Anzeige
Anzeige

Standard Operating Procedure: Kann ein Foto die Welt verändern? Zwölf Fotos aus dem Gefängnis Abu Ghraib in Baghdad haben 2004 dem Irak-Krieg eine neue Wendung gegeben und vor allem das Bild Amerikas in der Welt ins Wanken gebracht. Dennoch, eine zentrale Frage bleibt: sind die berüchtigten Fotos aus Abu Ghraib Beweise für eine systematische Folterpraxis des amerikanischen Militärs, oder dokumentieren sie nur das Verhalten einiger weniger “schwarzer...

Erfahre mehr zu unseren Affiliate-Links
Wenn du über diese Links einkaufst, erhalten wir eine Provision, die unsere redaktionelle Arbeit unterstützt. Der Preis für dich bleibt dabei unverändert. Diese Affiliate-Links sind durch ein Symbol gekennzeichnet.  Mehr erfahren.

Handlung und Hintergrund

Die schwerste Niederlage für Amerika bedeuteten die im April 2004 veröffentlichten Bilder von Folter und Erniedrigungen aus dem berüchtigten Bagdader Gefängnis Abu Ghraib. Die US-Schergen hatten ihre Untaten an irakischen Gefangenen selbst auf Film gebannt und stehen seitdem für den moralischen Bankrott einer Nation. Das Wüten einiger Armeeangehöriger oder systematische Folterpraxis? Was für Menschen waren die Täter, was erlebten die Opfer?

Die Hintergründe zum Folterskandal von Abu Ghraib untersucht Errol Morris („The Fog of War„) in seinem in Berlin prämierten Filmessay. Zwei Jahre lang forschte er nach, sprach mit Beteiligten, recherchierte Fakten und zeichnete die ungeheuerlichen Geschehnisse detektivisch nach.

Im Zuge des Irakkrieges nahmen die US-Streitkräfte 2003 das bereits zu Zeiten Saddam Husseins berüchtigte Gefängnis von Abu Ghraib ein und funktionierten es in ein amerikanisches Militärgefängnis um. Im Mai 2004 schockten Bilder von Folterungen, denen amerikanische Soldaten Gefangene des Gefängisses unterzogen, die Weltöffentlichkeit. In seiner Dokumentation „Standard Operating Procedure“ nimmt sich Errol Morris noch einmal der damaligen Ereignisse an.

Anzeige

Im Zuge des Irakkrieges nahmen die US-Streitkräfte 2003 das bereits zu Zeiten Saddam Husseins berüchtigte Gefängnis von Abu Ghraib ein und funktionierten es in ein amerikanisches Militärgefängnis um. Im Mai 2004 schockten Bilder von Folterungen, denen amerikanische Soldaten Gefangene des Gefängnisses unterzogen, die Weltöffentlichkeit. In seiner Dokumentation „Standard Operating Procedure“ nimmt sich Errol Morris der damaligen Ereignisse und der Bilder ihrer Darstellung an.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Errol Morris
Produzent
  • Julie Ahlberg
Musik
  • Danny Elfman
Kamera
  • Robert Chappell,
  • Robert Richardson
Schnitt
  • Andy Grieve

Kritikerrezensionen

    1. Abu Ghraib: Das war der Supergau der USA im Kampf um die Herzen im Irakkrieg. Nichts hätte das Ansehen des „Hüters der freien Welt“ mehr beschädigen können als die im Frühjahr 2004 aufgetauchten Fotos der Foltersessions in dem berüchtigten irakischen Gefängnis. In dem geschlossenen Mikrokosmos der Gefängnismauern spielten die Psychen von Wärtern, Verhörspezialisten, Soldaten, CIA-Agenten, männlich wie weiblich, verrückt – ein sadistischer, erniedrigender, grausamer Wahnsinn, sorgsam auf Fotos festgehalten. Die perfekte Blaupause für ein psychologisches Experiment um Macht und Gewalt und Demütigung – nur eben ganz echt im Herbst 2003 geschehen.

