Ist „The Batman“ tatsächlich der beste Film über den Dunklen Ritter? Einige Sachen macht er jedenfalls definitiv besser als „The Dark Knight“.
– Dieser Artikel spiegelt die Meinung des Autoren wider und nicht notwendigerweise die von kino.de. Achtung: Es folgen Spoiler für „The Batman“! –
Spätestens seit den ersten Reaktionen zu „The Batman“ fragt sich gefühlt die ganze Filmwelt: Ist das wirklich der beste Film über den ikonischen DC-Helden? Ist er sogar besser als der allseits gefeierte „The Dark Knight“? Alleine, dass man die aktuelle Adaption von Matt Reeves („Planet der Affen: Survival“) auch nur mit dem Blockbuster von Christopher Nolan in Verbindung bringt, gleicht für viele einer Blasphemie. Es zeigt aber eben auch, dass „The Batman“ wirklich etwas Besonderes ist – und in einigen Punkten „The Dark Knight“ meiner Meinung nach sogar überlegen ist.
Bevor ich auf diese Aspekte eingehe, muss ich aber wohl erst einmal ein Geständnis ablegen, um hier wirklich mit offenen Karten zu spielen: Für mich ist „The Dark Knight“ weiterhin der beste Superheld*innenfilm, der bislang geschaffen wurde. Tatsächlich findet er sich seit über einer Dekade zuverlässig in der Top 5 der meiner Meinung nach besten Filme überhaupt wieder. Es ist wohl also gelinde gesagt eine Untertreibung, wenn ich schreibe, dass ich das Duell zwischen Christian Bales Batman und Heath Ledgers Joker dezent abfeier, wie es so schön heißt.
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„The Batman“ konnte „The Dark Knight“ zwar insgesamt meiner Meinung nach nicht übertreffen (was aber eben auch verdammt schwierig ist), allerdings hat mich der erste Auftritt von Robert Pattinson („Tenet“) als Dunkler Ritter dennoch schwer beeindruckt – und teilweise eben Nolans Geniestreich übertroffen.
Natürlich heißt das nicht gleich, dass „The Dark Knight“ die folgenden Punkte schlecht umgesetzt hat. „The Batman“ profitiert in einigen Belangen natürlich davon, dass hier ein anderer thematischer Schwerpunkt gesetzt und manchmal sogar durch den Nolan-Film eine Art geistige Vorarbeit geleistet wurde.
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Der Fear-Faktor
Allein der Einstieg in den Film setzte einen Aspekt in Batmans Dasein als Verbrechensbekämpfer gekonnt um, der bei Nolan nur am Rande aufgegriffen wurde: Angst. Allenfalls noch „Batman v Superman: Dawn of Justice“ zeigte in der Darbietung von Ben Affleck in einer Sequenz, wie sehr Kleinkriminelle den Dunklen Ritter fürchten.
Nichts davon kam jedoch ansatzweise an den stimmungsvollen Anfang von „The Batman“ heran, wo der DC-Held im Schatten aufgeht und die Verbrecher vor Panik ergriffen in die Dunkelheit starren, weil dort ja der Batman auf sie warten könnte. Dass sie ihn zu Recht fürchten, bewies er direkt danach, als er eine Gruppe Schläger windelweich prügelt. Ja, die Angst vor ihm geht sogar so weit, dass sie selbst das Opfer der Bande ergreift, das Batman ja eigentlich rettet.
Auch eine spätere Sequenz verdeutlicht die teils lähmende Angst, die Batmans Gegner spüren: Die Rede von dem Moment, als er erstmals sein Batmobil zum Einsatz bringt. Wie ein wütendes Tier lässt er es kurz vor der packenden Verfolgungsjagd mit dem Pinguin (Colin Farrell) aufheulen und praktisch mit den Hufen scharen. Der Gesichtsausdruck vom Pinguin, der am Ende der folgenden Actionsequenz kopfüber und hilflos in seinem Auto sitzend den Batman langsam wie eine Horror-Figur auf sich zukommen sieht, spricht Bände.
Der geerdete Anspruch
Eigentlich war dies das Markenzeichen der Nolan-Filme: Er erdete Batman, brachte ihn quasi in unsere Welt und verzichtete auf sämtliche fantastische Elemente, um seiner Adaption einen möglichst realistischen Anstrich zu verleihen. Nicht ohne Grund orientierte er sich an dem Heist-Film „Heat“ für „The Dark Knight“.
Im Vergleich zu diesem Werk wirkt „The Batman“ aber noch mal eine ganze Ecke bodenständiger und fühlt sich noch weiter auf ein realistisches Element heruntergebrochen an. Das liegt natürlich auch an den Gegenspielern: Der Pinguin könnte problemlos in einem Mafia-Film auftauchen und auch der Riddler (Paul Dano) wirkt mit seiner selbstgebastelten Maske wie von Matt Reeves beabsichtigt eher wie der Zodiac-Killer als wie ein Comic-Bösewicht. Der „The Dark Knight“-Joker mit seinem geschminkten Gesicht lässt einen die Ursprünge der Figur da doch deutlich stärker spüren.
Zudem überzeugt „The Batman“ in dieser Hinsicht mit seinem abgenutzten, dreckigen Aussehen. Batmans Ausrüstung in „The Dark Knight“ war eben Hightech und auf Hochglanz poliert, mit Ausnahme der aufzeichnenden Kontaktlinsen verzichtet die neueste Iteration praktisch völlig auf solche Spielerein und erdet seinen vermeintlichen Superhelden dadurch noch einmal stärker.
