Auf dem Motorrad röhrt er durch Hamburg, mit schwungvollen Schritten dann ins Pflegeheim rein; und eigentlich unterscheidet er sich kaum von den Insassen: graue Haare, faltiges Gesicht. OK: ein paar Jahre jünger ist er schon als die dementkranken Damen. Würde er nicht penetrant diese jugendliche Vitalität ausstrahlen, wie sie sonst eher in Doppelherz-Werbung vorkommt, und würde er sich nicht so impulsiv aufregen: äußerlich passt Edgar ins Ambiente.
Edgars Mutter ist aus dem Altenheim verschwunden, von den Pflegern interessiert es keinen so richtig, aber Edgar ahnt: Sie ist im Schwarzwald, entführt von seinem Sohn Uwe. Der lebt dort in einem urigen Bauernhaus zusammen mit Johann. Das ist Uwes älterer Liebhaber und sein Verleger, Uwe selbst versucht sich als Lyriker, vor allem aber will er ein guter Enkel von Oma Hilde sein. Die er zu sich holt, weil sich ja ihr Sohn, Uwes Vater, nicht um sie kümmert.
Die Umkehrung der Verhältnisse durchzieht den Film, und sie ist immer wieder Quell seines Witzes: Wie der Sohn seinen Vater zu erziehen versucht, der Vater die Mutter wie ein Kind behandelt, die Oma sich für ihre mütterlichen Ermahnungen und Ratschläge Verbündete aus den nachfolgenden Generationen suchen muss
Ingo Haeb versammelt auf dem Schwarzwaldhof, inmitten des Idylls, sein Personal; Edgars Geliebte inklusive ihrem Sohn kommen auch noch irgendwann an, es entzünden sich diverse Reibereien. Oma Hilde soll sich wohlfühlen im Alter, und im Gedanken daran verlieren die Söhne und Angehörigen sich selbst aus dem Auge.
Im Landleben ohne Ruhe offenbaren sich unterdrückte Wut und nie zugelassene Liebe, Animositäten wegen gefühlter Nachlässigkeit treffen auf Distanz wegen des Dauerverdachts der Verständnislosigkeit beim anderen. Dabei weiß Uwe nicht mal, warum Edgar immer Johnny genannt wird; und Edgar weiß nichts davon, dass man dem anderen einfach mal zeigen muss, dass man zumindest an ihn denkt
Edgar/Johnny ist Hamburger Urgestein, er gibt sich tough, ein Kiezjunge in den 60ern; während seine Mutter Hilde sich im pragmatischen Bereich reduzierter Zärtlichkeiten eingerichtet hat, und Uwe sowieso seinem Vater in emotionalen Sachen misstraut. Eine Thomas-Mann-Lesung sowie ein Gedicht, das Uwe als sein eigenes ausgibt (Baum sein), berühren Edgar; ein Lob kommt nicht über seine Lippen. Innerer Zorn lässt Uwe erbeben, doch kein Wort der Klärung, der Erklärung kommt über seine Lippen. Klar ist nur: Oma Hilde gut und schön, aber eigentlich sollte sie doch professionell gepflegt werden; in der örtlichen Seniorenresidenz gibt es so schöne Ballgymnastik
Ist sie da nicht viel besser aufgehoben als im verwinkelten Schwarzwaldhof? Was für eine schöne Szene: Wie Uwe und Johann, beide mit ein paar Kilos zuviel, abendliches Leibes- und Liebesspiel treiben und von einer verständnislosen Oma ertappt werden
Eine Drei-Generationen-Komödie ist das, in der sich die eingefahrenen Wege der Protagonisten erweitern zu neuen Möglichkeiten des Umgangs miteinander. Sehr unterhaltsam nähert sich Haeb dem Verhalten der Generationen untereinander an, macht Oma Hilde zum Zankapfel und Spielball zwischen Vater und Sohn. Doch ein wenig emotionale Nähe fehlt dem Film, keiner ist so richtig auf Anhieb sympathisch, weder Edgar, der großspurige Vitalsenior, noch Uwe, der wütend-weinerliche Lyriker. Erst wenn sich im weiteren Verlauf zeigt, wie sie ticken, kann man die Annäherungen und Abstoßungen zwischen den Parteien im Schwarzwaldhof voll auf sich wirken lassen.
Fazit: Vergnügliche Drei-Generationen-Komödie, die ihren Witz aus dem Zusammenstoß verschiedener Charaktere und aus dem Ausbruch lange aufgestauter nicht nur positiver Gefühle zieht.