John Woos eigenes Remake seines Actionklassikers „The Killer“ sorgt für Begeisterung, aber auch für Enttäuschung, was sich in den ersten Kritiken zeigt.
Filmemacher John Woo ist der unbestrittene Großmeister des sogenannten Heroic Bloodshed. Das in den 1980er-Jahren begründete Subgenre des Actionkinos in Hongkong zeichnet sich durch hyperstylische, ästhetisch hochqualitative Actionszenen aus, häufig unter Einsatz von Zeitlupen. Die nicht selten damit einhergehende exzessive Gewaltdarstellung bescherte den Genrevertretern nicht selten eine Indizierung in Deutschland. Zugleich sind gerade John Woos Filme hochemotional, behandeln Themen wie Freundschaft, Loyalität und Liebe. Gerade in diesem Zusammenhang sprach die Presse stets von einem „Todesballett“ bei seinen Klassikern „A Better Tomorrow“, „Hard Boiled“ und vor allem „The Killer“.
Nun hat der Ausnahme-Filmemacher, unter dessen Fans sich auch die Hollywood-Legenden Martin Scorsese und Quentin Tarantino befinden, seinen zweifellos einflussreichsten Film „The Killer“ für den Streamingdienst Peacock neu aufgelegt. Ein Fehler, glaubten einige im Vorfeld. Zum einen entstand der Actionklassiker in einer Zeit des Umbruchs für die Weltmetropole Hongkong wenige Jahre vor der Übergabe an China, vor der sich die Bevölkerung fürchtete. Zum anderen war der 77-Jährige Ende der 1980er-Jahre auf der Höhe seiner kreativen Schaffenskraft. Nicht wenige halten „The Killer“ für Woos Opus magnum. Keines seiner Nachfolgewerke kam an diese unnachahmliche Vermählung aus Gewalt und Emotionalität heran.
Für das Remake wurde die Handlung von Hongkong nach Paris verlegt, während die Rollen von Chow Yun-fat und Danny Lee nun von Nathalie Emmanuel („Game of Thrones“) und Omar Sy („Lupin“) ausgefüllt werden. Alles andere ist dem Trailer nach geblieben: wilde Schießereien, die „John Wick“ alt aussehen lassen, explodierende Motorräder und christliche Symbolik:
„The Killer“ Remake: Brauchbare Action, aber kein „The Killer“
John Woos Hollywood-Rückkehr nach über 20 Jahren mit „Silent Night – Stumme Rache“ war nicht von Erfolg gekrönt. An den Kinokassen ging der Actionfilm trotz origineller Idee völlig unter, auf Rotten Tomatoes gibt es gerade einmal 59 % bei den Kritiken und 50 % vom Publikum. Da war die Sorge verständlich, dass er mit dem Remake zu „The Killer“ sein eigenes Vermächtnis beschädigen könnte.
Ist es Woo trotz aller Befürchtungen im Vorfeld gelungen, ein würdiges Remake zu erschaffen? Immerhin ist das Original selbst stark inspiriert vom französischen Klassiker „Der eiskalte Engel“ mit dem kürzlich verstorbenen Alain Delon in der Hauptrolle. In den USA ist die Neuauflage seit dem 23. August 2024 über den Streamingdienst Peacock verfügbar und die ersten Kritiken und Meinungen sind mittlerweile etwa über soziale Netzwerke veröffentlicht worden. Diese fallen relativ uneins aus. Manche hatten durchaus ihren Spaß am Film, andere weniger. In einem Punkt sind sich jedoch alle einig. Das Remake kann dem Original nicht das Wasser reichen:
Jordan Mintzer von The Hollywood Reporter hält das Remake für eine „fade“ Angelegenheit:
„Im Vergleich zur neuen Welle an ultrastilisierten Actionfilmen, die ‚John Wick‘ vor einem knappen Jahrzehnt losgetreten hat, ist da etwas an dieser zweiten Version von ‚The Killer‘, das sich bereits alt anfühlt.“
Bilge Ebiri von Vulture hatte dagegen viel Freude am Remake, wobei er zugleich zugegeben hat, auch an „Silent Night“ Gefallen gefunden zu haben:
„Während dieser neue ‚The Killer‘ die schiere Größe des Originals vermissen lässt, versteht es [John] Woo noch immer, seine Actionszenen kreative zu gestalten – selbst wenn er nur die größten Hits abspult.“
Matt Singer von Screen Crush hat das „The Killer“-Remake vollkommen überrascht:
„Nichts an diesem Film ist neu, aber Hollywood produziert dieser Tage so wenige wirklich düstere Thriller, dass es sich dennoch neu anfühlt. Die Welt brauchte kein Remake von ‚The Killer‘; und es ist denkbar, dass dieser Film – wäre er von jemand anderes als John Woo inszeniert worden – wie die Entweihung eines Meisterwerks gewirkt hätte. In Woos Händen funktioniert das Ganze dagegen noch einmal von neuem.“
David Ehrlich von IndieWire ist regelrecht schockiert darüber, wie gut das Remake ausgefallen sei:
„‚The Killer‘ weicht nicht allzu sehr von der Grundstruktur des Originals ab, aber er übt so einen unterschiedlichen Druck auf jeden Takt aus, dass er sich wie ein vollkommen anderer Film anfühlt.“
Dagegen kann Alex Maidy von Joblo so überhaupt nichts mit der Neuauflage anfangen. Im Gegenteil:
„‚The Killer‘ ist ein Meisterwerk, das seiner Zeit voraus war, während die 2024er-Version längst überholt ist. Trotz der perfekten Besetzung mit Nathalie Emmanuel in der Hauptrolle und der großartigen Leistung von Omar Sy ist ‚The Killer‘ eine uninteressante und überlange Verschwendung von Zeit und Talent. […] ‚The Killer‘ ist das vielleicht unnötigste Remake seit Gus Van Sants ‚Psycho‘.“
Wann und wo das Remake hierzulande zu sehen sein wird, steht aktuell noch nicht fest. Der Streamingdienst wurde hierzulande wieder eingestellt.
Wer lieber John Woos 1989er-Klassiker zur Sammlung hinzufügen will: „The Killer“ gibt es mittlerweile auf Amazon vollkommen ungeschnitten auf Blu-ray.
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