Die Science-Fiction-Idee von "Surrogates - Mein zweites Ich" ist grandios: Ideale Ersatzkörper lassen jeden sein, was und wie er will, sind nahezu unverletzlich; ein Leben wie im Computerspiel, "SimCity" in echt. Mit der Ausgangssituation lässt sich einiges erzählerisch anfangen, und die Drehbuchautoren Michael Ferris und John D. Brancato spielen - nach der Graphic Novel von Robert Venditti und Brett Weldele - auch hinreichend mit der Idee des Ersatzkörpers auf den unterschiedlichsten Ebenen.
"Surrogates - Mein zweites Ich" als feine kleine Story-Mischung aus "Blade Runner" und "I, Robot", jedoch kein Bombast-Sci-Fi-Kino, das seine Zukunftswelt mit futuristischen Settings und technischen Einfällen erschlägt, sondern relativ einfach gehalten und ganz auf die Surrogaten-Idee konzentriert. Die Wirkung fällt so angesichts des relativen, uns bekannten Alltags noch stärker aus. Vor allem ist er aber ein Action- und Spannungsfilm. Regisseur Jonathan Mostow hat sich dafür schon durch Breakdown empfohlen, aber auch durch Terminator 3, an den die eine oder andere Szene in Surrogates erinnert: so wenn der übermenschliche Surrogaten-Bruce Willis bei der Verfolgung des Mörders über Container springt oder der echte Fleischsack-Greer eine Surrogatin im Straßenverkehr aufzuhalten versucht.
Bei all der Action mit Wumms, die notgedrungen einige Male recht computergeneriert gerät, erschöpft sich jedoch der Film nicht in ihr oder stellt sie als Selbstzweck aus, sondern treibt über sie die Handlung voran. Diese, der Thriller-Plot, entpuppt sich zuletzt als relativ dünn. Doch dass dies kein großes Übel sein muss, hat zuvor schon Strange Days gezeigt, eine weitere Surrogates-Referenz.
Entsprechend ist das Komplott ziemlich wurscht; was zählt, sind die Einzeleinfälle und wie sie verknüpft und ausgespielt werden. In den Wendungen und Pointen zielt der Film auch darin auf das große Ganze, auf die Wie wäre es, wenn wir ein Ersatzleben führen-Frage ab: Was wenn dicke Männer sich als verführerische junge Frauen gerieren dürfen, Surrogaten geentert werden oder Krieg zum Videospiel verkommt, in dem Soldaten aus der Ferne Surrogaten-G.I.s lenken? Kaum etwas wird davon durchexerziert, nahezu jede Ausprägung der Körperersatzzukunft verdient eine eigene Story, was der Film nicht leisten kann und will. Die Fülle der Detaileinfälle macht das wett und regt immerhin zum selber weiterdenken an.
Bruce Willis kann als privater, abgebrannter Cop glänzen: Nach dem Unfall seines Sohnes verkehrt seine Frau mit ihm und der Welt nur mehr vermittels ihres Surrogaten-Ichs - hier wie da und besonders in der Künstlichkeit überzeugend: Rosamund Pike -, was der Film für einige leichthändige berührende Momente nutzt. Auch über die Figur des gebrochenen Surrogaten-Erfinders Canter oder Willis selbst, der notgedrungen und verunsichert das wirklich Leben auf der Straße (wiederer-)lernen muss, nehmen sich Mostow und die Autoren Zeit fürs Menschliche, zeigen selbst im Gut- und Böse-Plot im Grunde nur Opfer einer neuen Maschinenzukunft.
Natürlich könnte alles noch viel philosophischer daherkommen, und mag die Comic-Vorlage weit tiefgründiger, ambivalenter sein und das Thema Surrogaten leider hier in der Gänze allzu durcherzählt werden, obwohl man gerne mehr Filme dazu sehen möchte: "Surrogates - Mein zweites Ich" ist nichtsdestotrotz ein runder, unterhaltsamer und gar nicht dummer Film geworden.
Fazit: "Surrogates - Mein zweites Ich" ist ein flotter Action-Thriller, der mit seiner gewitzten Science-Fiction-Idee rundum zu spielen weiß.