Sieranevada: Drama um ein Familienzusammentreffen des renommierten rumänischen Filmemachers Cristi Puiu.
Virtuos und mit bedingungslosem Realismus erzähltes Drama um ein Familienzusammentreffen des renommierten rumänischen Filmemachers Cristi Puiu.
Cristi Puiu, der 2005 mit „Der Tod des Herrn Lazarescu“ die Renaissance des rumänischen Kinos mit eingeläutet hatte, wurde mit seinem virtuosen Dreistünder Sieranevada erstmals in den Wettbewerb von Cannes geladen. Mit bedingungslosem Realismus erzählt er die Geschichte einer Familienzusammenkunft mit Ausnahme des Einstiegs und einer weiteren Szene komplett in sehr langen Einstellungen in einer Wohnung. Die meiste Zeit blickt die Kamera vom Gang aus in die Zimmer und folgt den Protagonisten, oft spielen sich gleichzeitig mehrere Dinge ab, und manchmal schneidet Puiu in die Räume, um noch genauer hinsehen zu können. Nur nach und nach erfährt man mehr über die Figuren, warum sie zusammengekommen sind und wie sie zueinander stehen.
Familienfest und andere Schwierigkeiten - das denkt man immer wieder, während sich die Ereignisse entfalten. Aber man wird diesem wild ausufernden, immer faszinierenden und streckenweise regelrecht packenden Treiben damit nicht gerecht. Die offene Form gibt Puiu vielmehr die Chance, über Gott und die Welt zu erzählen. Aber egal, ob es um 9/11 und mögliche Verschwörungsszenarien geht, das endlose Warten auf einen Pfarrer (dessen Ankunft mit einem herzhaften „
Habemus Papam“ begleitet wird), die jüngste Tochter, die einen ungeladenen Gast mitbringt, Trauerrituale und immer wieder neue Enthüllungen über die Familiendynamik, immer wieder richtet sich der Fokus auf Lary, den ältesten Sohn, der als Arzt arbeitet, ein erfülltes Leben führt und es zu einigem Wohlstand gebracht hat. Nach dem Tod des Patriarchen soll er die Stelle des Vaters einnehmen. Um sein Ringen mit sich und seiner Rolle im Leben geht es. Und das ist so spannend, prickelnd und immer wieder überraschend, wie man es einem Film mit dieser Laufzeit nicht zutrauen würde. ts.