The Dark Knight Rises: Finale von Christopher Nolans neuer Batman-Trilogie mit Christian Bale. Gegner ist diesmal der brutale Schläger Bane.
Ein letztes Mal darf Batman unter der Regie von Christopher Nolan seine schwarzen Schwingen ausbreiten - und spektakulär beenden, was 2005 mit „
Batman Begins“ begonnen hat.
Ein Sturm wird kommen, warnt eine der neuen Hauptfiguren den noch ahnungslosen Bruce Wayne sehr früh in „The Dark Knight Rises“ - als ob man dem Publikum das sagen müsste. Denn dass das Chaos wieder regieren wird in Gotham City, das darf man voraussetzen in Christopher Nolans mächtigem Abschluss seiner Schwarzer-Rächer-Trilogie, der nur einen Haken hat:
Der Film kann es nicht ganz aufnehmen mit „
The Dark Knight„, dem unmittelbaren Vorgänger von 2008, in dem es Batman mit dem längst Legende gewordenen Joker zu tun bekam. In diesem zweiten Teil hatte Nolan absolut freie Hand: Er konnte den Film gestalten, wie es ihm gefiel. Er konnte die Themen und Figuren ausbreiten, die ihm wichtig waren. So pur können ein Anfang und ein Ende nicht sein:
Der erste Film hatte die klar definierte Aufgabe, Nolans ureigene Mythologie von Batman zu etablieren, irgendwo zwischen dem originalen DC Comic von Bob Kane und dem protofaschistischen Reboot von Frank Miller aus den Achtzigerjahren, vom Regisseur mit seinem Bruder Jonathan und David S. Goyer zu einer höchst persönlichen Vision fusioniert.
Der dritte Film wiederum muss nun alle Fäden zusammenführen, die aufgebauten Motive und Themen zu Ende bringen, während er eine eigene Handlung mit einer Hülle neuer wichtiger Figuren aufbaut und vorantreibt. Nolan meistert die Aufgabe mit einer großen Oper, einem rein logistisch größenwahnsinnigen Unterfangen, das zum einen grandioses Entertainment bietet, aber auf eine höchst subversive Weise auch ein ganz persönlicher Autorenfilm ist.
Die Handlung setzt acht Jahre nach „The Dark Knight“ ein, und doch ist die Verbindung zwischen den beiden Filmen nahtlos. In einer Rede preist Polizeichef Gordon die Verdienste von Harvey Dent, dem vermeintlichen Helden von Gotham, dessen Schuld und Wahnsinn Batman auf sich lud, um der Metropole den Frieden zu bringen. Die persönlichen Konsequenzen sind tragisch: Batman ist spurlos verschwunden, Bruce Wayne lebt zurückgezogen wie Howard Hughes in seinem Anwesen. Aber das Verbrechen ist tatsächlich effektiv getilgt aus Gotham. Bis sich buchstäblich die Unterwelt erhebt, Bane und seine Armee auftauchen und mit der Befreiung der einfachen Leute aus der Umklammerung der Besitzenden einerseits und nuklearer Verwüstung andererseits drohen.
Eingeführt in einer sensationellen Sequenz hoch in den Lüften, wo ein russischer Wissenschaftler den Händen der CIA entrissen wird, ist Bane das genau Gegenteil des Jokers, ein Gebirge von Mann, dessen Gesicht in Teilen von einer metallenen Maske bedeckt ist. Er ist kein genialer Selbstdarsteller und unberechenbarer Taschenspieler wie der Joker, er ist ein Soldat, sein Nihilismus ist ganz und gar pragmatisch, aber wie schon der Joker und Scarecrow im ersten Film ist auch dieser Bösewicht ein Alter Ego Batmans, der ihm stets den Spiegel vorhält. Und Bane, wie Wayne ausgebildet in Ra’s al Ghuls Gesellschaft der Schatten, ist seinem Gegenspieler körperlich mehr als gewachsen: Durch die Präsenz des Berserkers, der die ganze Stadt als Geisel nimmt, zur Rückkehr gezwungen, kommt es schon bald zum Aufeinandertreffen Zwischen Batman und Bane, bei dem Batman körperlich gebrochen und in jenen Abgrund der Verzweiflung geworfen wird, aus dem Bane, wie es die Legende besagt, einst entkommen konnte.
Es mag paradox klingen. Erst jetzt, mit Batman auf einen Nebenschauplatz verbannt, kommt der Film richtig ins Rollen, zahlt sich die bisweilen ausufernd wirkende Exposition aus. Altbekannten Figuren wie Polizeichef Gordon, Butler Alfred und Finanz- und Gizmo-Meister Lucius Fox musste erst einmal ihr Platz in dieser Geschichte zugewiesen werden; neue, für den Verlauf der Handlung überaus relevante Charaktere wie der idealistische Cop Blake (Joseph Gordon-Levitt), die philanthrophische Milliardärin Miranda Tate (Marion Cotillard) und die raffinierte Diebin Selina Kyle (Anne Hathaway), die alsbald als Catwomen auf den Plan tritt, mussten in Stellung gebracht werden. Nun aber kann der Plot mit zwingender Logik und atemloser Spannung abgespult werden, hin zu einem Showdown, der tatsächlich wie eine Vollendung wirkt, der den Bogen schlägt zurück in die Vergangenheit, zur Herkunft Batmans, und doch in die Zukunft weist: eine Art ganz große Entstehungsgeschichte, in deren Verlauf Bruce Wayne erst als Held geboren werden und fallen musste, um schließlich lernen zu können, was es bedeutet, der Mensch zu sein, der sich hinter der Maske befindet.
Christopher Nolan nutzt die von ihm ausgebreitete Leinwand, um an dem großen Bild weiterzumalen, das seine „Batman“-Trilogie auch ist: die Kritik eines Außenstehenden an Amerika und seine Menschen. War „The Dark Knight“ noch ein Zerrspiegel ganz realer Terrorängste, spinnt „The Dark Knight Rises“ sein Gesellschaftsbild konsequent weiter: Bedrohung durch Terrorismus speist hier dumpfe Ressentiments, die sich in unbändiger Wut auf das eigene System Bahn brechen. Anschläge Banes auf die Börse der Wall Street und ein Football-Spiel sind Attacken auf Inbegriffe amerikanischen Lebens. Bei aller Verzweiflung ist Nolans Blick hier aber auch erstmals von Hoffnung geprägt: Heldentum ist hier weniger todsicherer Wegweiser in die persönliche Finsternis, sondern ein auch ein möglicher Ausweg aus Chaos und Zerstörung, wenngleich immer ein Preis zu bezahlen ist.
Eine in ihrem Ernst und ihrer Ambition einzigartige, durch und durch ambivalente Saga, die die Idee auf den Prüfstand stellt, was ein Blockbuster ist und was Entertainment leisten kann und zu was Comic-Verfilmungen in der Lage sind, findet ihr spektakuläres Ende. Sie ist ein Triumph, ein persönlicher für ihren Macher, aber auch für das Kino selbst: Wenn man in einen der kommerziellsten Filme des Jahres so viele Ideen packen kann, muss einem nicht bang sein um die Bedeutung des Mediums. ts.