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Tabu: Ein in schwarz-weiß gedrehtes Märchen über eine unmögliche Liebe in Afrika, das den Bogen bis ins moderne Lissabon zieht. Nostalgie trifft skurrilen Slapstick.

Handlung und Hintergrund

Aurora, eine leicht verwirrte ältere Dame nervt ihre Umgebung im heutigen Lissabon. Auf dem Sterbebett verlangt sie nach einem Fremden namens Gianluca, den sie noch einmal sehen möchte. Ihre hilfsbereite Nachbarin Pilar sucht und findet ihn. Doch er kommt zu spät und beginnt nach Auroras Beerdigung von einer dramatischen und verbotenen Liebe in Kolonialafrika zu erzählen zwischen einer jungen verheirateten Portugiesin und einem draufgängerischen Musiker, die in einer Tragödie endet.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Miguel Gomes
Produzent
  • Luis Urbano,
  • Luis Urbano,
  • Sandro Aguilar
Darsteller
  • Teresa Madruga,
  • Laura Soveral,
  • Ana Moreira,
  • Carloto Cotta,
  • Henrique Espirito Santo,
  • Isabel Cardoso,
  • Ivo Müller,
  • Manuel Mesquita
Drehbuch
  • Miguel Gomes,
  • Mariana Ricardo
Musik
  • Joana Sá
Kamera
  • Rui Poças
Schnitt
  • Miguel Gomes,
  • Telmo Churro

Kritikerrezensionen

    1. Regisseur Miguel Gomes inszeniert mit "Tabu" einer einzigartige und originelle Geschichte. Der Film beginnt als stummes Kino mit einer Erzählstimme. Man sieht eine abenteuerliche Kolonialepisode über eine Expedition, vermischt mit starken Emotion. Als Hommage an die Stummfilmzeit wird in schwarz-weiß und 4:3-Filmformat mit den heute ungebräuchlichen Formen gespielt, um eine adäquate Ausdrucksweise zu finden.

      Der erste Teil des Films spielt im heutigen Lissabon und porträtiert drei Frauen. Pilar ist einsam und kompensiert ihr Alleinsein, indem sie für andere da ist. Aurora ist wunderlich geworden, lebt in einer eigenen Welt, die sich aus Fantasie und Vergangenheit zusammensetzt und ihre Haushälterin Santa liest abends auf der Couch „Robinson Crusoe“. Den Übergang zum zweiten Teil des Films bildet Gian Luca Ventura als ein lange verschollener Bekannter von Aurora, den sie vor ihrem Tod noch einmal sehen will. Nun schwingt der Film 50 Jahre zurück und lässt sich in Venturas Erzählung ein, was damals geschehen ist. Der Film wird jetzt formal radikal, lässt nun alle Dialoge weg und nur noch Bilder, Geräusche, Musik und eine literarische Erzählerstimme bestimmen das Kapitel.

      Mit feiner Ironie und dem Mut zum Experimentellen, der lässigen Inanspruchnahme filmischer Traditionslinien und der einfallsreichen Einbeziehung vieler Abschweifungen und Episoden, weiß Gomes stets ganz genau, was er tut, was er will. Souverän entwickelt er sein Spiel, das die großen Emotionen ebenso enthält wie die kleinen Scherze. Immer wieder gibt es Film-im-Film-Einschübe, eine Traumerzählung von Aurora ist hinreichend absurd, um als Erklärung ihrer Spielleidenschaft zu versagen; da steht die große Liebe neben einer obskuren portugiesischen Coverversion von Phil Spectors „Be My Baby“, als Liebesbote dient ein kleines Krokodil, die Jagd auf Mount Tabu wird zu einer zoologischen Anekdote, die nirgendwohin führt. Und das Finale einer leidenschaftlichen Dreierbeziehung wird zum Startschuss für die Unabhängigkeitsrevolte.

      Fazit: „Tabu“ ist ein versponnener, verspielter und leidenschaftlicher Film, der mit experimenteller Form das Erzählen feiert und die Emotion, die im Erzählen steckt.
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    2. Tabu - Eine Geschichte von Liebe und Schuld: Ein in schwarz-weiß gedrehtes Märchen über eine unmögliche Liebe in Afrika, das den Bogen bis ins moderne Lissabon zieht. Nostalgie trifft skurrilen Slapstick.

      Ein in schwarz-weiß gedrehtes Märchen über eine unmögliche Liebe in Afrika, das den Bogen bis ins moderne Lissabon zieht.

      Miguel Gomes‘ Liebesdrama war wohl der ungewöhnlichste Film im Berlinale-Wettbewerb, auch wenn die ersten 20 Minuten Geduld erforderten. Wer dachte, da würde einer im Fahrwasser von „The Artist“ schwimmen wollen, wurde eines Besseren belehrt. Der frühere portugiesische Filmkritiker stellt die Geschichte auf den Kopf. Nach Präliminarien mit einer Art Prozession durch den Urwald an deren Ende jemand im Rachen eines Krokodils landet, beginnt das Kapitel „A lost Paradise“ mit einer scheinbar verwirrten älteren Dame namens Aurora, die um das Neujahrsfest herum ihre Umgebung in Lissabon nervt, vor allem ihre kapverdische Haushälterin, die sie für eine schwarze Hexe hält und beschimpft. Die Nachbarin kümmert sich aufopferungsvoll um sie und sucht den fremden Mann, Gianluca Ventura, den die Sterbende noch einmal sehen möchte. Zu spät.

      Mit dem Satz aus dem Off „Aurora wuchs in Afrika auf“ beginnt ein neues von Gianluca erzähltes Kapitel genannt „Paradise“ und führt direkt nach Afrika in eine Epoche Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jahre. Die junge Aurora (Ana Moreira) lebt glücklich mit ihrem Ehemann bis eben jener Gianluca (Carloto Cotta) auftaucht, ein schnittiger Don Juan und Musiker, und ihr Herz in Sturm gewinnt. Das heimliche Verhältnis nicht zwischen Schwarz und Weiß, sondern zwischen zwei Menschen gefangen in den Konventionen der weißen Kolonie, strahlt Nostalgie aus, setzt nicht auf Worte, sondern auf eine aufregende Tonspur mit Vogelzwitschern, Wassergeräuschen oder Grillengezirpe, die eine unbekannte Welt sinnlich erfahrbar macht. Die Amour fou im Schatten des Kilimandscharo - der Berg heißt im Film Tabu - zwischen sittsamer Ehefrau und sittenlosem Schlagzeuger mündet in einer Tragödie. Die Erinnerungen an ein Kolonialafrika mit seinen Brüchen vermittelt sich ohne Dialoge und nur mit dem Voiceover des Erzählers. Die zarte Poesie berührt, das souveräne Spiel mit filmischen Mitteln fasziniert. Und die Brieftexte der Liebenden mit blutendem Herzen sind so schön, dass man sich gerne dem ungewohnten Kitschbad hingibt. Dass der leidenschaftlich-melancholische Film sich des Titels von Friedrich Wilhelm Murnaus Geschichte einer verbotenen Liebe in der Südsee bedient, ist wohl kein Zufall. mk.
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