      Die Fotos der Grausamkeiten haben die Welt aufgescheucht, und es ist unbedingt richtig, per Film diese Ereignisse – die ja auch Medienereignisse sind – aufzuarbeiten. Errol Morris entschied sich für einen bestimmten Aspekt unter den vielen möglichen: nicht historisch, nicht objektiv, nicht psychologisch geht er an den Abu Ghraib-Kompex heran, sondern über die Täter. In Großaufnahme direkt in die Kamera sprechen sie über ihre Erlebnisse, über ihre Taten dort, die sie selbst nicht begreifen. Und das Beste, was man über sie sagen kann, ist, dass sie dumm und naiv waren. Ihre Aussagen sind skandalös, und das wissen sie; ihre Berichte von Folter und Einschüchterung, ihre Erklärungen und Entschuldigungsversuche sind hilflos, echt, kommen aus tiefstem Herzen – und werten das Geschehen doch nie ab. Allein durch die Aussagen derer, die das Unglaubliche verbrochen haben, wird dieses anschaulich, wenn auch nicht begreifbar.

      Am stärksten ist der Film, wenn er einen Forensikexperten erläutern lässt, wie er die Fotos aus drei verschiedenen Digitalkameras in die richtige zeitliche Reihenfolge gebracht hat und dann zu entscheiden hatte, wo der kriminelle Akt begann und wobei es sich nur um die übliche Verfahrensweise, um die „standard operating procedure“ handelte: Der berühmte Kapuzenmann etwa glaubte nur, dass die Drähte, die ihm an Fingern und Genitalien angebracht wurden, stromführend waren – deshalb keine körperliche Gewalt, deshalb kein Verbrechen. Wer nackt mit Unterhose auf dem Kopf ans Bettgestell gefesselt wurde, wurde lediglich einer üblichen Stresssituation ausgesetzt: kein Verbrechen. Nur wo tatsächlich Grausamkeit, schwerste Demütigung oder sexuelle Belästigung zu sehen waren, konnten die Fotos juristisch verwendet werden.

      Doch auf die Stärken seiner Gesprächspartner verlässt sich Morris nicht, weshalb sein Film im Ganzen durchaus schlecht zu nennen ist. Er ist vollkommen überinszeniert, mit stylischen Jumpcuts während der Interviews, mit nachgestellten Szenen, die in Zeitlupe, in Detailaufnahmen, mit Danny Elfmanns deplazierter Bombastmusik so unbedingt bedeutungsschwer und doch so inhaltsleer sind. Hier wird den Ereignissen eine Überdetermination aufgebürdet, ja, fast mythischer Gehalt aufgepflanzt – so dass sich die gewünschte Auseinandersetzung des Zuschauers mit dem Thema nicht einzustellen vermag.

      Wenn man nämlich Mitleid mit den Opfern haben soll, wenn man mit dem Tun der Täter konfrontiert werden soll, wenn man sich moralisch erregen soll über die Vertuschungsversuche der Militärführung, über die Justiz, die die Kleinen hängt und die Großen laufenlässt: Dann sollte man nicht ein konventionelles Making of der schrecklichen Fotos drehen, inklusive Bebilderung durch originale Videos.

      Das aber geschieht zynischerweise (und wohl unbeabsichtigt): eine bloße, nachträgliche Rekonstruktion der Umstände, wie die Fotos von aufeinandergestapelten Nackten, des ikonischen Kapuzenmannes, eines toten Folteropfers zustande kamen. Und eben nichts Tieferliegendes.

      Fazit: Was politisch durchaus richtig und wichtig ist, die Aufarbeitung der Abu-Ghraib-Verbrechen des US-Militärs, verkommt zu einer überinszenierten, unwirklich scheinenden Crime-Soap-Opera.
      Mehr anzeigen
    Anzeige