, Noomi Rapace als Sim und Stephen Fry als Holmes‘ Bruder Mycroft.
Alles in allem ein Sherlock Holmes, der sich an ein großes Popcorn-Publikum wie auch an ein anspruchsvolles Auditorium wenden will und kann.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)