Das verkommene Gotham
Der noch realistischere Anstrich hilft auch stärker als bei „The Dark Knight“, uns wirklich ein Gefühl für Gotham und all die Probleme der fiktiven DC-Stadt zu geben. Während Nolan seinen Film größtenteils in Chicago filmte und Gotham somit auch im „Heat“-Sinne eher einen modernen Hochglanz-Look besitzt, setzte Matt Reeves für seine Interpretation hauptsächlich auf britische Städte wie Liverpool und Glasgow.
Gotham wirkt hier auch dank der Inszenierung deutlich verwinkelter, enger und ja, quasi dreckiger und ärmer. Dieser Anblick schreit einem die Probleme der Stadt praktisch ins Gesicht.
Doch auch innerhalb der Handlung vermittelt „The Batman“ ein besseres Bild davon, wie korrupt die Stadt und wie von Verbrechen geplagt ihre Bewohner*innen sind. „The Dark Knight“ thematisiert zwar auch die Mafia, konzentriert sich aber eben größtenteils auf das Duell zwischen dem Joker und Batman. Durch die düstere Detektivgeschichte stürzt sich Pattinsons Dunkler Ritter deutlicher in die Abgründe der Stadt und nimmt uns mit auf diese erschreckende Reise in den Straßen Gothams.
Der Plan des Riddlers
Heath Ledgers Joker bleibt für mich der beste Superbösewicht der Filmgeschichte, so sehr ich Paul Danos Leistung auch bewundere (wer „There Will Be Blood“ noch nicht gesehen hat, sollte das nachholen). Unterm Strich hat sein Riddler „The Batman“ nicht stark genug dominiert, um das direkte Duell zu gewinnen – allerdings war sein Plan besser.
Der Joker wollte Gotham mit Terror überziehen, um Batman und den darin lebenden Menschen das wahre Gesicht der Stadt zu zeigen und die Hoffnung auf Besserung zu zerstören. Sein großes Finale sah vor, dass sich zwei Fähren gegenseitig in die Luft jagen, um sich möglichst selbst zu retten. Als Joker (Wortspiel beabsichtigt) hatte er noch Harvey Dent (Aaron Eckhart) in der Hinterhand, den er korrumpiert hatte, um zu zeigen, dass selbst die strahlendste Figur der Stadt fallen kann.
Ein guter Plan, keine Frage, nur waren die Implikation von Riddlers Vorhaben deutlich furchterregender. Auch der Riddler zerrte das vermeintlich wahre Gesicht von Gotham ins Licht und bewies, wie korrupt die Stadt ist. Er tat es aber aus einem Gerechtigkeitsanspruch heraus und nicht, weil er die Welt einfach nur brennen sehen wollte, was letztlich sogar beängstigender ist. Schließich war der Riddler davon überzeugt, der Gute zu sein und am Ende sogar mit dem Batman ein Duo zu gründen, um die Korruption zu bekämpfen.
Aber auch wie der Joker ließ der „The Batman“-Bösewicht es nicht auf den Zufall ankommen, sondern hatte gleich zwei Asse im Ärmel: Während der Riddler im Gefängnis saß, brachen in Gotham durch Explosionen buchstäblich alle Dämme und vom Riddler angestiftete Nachahmungstäter wollten die neue Bürgermeisterin erschießen. Das ist ebenfalls eine deutlich schrecklichere Botschaft: Es gibt eben nur einen Joker, aber jeder Verblendete mit einem falschen Sinn für Gerechtigkeit kann zum Riddler werden und für Chaos und Tode sorgen.
Batman ist deutlich interessanter
Vermutlich meine kontroverseste Meinung zu „The Dark Knight“, aber: Batman ist darin der für mich wohl tatsächlich schwächste Part. So sehr es für mich ein Meisterwerk ist, schafft der Film es dann am Ende des Tages doch nicht, dem Superhelden einen wirklich tiefgründigen Charakter oder eine rundum stimmige Entwicklung zu verleihen. Die Show gehört eben dem Joker.
Ganz anders „The Batman“. Bruce Wayne befindet sich hier im zweiten Jahr seines Lebens als Verbrechensbekämpfer und ist praktisch nicht mehr existent. Wie der Riddler am Ende korrekt feststellt, ist Batman inzwischen seine wahre Persönlichkeit und der Wayne-Nachfolger darin fast vollkommen aufgegangen. Völlig verzehrt von Rache will er es den Verbrecher*innen der Stadt heimzahlen, ist dabei zur kompletten Selbstaufgabe bereit. Robert Pattinson gibt dem Schmerz um Batman Entstehungsgeschichte ein für mich besseres Gesicht als je ein Live-Action-Film zuvor – ohne, dass der Mord an seinen Eltern überhaupt gezeigt wurde.
Am Ende muss Batman aber eben erkennen, dass seine Selbstjustiz nicht genug ist. Es reicht nicht, einfach nur die Bösen zu Brei zu schlagen, er muss den Leuten wirklich helfen, um Gotham zu retten. Bruce hat letztlich erkannt, dass Rache ihn nicht weiterbringt, sondern er der Stadt Hoffnung geben muss; auch, um das Erbe seiner Familie wirklich zu würdigen.
Vor diesem Hintergrund bin ich sehr gespannt, was Matt Reeves in „The Batman 2“ zu bieten hat und wie er die Entwicklung von Bruce Wayne fortführt. Eine Fortsetzung wurde zwar offiziell noch nicht angekündigt, das dürfte aber nur eine Frage der Zeit sein.
Jetzt seid ihr gefragt: Wie gut kennt ihr Batman?