Max hat einen Traum: Mit seiner Punkrockband „Systemfehler“ durchstarten und einen Plattendeal an Land ziehen. Tatsächlich wird ein Manager auf die vier Jungs und ihren Hit „Wenn Inge tanzt“ aufmerksam. Der Song ist das Markenzeichen der Schülerband und kann sie mit einem Live-Auftritt ganz nach oben bringen. Das Problem dabei: Die in dem Lied wenig schmeichelhaft besungene Inge gibt es wirklich. Sie ist durch den Song zum Gespött der Schule geworden. Als Joscha, der Gitarrist der Band, ausfällt, muss Ersatz her. Am besten würde sich Inge eignen, denn an der Gitarre ist sie ein Ass. Gegen eine Bedingung ist sie einverstanden: „Wenn Inge tanzt“ ist Geschichte und darf nie mehr gespielt werden. Wolfgang Groos‘ neuer Film ist ein gelungener Genre-Mix aus frechem Musikfilm und romantischer Teenie-Komödie. Die Konflikte, die er beschreibt, spiegeln die Perspektive der Jugendlichen perfekt wieder. Ob die erste große Liebe, der Traum vom Berühmtsein oder das Außenseitertum. Das alles wird nicht ohne eine große und sehr wohltuende Portion Selbstironie erzählt. Dafür steht vor allem die wunderbare Rolle des Onkel Herb, den die Rock’n Roll Legende Peter Kraus mit Augenzwinkern und großer Spiellust verkörpert. Und auch den Nachwuchs-Darstellern merkt man die Freude an ihren Rollen an. Tim-Oliver Schulz ist als Max die Idealbesetzung: Ein Macho nach außen, der sich nur um sich selbst kümmert, und erst im Laufe des Films merkt, was im Leben - und in der Musik - wirklich zählt. Paula Kalenberg ist als Inge sein perfektes Gegenüber. Ein junges Mädchen, das sich mit Witz und Esprit selbstbewusst behaupten kann und sich nichts gefallen lässt. Aber auch die anderen Bandmitgliedern kommen mit spritzigen Dialogen und sympathischen Eigenheiten zu ihrem Recht. Die Musikeinlagen sind von der Kamera meisterlich in Szene gesetzt, die Live-Atmosphäre der Konzerte zieht den Zuschauer in ihren Bann, auch die Songs - die die Schauspieler live performen - begeistern und sorgen für Suchtpotenzial. Schon bald springt nicht nur der Funke von Max zu Inge über. Auch der Zuschauer wird zum Fan von „Systemfehler“. Eine intelligent gemachte und fetzig inszenierte Punkrock-Comedy, die nicht nur Teenies begeistert! Denn „wenn Inge tanzt, dann tanzt sie Herz über Verstand!“
Jurybegründung:
Die Schülerband „Systemfehler“ steht kurz vor dem Abschluss eines Plattenvertrags, ein großer Auftritt ist bereits vereinbart, da verletzt sich der Lead-Gitarrist so schwer, dass an einen Auftritt nicht zu denken ist. Wo kann so schnell einen Ersatz gefunden werden? Nahe liegend wäre, die Mitschülerin Inge, eine hervorragende klassische Gitarristin, um Hilfe zu bitten. Doch sie stellt eine eigentlich nicht erfüllbare Bedingung. Der Erfolgssong „Wenn Inge tanzt“ von Max, dem Bandleader, zu ihrem Spott geschrieben und gleichzeitg der größte Hit der Band, darf nicht gespielt werden. Max bleibt nichts anderes übrig, als sich - scheinbar - auf diesen Deal einzulassen.
Der Film steigt großartig in sein Thema ein. Wir sehen Peter Kraus als alten Rockstar Herb König, dessen Hobby es ist, in Särgen Probe zu liegen, um das optimale Modell zu finden. Dabei parodiert er höchst wirksam sich selbst und hat großen Spaß daran, alle, vor allem die Jüngeren, immer mal wieder zu verblüffen. Damit ist das Thema „Rock’n Roll“ bereits gesetzt.
Die Musik von „Systemfehler“, eine Klasse für sich, begleitet den Film nahezu in jeder Szene und gibt ungeheuren Schwung. Dem Film gelingt es, sich immer wieder selbst als Klischee zu parodieren. Überzeugende, schnelle Dialoge, die in deutschen Komödien nicht immer selbstverständlich sind, erzeugen hier, zusammen mit der Musik, das Tempo. Die Schauspieler sind allesamt großartig besetzt und ihr Spaß am Spiel ist in allen Szenen spürbar. Die Charaktere der Figuren werden entwickelt, bleiben immer selbstironisch und damit in ihrer Albernheit großartig glaubwürdig. Der Humor wirkt deutlich subtiler als bei einer Komödie im Schülermilieu zu erwarten wäre. Weit entfernt davon, eine Klamotte oder ein „Paukerfilm“ zu sein, spürt man die Begeisterung des gesamten Teams. Die Ausstattung unterstützt die Stimmung zusätzlich aufs Beste. Das illustre im Stil der 70er Jahre eingerichtete Haus des Altstars Herb König dient samt Garten als großartige Kulisse. Bis zum Designer-Telefon stimmen alle Details. Auch die Kostüme, die besonders die weibliche Hauptfigur Inge als Öko-Aktivistin kennzeichnen, haben den richtigen Style und unterstreichen die unterschiedlichen Strömungen der Jugendkultur. Damit empfiehlt sich der Film nicht nur für die jungen, sondern auch für die jung gebliebenen musikbegeisterten Zuschauer.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)