Wenn ein Film im Presseheft als smarter Thriller angepriesen wird, heißt das meist: es handelt sich [i]nicht [/i]um einen Thriller, und smart bedeutet, dass andere Faktoren als Spannung wichtig sind: Kamera, Musik, Darstellung, psychologische Tiefe. Genau das bietet Anton Corbijns The American, das muss man wissen, bevor man den Film sieht, sonst könnte man enttäuscht sein. Man könnte aber auch enttäuscht sein, wenn man nichts anderes erwartet als das, was der Film bietet.
George Clooney geht darin einen weiteren Schritt auf seinem Weg vom Star zum Schauspieler, und es ist wie stets eine Freude, ihm zuzusehen. Auch wenn er hier anders als etwa in Up in the Air oder Männer, die auf Ziegen starren keine herausragende, sondern lediglich eine solide Leistung bietet: Clooney an sich ist schon mehr als genug: der wieder mal einen Getriebenen spielt, einen Einsamen, der auf der Suche ist nach einem Menschen und selbst gar keiner ist.
Corbijn als ehemaliger Star-Fotograph weiß ihn genau in Szene zu setzen, unterstützt von der dezenten, aber punktgenau gesetzten Filmmusik von Herbert Grönemeyer. Corbijn kennt die Bilder, die es braucht, um den Fremden in der Fremde zu inszenieren, ihn, der nur lamericano ist in dem Kaff in den Abruzzen, das an den Hügel hingeklatscht daliegt und von Kirchturm und Glockenläuten dominiert wird. Hierher verschlägt es Clooney, dessen Figur Jack heißt oder vielleicht Edward, der ein Killer ist, der weiß, wie man plötzlich und überraschend auftaucht, wie man schießt, wie man persönliche Gefühle ausblendet, wie man Verfolger ausmacht und ausschaltet. Misstrauen regiert den Einzelkämpfer, der aber in seinem Inneren sich nach etwas sehnt, das andere Leben nennen.
Soweit, so gut würde ein smarter Thriller wie dieser nicht auch noch ein gelungenes Drehbuch fordern. Dass hier letztlich eine sehr einfache Geschichte erzählt wird, ist noch kein Fehler dass sie aber spannungs- und einfallslos daherkommt, schon. Und dass sie trotz ihrer Einfachheit riesige Logiklöcher enthält. Und dass sie dabei den Zuschauer verliert. Wobei nicht die Vorhersehbarkeit des Plots das Problem ist, sondern seine Vagheit, seine latente Sinnlosigkeit die fehlende logische Notwendigkeit.
Ruhige Erzählweise gut und schön, aber wäre dann nicht auch Zeit gewesen, etwas mehr auszuleuchten, warum sich die Prostituierte Clara für Clooney (der sich für sie Edward nennt) interessiert, die ihn offen und nicht als Kunden anmacht? Muss eine einfühlend präzise, langsame Stilisierung des Geschehens bedeuten, dass jeder Ansatz von Spannung ins Leere führt? Verheißungsvoll wird ein Marktplatz von oben gezeigt, sitzt Clooney in einer Bar mit großem Fenster zur Straße, von wo er aus einem Wagen beobachtet wird doch die Ankündigung von Handlung, die in diesen Standardexpositionen des Thrillers steckt, wird nicht erfüllt. Wie freut man sich, wenn tatsächlich mal Schritte durch die nächtlichen Dorfgassen hallen, wenn tatsächlich mal Clooney mit einem Gegner konfrontiert wird!
Ansonsten ist die Bedrohung der Hauptfigur sehr zurückgefahren, oftmals findet sie eher im Kopf von Clooney statt als im tatsächlichen Geschehen des Films (oder im Kopf des Zuschauers). Manchmal ist sie zu überinszeniert in seinem Verdacht auf die Nutte Clara , manchmal zu unterspielt. Wenn sich am Ende tatsächlich ein paar Ereignisse überschlagen, fragt man sich, warum; und ob das denn nun wirklich so smart war, genau das zu zeigen, was zu erwarten war. Und damit sowohl auf Plot- als auch auf Emotionssuspense zu verzichten.
Fazit: Eine Art Kunst-Thriller, der aber vor allem wegen immenser Logiklöcher und ein bisschen wegen seiner allzu ruhigen Dramaturgie ins Leere läuft.