Ihre Liebe war grenzenlos, leidenschaftlich und doch verboten. Den expressionistischen Dichter Georg Trakl und seine Schwester Grete verband eine inzestuöse Beziehung, der beide versuchten zu entkommen. Doch ohne Erfolg. Ohne einander konnten sie nicht sein und miteinander rissen sie sich gegenseitig in ein obsessives Verderben, welches mit dem Selbstmord der Geschwister endete. Der Filmemacher Christoph Stark hat sich der selbstzerstörerischen Liebesgeschichte der Trakls gewidmet und zeigt, ganz in der Tradition klassischer Künstlerfilme, die Sehnsucht und die Qual in starken und perfekt komponierten Bildern. Durch die reduzierte Ausstattung und eine ganz eigene Farbdramaturgie entsteht eine theaterhafte und kammerspielartige Atmosphäre. Lars Eidinger und Peri Baumeister liefern ein eindringliches Spiel und lassen die historischen Figuren auferstehen. Die Kamera ist dicht am Geschehen, doch die Erzählung ist ruhig, fast träumerisch. Eine würdige filmische Hommage an einen großen Künstler und eine tragische Liebe.
Jurybegründung:
Ein außergewöhnlicher Titel, ein ungewöhnlicher Film, ein Thema, das in diesen Tagen wieder Aktualität erlangt durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs: Geschwisterliebe, Sexualität zwischen Bruder und Schwester. Die Geschwister Georg und Grete Trakl umgibt dieses Gerücht, es ist nirgends biografisch bestätigt, doch der Film macht es zum Inhalt. Die tragische Geschichte von Grete und Georg wird zum Mittelpunkt des Kammerspiels. Die schwüle Atmosphäre der Salons im anbrechenden 20. Jahrhundert, die großbürgerliche Attitüde wird in jeder Szene deutlich. Der Regisseur verlegt das Geschehen vor allem dorthin, nur wenige Szenen in der Natur sind zu sehen. Auch diese vermeiden es, den Horizont zu zeigen, für diese Beiden gibt es keine Hoffnung.
Großartig die Besetzung der Rollen, Lars Eidinger und Peri Baumeister verkörpern glaubwürdig die tragische Verstrickung von Leidenschaft und Begehren, die durch ihre Tabuverletzung um so zwingender wird. Jeder Versuch, die Situation zu klären, misslingt und treibt den jeweils anderen noch weiter in die Hoffnungslosigkeit. Die Gefühle und Befindlichkeiten spiegeln sich in Ausstattung und Milieu. Gleichzeitig lässt das den Film künstlich wirken, schafft Distanz, die theatralisch wirkt. Die Gedichtzitate aus Georg Trakls Werk tragen noch dazu bei.
Bei aller künstlerischen Qualität der Inszenierung, der Darstellung, der Ausstattung zeigt der Film Substanz und wird damit Cineasten erreichen.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)