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„The Lost King“-Kritik: Berührende Tragikomödie trifft auf eine etwas andere Geschichtsstunde

„The Lost King“-Kritik: Berührende Tragikomödie trifft auf eine etwas andere Geschichtsstunde
© X-Verleih AG

Nach dem Überraschungshit „Philomena“ erscheint mit „The Lost King“ ein weiteres Biopic von Stephen Frears. Dieses Mal geht es um den kuriosen Fund der Gebeine von König Richard III, welche unter einem Parkplatz in England gefunden wurden.

Die Nachricht sorgte 2012 und 2013 für Schlagzeilen. Unter einem Parkplatz in Leicester wurden jahrhundertealte Gebeine gefunden, die sich tatsächlich als die lang verschollenen Überreste von König Richard III. herausstellen sollten. Initiatorin dieses Jahrhundertfunds war die Amateurhistorikerin Philippa Langley.

Das Biopic „The Lost King“ von Regisseur Stephen Frears („Philomena“) zeichnet ihre Suche, ihre Motivation und ihre tragische wie heroische Rolle beim Fund nach. Dargestellt wird sie von der oscarnominierten Sally Hawkins („The Shape of Water“). Ab dem 5. Oktober 2023 ist das Biopic hierzulande zu sehen, wir verraten euch in der kino.de-Kritik, warum sich ein Gang ins Kino lohnt. Zuvor könnt ihr euch im Trailer einen ersten Eindruck vom Film verschaffen:

Zunächst Charakterstudie, dann Lehrstunde

In „The Lost King“ werden wir zunächst an die zweifache Mutter und Werbefachfrau Philippa Langley herangeführt. Sie leidet an ME, auch bekannt als chronisches Erschöpfungssyndrom, hofft auf die langersehnte Beförderung und wird erneut von ihrem Chef übergangen. Zu Hause läuft es ebenso nicht rund. Trotz Trennung muss sie sich gemeinsam mit ihrem Mann (Steve Coogan) um ihre Söhne kümmern.

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Als sie mit ihrem Sohn zu einer Schulaufführung des Shakespearestücks „Die Tragödie des Richard III.“ geht, weckt der Richard-III.-Darsteller (Harry Lloyd) in ihr eine Faszination mit der historischen Persönlichkeit. Dieser widmet sie nun akribisch ihre ganze Aufmerksamkeit und Zeit. Das negative Bild, das dem einstigen König von England anhaftet, stößt ihr sauer auf. Hinzu kommt, dass sie fortan in den unpassendsten Momenten Visionen des Königs hat, die ihr stets in der Form des Theaterdarstellers erscheinen.

Entgegen jeder Vernunft und allem zum Trotz wagt sie eine Reise in die Vergangenheit und liest sich in zahlreiche Geschichtsbücher ein. Bei der Richard III. Society findet sie Anklang für ihre Gedanken und erfährt, dass die Gebeine seit Jahrhunderten als verschollen gelten. Man sagt, seine Leiche wurde in einen Fluss geworfen. Hier beginnt die etwas andere Geschichtsstunde. Mit vollem Elan will Philippa herausfinden, ob die Gebeine nicht doch eine echte letzte Ruhestätte fanden und geht auf die Suche nach möglichen Gräbern.

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Die wunderbare Sally Hawkins

Sally Hawkins spielt Philippa Langley mit einer Inbrunst, die ansteckend ist. Von ihrem Chef aufgrund ihrer Behinderung übergangen, von ihrem Ehemann für eine Jüngere links liegen gelassen und von einem doofen Kommentar eines Vaters bei der Schulaufführung angetrieben, findet sie ausgerechnet in König Richard III. eine Identifikationsfigur. Von der restlichen Welt wird der einstige König als Monster deklariert, der etwa zwei Prinzen töten ließ, sich den Thron gewaltvoll unter den Nagel riss und zudem noch bucklig war.

Für Philippa ist schnell klar: Sie muss Richards Namen reinwaschen, indem sie seine lang verschollenen Überreste findet. Mit diesem Entschluss beginnt für sie zunächst eine Schnitzeljagd, die auch für das Publikum greifbar wird. Sie lernt nicht nur, dass auch gewisse Geschichtsbücher ihre Probleme haben, sondern, um eine Person von einst zu verstehen, genau zwischen den Zeilen lesen muss.

Mit Sally Hawkins ist Philippa Langley wunderbar besetzt. Ihre Philippa ist eine Figur mit Fehlern, die jedoch dank ihrer präzisen Schlussfolgerungen genau weiß, wohin die Reise führen muss. Zur Sympathieträgerin wird sie nicht nur durch ihre Familie, sondern insbesondere durch ihrer Rolle als Underdog in der von Männern dominierten Welt der Historiker*innen und Geldgeber*innen.

Die Tragödie der Philippa Langley

Ohne zu viel vorwegzunehmen, schafft es Philippa schließlich das Grab ausfindig zu machen. Doch ihre Reise ist an diesem Punkt nicht beendet. Zu sehr haftet dem einstigen König sein negatives Bild an, das Shakespeare im Theaterstück „Die Tragödie von König Richard III.“ umschreibt.

Philippas Kampf um Anerkennung für Richard III. ist zugleich ein Kampf um ihren eigenen Namen. Sie kämpft dafür, dass ihre Rolle bei der Ausgrabung von den Behörden und Universitäten anerkannt wird. Ein Akt, der über zehn Jahre später immer noch weitergeht. Als der Film im Herbst 2022 in den britischen Kinos startete, sprach die Universität Leicester von „zahlreichen Ungenauigkeiten“ im fertigen Film.

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Ganz gleich, ob die Universität mit ihren Aussagen recht behält, „The Lost King“ entlässt das Publikum mit einer neuen Sichtweise auf die geschriebene Geschichte. Ein Weg ins Kino lohnt sich sowohl für Hobbyhistoriker*innen, als auch jene, die eine aufbauende Geschichte über eine starke Frau sehen möchten, die aller Widerstände zum Trotz ihren eigenen Weg geht. Ein Film für Jung und Alt gleichermaßen.

Im Quiz über Kostümdramen könnt ihr euer Wissen über zahlreiche weitere britische Film- und Serienproduktionen testen:

Kostümdrama-Quiz: Könnt ihr nur anhand des Kostüms die historisch angehauchte Serie erkennen?

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