Nur wenige Mediensatiren schaffen es, in einer vergleichbaren Drastik die Mechanismen der modernen Unterhaltungsbranche zu entlarven. Das Team von „Muxmäuschenstill“ erzählt in seinem neusten Werk von drei Freunden, die ausziehen, um in Hollywood berühmt zu werden. Doch die ersehnte Unsterblichkeit ist ihnen nur sicher, wenn dafür einer von ihnen nach zahlreichen erfolgreichen Live-Amputationen, ausgestrahlt durch das amerikanische Fernsehen, auch noch bis zum Äußersten geht. Dabei erreicht die bitterböse Erfolgsstory, z. B. mit Aufnahmen an bekannten Originalschauplätzen, internationale Standards, ohne dabei ihren realistischen Look zu verlieren. Provokation und der zynische Blick auf eine von Voyeurismus und Sensationslust geprägte Gesellschaft und ihre Medien schaffen einen Film für intensive Diskussionen.
Jurybegründung:
Der Film ist eine beißende Mediensatire, die durchaus zwiespältige Gefühle hinterlässt. Ein in unserer Medienrealität hinlänglich bekanntes Thema „Was würdest Du tun, um berühmt zu werden?“ wird hier auf die ultimative Spitze getrieben.
Drei Verlierertypen, erfolglose Musiker etwa Ende Dreißig, träumen von einem intensiveren Lebensgefühl, das sich nach ihrer Ansicht wohl nur über schnellen Weltruhm einstellen kann. Unter Authentizitätsgesichtspunkten würde das eigene Land mit seiner ausgeprägten Casting-Show-Unkultur eigentlich genügend Plattformen bieten, um weitestgehend talentfrei Aufmerksamkeit zu erzielen. Aber eine zugespitzte Idee in einer überhöhten Geschichte benötigt konsequenterweise ein anderes Umfeld: Das Amerika der (Medien-)Klischees hierfür auszuschlachten, überzeugt dabei gewiss.
Hierzu passt sicher auch, dass man dort zunächst nicht beeindruckt ist, wenn der inzwischen zum „John F. Salinger“ mutierte Johannes sich von seinem Tierarztfreund den Finger amputieren lässt und ein weiterer Kumpel, inzwischen sein „Manager“, ihn dabei filmt. Drastischere Mittel müssen zwangsläufig folgen.
Wohin übersteigerter Geltungsdrang führen kann, wird auf groteske Art durchexerziert. Der Film ist mit Trash- und Musikelementen reichlich angefüllt, die Handlung schreitet mit viel Witz und guten Dialogen voran. Eine Männerfreundschaft wird ad absurdum geführt, wobei man den sympathisch-unsympathischen Helden jederzeit folgen kann. Die beschriebene Liebesgeschichte einschließlich der Sexszenen fügt sich zwar in die nachvollziehbaren Klischees ein, sie lässt jedoch den Fortgang der Geschichte im Mittelteil aufgrund der konventionellen und zu dem Zeitpunkt vorhersehbaren Dramaturgie etwas schleppend erscheinen.
Besonders hervorzuheben ist der gelungene Übergang von der kleinen trashigen Losergeschichte zur „Bigger than Life“-Medienfarce im Amerika-Maßstab, der wirklich gelungen ist.
Dabei lädt der Film von Anfang an ein, die Geschichte nicht zu ernst zu nehmen. Auch die durchweg gelungenen Gesangseinlagen tragen dazu bei. Der Film bleibt immer grotesk genug, um die Distanz zu gewissen Abscheulichkeiten der Handlung zu wahren.
Wie diskrepant der Film dennoch im Ausschuss diskutiert wurde, lässt sich explizit am aufgezeigten Ende des Films verdeutlichen. Für einige Ausschussmitglieder wurde die Groteske ihrem konsequenten Ende zugeführt, sowohl was die Haltung des Films angeht, als auch in Bezug auf die innere Logik des Protagonisten. Eine andere Position war, der vollzogene Suizid würde eine Tabugrenze überschreiten, der unangemessen die Möglichkeiten einer Satire sprengen würde. Des Weiteren wurde die Haltung vertreten, die fortwährenden Tabubrüche wären zu dick aufgetragen. Der Film wolle den Motor der Medienwelt demaskieren, indem er sich deren Methoden zu sehr zu eigen mache.
Gewissermaßen entsteht diese Wahrnehmung dadurch, dass wir in unserer Fernsehrealität schon seit geraumer Zeit ein kollektives Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom konstatieren können. Die satirische Fiktion bringt das in der Wirklichkeit Extreme zwar auf eine neue Ebene, doch letztlich bleibt der Mehrwert in dieser Geschichte überschaubar. Das Enthüllende ist von Beginn an zu naheliegend, auch wenn der Protagonist Johannes/John F. von der angeklagten Medienmaschinerie zu keinem Zeitpunkt zu etwas gezwungen wird. Er kann seine Entscheidungen bis zum Ende selber treffen.
Short Cut to Hollywood hinterlässt einen starken Eindruck. Die gute Besetzung und die in angemessener Weise an Hollywoodästhetik angelehnte Kameraarbeit tragen weiterhin dazu bei, dass der Film insgesamt gut gemacht ist und trotz der angesprochenen Aspekte hinreichend schockiert, um als bitterböse Satire zu bestehen.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)