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„The Lodge” Kritik: Albtraumhafter Horror von den „Ich seh Ich seh”-Machern

„The Lodge” Kritik: Albtraumhafter Horror von den „Ich seh Ich seh”-Machern
© SquareOne Entertainment

Horror in der kanadischen Winterlandschaft: Ein Familienausflug wird für alle Beteiligten zum Albtraum. Die Österreicher Veronika Franz und Severin Fiala zeigen auch bei ihrem zweiten Spielfilm wenig Nachsehen und locken das Publikum auf falsche Fährten. Wir haben „The Lodge“ auf dem Fantasy Filmfest gesehen und es uns im Kinosessel nicht allzu bequem gemacht.

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Das österreichische Regie-Duo Veronika Franz und Severin Fiala hat mit seinem Spielfilm-Debüt „Ich seh Ich seh“ für Aufsehen gesorgt und bei Kritikern wie beim Publikum Begeisterungsstürme entfacht. Der steril inszenierte Horrorfilm wirkt nach und funktioniert, vortrefflich sogar. Fünf Jahre später folgt Nachschub, diesmal in englischer Sprache und in Zusammenarbeit mit der legendären Horror-Produktionsschmiede Hammer Films, die für diverse Genre-Klassiker verantwortlich zeichnet.

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Statt ihre Protagonisten in der Hitze des österreichischen Sommers brüten zu lassen, dient „The Lodge“ eine eisige Winterlandschaft im Nirgendwo als schicksalsträchtige Kulisse. Unglückliche Umstände führen dazu, dass Aidan (Jaeden Martell) und Mia (Lia McHugh) mit der neuen Freundin (Riley Keough) ihres Vaters (Richard Armitage) in einer abgeschiedenen Holzhütte ausharren müssen. Eigentlich sollte der mehrtägige Ausflug ein Fünkchen Familienidyll abwerfen, das hofft zumindest der Vater, doch ausgerechnet der muss noch einmal zurück in die Stadt und überlässt Grace die Aufsicht über seine beiden Kinder.

Wenn das Trauma dich einholt…

Die Personen-Konstellation, die sich daraus ergibt, führte schon im Vorgängerfilm zu allgemeiner Unzufriedenheit aller Beteiligten, was schließlich eine doch recht perverse Eskalation der Dinge zur Folge hatte und für viele Zuschauer traumatisch gewesen sein dürfte. Traumata werden auch in Franz‘ und Fialas neuem filmischen Werk verhandelt: Es sind einerseits die Geschwister, die weitaus mehr als nur die Trennung der Eltern verkraften müssen, andererseits kämpft auch Grace mit den bösen Geistern ihrer Vergangenheit – nur dass es keine Spukgestalten sind, sondern seelische Qualen, die aus dem von einer religiösen Sekte angestoßenem Massensuizid resultieren, den sie als junges Mädchen als Einzige überlebte.

Keine guten Voraussetzungen für eine erholsame Auszeit. Wie sich das gehört, ist das Geschwisterpaar Grace gegenüber zunächst einmal feindlich gesinnt – sie stellen ihre Abneigung trotzig zur Schau und so wundert es kaum, dass die psychisch labile Ersatzmama die Schutzbefohlenen des Stehlens bezichtigt, als plötzlich nicht nur ihre Pillen, sondern auch die Essens-Vorräte, winterliche Kleidung und Präsente verschwinden. Da sich per se kein Schuldiger finden lässt und sich wegen des anhaltenden Schneesturms Panik breit macht, droht die Situation auch diesmal zu eskalieren, allerdings schleichender, denn die Umstände sind in diesem Fall nicht so klar gezeichnet, wie sie es noch beim Vorgänger waren.

