Nicht Kommunismus wird Amerika besiegen, sondern etwas von Innen heraus, etwas Verderbliches und Zersetzendes, erklärt ein Pfarrer vor Gericht, beim Prozess um die als pornografisch eingestuften Fotos von Irving und Paula Klaws.
Betty Page war eines ihrer Models, ein nicht dummes, aber naives Mädel aus Tennessee mit dem Traum, in New York Schauspielerin zu werden. Ein Traum, der so viele Mädchen antreibt, ein Nebeneffekt des Hollywood-Starsystems. Unter dem Deckmantel, Starfotos zu verkaufen, wird bei den Klaws unter dem Ladentisch fetischistisches Bildmaterial gehandelt, hohe Schuhe, Korsetts, Nylon und Fesseln.
Betty Page lässt sich fotografieren, das Verkleiden macht ihr Spaß, und die Filmchen, die sie dreht, Sallys Punishment zum Beispiel, sind keinesfalls sexuell stimulierend oder auch nur erotisch: Mädchen in engen Korsetts blödeln herum, haben ihren Spaß am Amateurfilm, alles ist unbeholfen und albern, wie sie vor der Kamera herumhampeln, ohne so richtig zu wissen, was sie tun sollen. Doch es wird als jugendgefährdend eingestuft in den 50ern, die Post weigert sich, das Material zu versenden, und ein Vater führt den Tod seines Sohnes auf diesen Schmutz zurück.
Betty Page hat die typische Karriere durchgemacht: gut in der Schule, aber nicht gut genug, eine gescheiterte Ehe, Umzug nach New York, Schönheitswettbewerbe, Schauspielschule und Fotos im Badeanzug, in Unterwäsche, nackt. So wurde sie Pin-up Queen of the Universe.
Der Film zeigt in Schwarz-Weiß und Technicolor-Farben, der Ästhetik der 50er, diese Karriere einer jungen Frau, die sich nichts Böses denkt. Ihre Fotos sind harmlos, wohl schon für damalige Maßstäbe, und gerade die Harmlosigkeit zeigt den Druck, der auf der damaligen Gesellschaft lastete: Die Männer gierten nach den Bondage-Bildern, die so offensichtlich gestellt und falsch sind, anders als ausgerechnet mittels dieser billigen Bildchen konnten sie wohl ihre Triebe nicht befriedigen. Und die Obrigkeit übte großen Druck aus, es war genau festgelegt, was gesehen werden durfte: auf jeden Fall kein verdächtiger Schatten im Bikinibereich.
Adam und Eva waren auch nackt, und erst als sei gesündigt hatten, trugen sie Kleidung, sagt Betty Page, und mit dieser Einstellung beruhigt sie ihr Gewissen. Denn sie ist gläubig, ein frommes Mädchen aus den Südstaaten, wo in der Kirche nur von Sünde und Erlösung durch Jesus die Rede ist. Folgerichtig wird sie nach ihrer Pin-up-Karriere wiedergeborene Christin, von einem fundamentalistischen Prediger bekehrt und emporgehoben in den Schoß Jesu. Schämen tut sie sich nicht für ihre alten Fotos. Aber sie hat sich auf die Seite gewendet, die das gute Amerika repräsentiert, weg vom bösen, zersetzenden, pornografischen Schmutz. Sie entscheidet sich in der Frage der Ambivalenz Amerikas zwischen Pornografie und Sittenwächtern. Und sie ist immer ein unschuldiges Mädchen geblieben.
Fazit: Das Leben der Pin-up-Queen Betty Page als Moralgeschichte Amerikas.