Der Bürgermeister im rumänischen Dorf Mitte der 50er Jahre ist natürlich Kommunist und der dümmste Trottel in der ganzen Gegen, die die anderen nicht müde werden zu betonen: die Bauern, die im Wirtshaus/Tante-Emma-Laden gerne einen über den Durst trinken, der exzentrische Erfinder, die Dorfhure, der Zwergwüchsige, die jungen Liebenden Mara und Iancu, die sozusagen den Kern des Films bilden. Selbst der russische Partei-Emissär muss die Dummheit des örtlichen Oberkommunisten erkennen, als er die Kunde überbringt, dass nach Stalins Tod einwöchige internationale Staatstrauer verordnet ist, dass folglich die Hochzeit zwischen Mara und Iancu flachfällt.
Die stille Hochzeit, die daraufhin gefeiert wird, ist der Punkt des Films, auf den alles hinausläuft aber nicht der Mittelpunkt, das Zentrum. Denn den größten Teil nimmt eine meist satirisch-komödiantische Beschreibung des Dorflebens ein, wo die unterschiedlichsten Typen zusammenleben: die werden von Regisseur Horatiu Malaele skurril überzeichnet, und sie bleiben doch stets geerdet, sind stets verwurzelt in einer Realität, die der Film an der Wirklichkeit der 50er abgespickt und poetisch-träumerisch überhöht hat. Darin erinnert Stille Hochzeit an ähnliche, auch im Westen bekannten Werke aus (Süd)Osteuropa; Emir Kusturica zum Beispiel.
Da werden kleine Nebenhandlungen eingebaut etwa mit dem zwergwüchsigen Freund von Iancu, oder mit den Vätern von Mara und Iancu, die die äußerst amourös-erotische Verbindung ihrer beiden Sprösslinge erst gutheißen, als die Hochzeit beschlossen ist. Doch wo in der einen Szene schwankhafte Komik aufblitzt, lauern in der nächsten die Tragik, die Angst und der Schrecken, die von außen kommen.
Der liebenswert verrückte Erfinder muss mit einem seiner Apparate Strom erzeugen, um auf Geheiß der Partei eine sowjetische Propagandafilmvorführung in dem elektrizitätslosen Dorf stattfinden zu lassen. Eine wunderbare Szene, wie alle versammelt sind und wie sich zu den Stalin feiernden Wochenschaubildern die örtlichen drei, vier Parteihanseln zum Affen machen: Malaele inszeniert das als doofsten Stummfilm-Slapstick, mit all den kleinen Performances, die man von frühen Chaplin- und Dick und Doof-Filmen kennt. Und dann, mit einem Schnitt, verändert Malaele die Stimmung seines Films völlig, zeigt zunächst die unendliche Ergriffenheit der Zuschauer angesichts eines offenbar ganz und gar herzergreifenden Hauptfilmes, der da vorgeführt wird. Und dann, fast ohne Ton, langsam und auf unsentimentale Weise pathetisch zieht ein Zirkus ins Dorf ein, getragen von unergründlicher Traurigkeit.
Am nächsten Tag herrscht Trubel in diesem Zirkus-Rummels, doch dann hält der Film wieder inne, und die Tragik schlägt wieder durch, ihr Grund wird offenbar: es ist das Unmenschliche, das von außen kommt, ein Unterdrückungssystem, das jede Lebensfreude raubt.
Wobei Malaele hier zwar konkret den Stalinismus, der aus Russland kommt, diese Funktion übernehmen lässt, aber keine Zweifel aufkommen lässt, dass er jede Macht meint, die sich auf die Menschen setzt, sie überstülpt und unterdrückt. Und dass man sich dabei zwar erfindungsreich um die Repression winden, ihr aber nie endgültig entkommen kann. Die Hochzeit in aller Stille ist ein subversives Fest der kleinen Gesten, der stillen Gemeinschaft, in der Reden per Handbewegung gehalten werden, ohne Ton getratscht wird, die Musik stumm spielt und die Verdauungsgeräusche für alle hörbar sind. Doch leben kann so kein Mensch.
Malaele setzt diese wunderbar-märchenhafte, tragisch-berührende Geschichte in eine nostalgische, melancholische Vergangenheit, indem er in einer Rahmenhandlung in der heutigen Zeit das TV-Team einer Parapsychologie-Mystik-Sendung auftreten lässt: in einer Industriebrache, wo einst die Kommunisten ein Dorf niedergemacht haben zugunsten einer Fabrik, die jetzt in Ruinen liegt, forschen die Reporter nach den Geheimnissen des Ortes. Und treffen auf stumme, trauernde Frauen, auf Geister der Vergangenheit, die nicht ruhen wollen. Auf ebenso komische wie beunruhigende Weise ist dies ein ganz realer Gespensterfilm.
Fazit: Witziger, berührender, melancholischer und skurriler Film über das stalinistische Rumänien der 50er Jahre, über die Unterdrückung von Lebensfreude.