Effektive Schockmomente und falsche Fährten

Auch bei „The Lodge“ kann man sich als Zuschauer nicht allzu bequem in den Kinosessel sinken lassen. Franz und Fiala schaffen eine beklemmende Atmosphäre, streuen durchaus effektive Schockmomente ein und spielen mit der Erwartungshaltung ihrer Zuschauer. Wer sich auf die falsche Fährte locken lässt, wird vom Twist überrascht sein. Wer diesen schon erahnte, kann danach zumindest der Spirale des Bösen genüsslich dabei zusehen, wie sie sich immer schneller dreht. Das Perfide, was „Ich seh Ich seh“ so brillant anhaftete, ist bei „The Lodge“ nur in abgeschwächter Form vorhanden und dennoch werden auch hier Machtspielchen verhandelt, kindliche Urängste hervorgeholt und akute Vertrauensfragen aufgeworfen.

Der Film reiht sich ein in eine neue Welle von Horrorfilmen, die das Genre in den letzten Jahren schleichend erobert. Spätestens als die Geschehnisse kurzerhand mit Hilfe eines Puppenhauses dupliziert werden, ruft das unweigerlich Erinnerungen an „Hereditary“ wach, auch wenn das Okkulte bei der amerikanisch-britischen Koproduktion glücklicherweise nur wenig Platz findet und die Filmemacher dramaturgisch weitaus geschickter vorgehen.

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Dem Unheil auf den Fersen

Lobend erwähnt werden sollte vor allem die beachtliche Kameraarbeit von Thimios Bakatakis, dessen kunstvolle Bildsprache einem schon in Yorgos Lanthimos‘ Œuvre („The Killing of a Sacred Deer“, „The Lobster“) begegnete. Das intensive Spiel der Darsteller bringt den Zuschauer seinem persönlichen Seelen-Unheil ein Stück näher. Jaeden Martell, der aktuell mit „ES: Kapitel 2“ auf der Leinwand zu sehen ist, und Lia McHugh sind die treibenden Kräfte der Schauermär und wissen um die im Horrorfilm so essenzielle Gunst des Zuschauers zu kämpfen. Dagegen verblasst Riley Keoughs Spiel an manchen Stellen, was der Intensität des Leinwandgeschehens allerdings keinen Abbruch tut. Der Einsatz konventioneller Erzählmotive und Bilder funktioniert nicht uneingeschränkt und wirkt zuweilen nicht zu Ende gedacht, auch die Platzierung christlicher Symbolik ist auf Dauer etwas ermüdend – und dennoch macht Franz‘ und Fialas Inszenierung das Leinwandgeschehen spürbar, evoziert Empathie für ihre Figuren und beweist geschickt, dass Kindheitstraumata die nachhaltigsten sind und kindliche Urängste in jedem von uns schlummern.

Letzteres haben wir schon beim filmischen Vorgänger schmerzlich lernen müssen. Hier ist jedoch die Fallhöhe eine andere, auch weil der Auslöser des Spuks lange Zeit im Verborgenen bleibt. Während wir bei „Ich seh Ich seh“ durch ein Ende mit Schrecken erlöst werden, entpuppt sich „The Lodge“ als Schrecken ohne Ende. Die Moral der Geschicht‘ bleibt allerdings dieselbe und so entlassen Franz und Fiala ihr Publikum auch dieses Mal mit einer bitteren Erkenntnis aus dem Kinosaal: Tragödien kommen selten allein.

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Fazit:

„The Lodge“ ist eine clever inszenierte Schauermär, die zwar auf konventionelle Genre-Strategien zurückgreift, dabei aber die Erwartungshaltung der Zuschauer gekonnt untergräbt. Wo sich bitterböse Schockmomente mit unheilvollen Bildern vermengen und sich kindliche Fragilität mit sturem Trotzverhalten paart, ist Gefahr im Verzug. Das ist zwar ein guter Anfang, bei Veronika Franz‘ und Severin Fialas neuestem Horrorstreich aber noch lange nicht das Ende – der Albtraum geht weiter.

„The Lodge“ startete am 6. Februar 2020 in den deutschen Kinos.

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