Eigene Ideale hat wohl jeder Mensch. Doch wie und ob jene Vorstellungen auch Krisensituationen standhalten, ist eine andere Frage. Dieser Bestandsprobe werden die Protagonisten in der Tragikomödie „The Party“ ausgesetzt. Unsere Berlinale-Kritik zum Wettbewerbsfilm.
71 Minuten – mehr braucht die britische Regisseurin Sally Potter nicht, um in ihrem achten Kinofilm die titelgebende „Party“ aus dem Ruder laufen zu lassen. Es ist eine hohe Kunst, dem Zuschauer in solch kurzer Zeit ein Konstrukt vorzustellen, was sich daraufhin so einfach und vor allem nachvollziehbar dekonstruieren lässt. Doch der Reihe nach.
Die Politikerin Janet (Kristin Scott Thomas) ist zur britischen Gesundheitsministerin ernannt worden und möchte diesen Umstand mit ihrem Mann und ihren engsten Freunden feiern. Keine Stunde später liegen (fast) sämtliche Lebenskonstrukte, die nicht nur unterschiedlicher nicht sein könnten, sondern auch dem Zuschauer dank eines großartigen Drehbuchs schnell vermittelt werden, in Scherben. Wie es dazu kommt, soll an dieser Stelle aufgrund des Spannungsbogens zwar nicht verraten werden, doch so viel ist gewiss: trotz einiger tragischer Elemente kann man sich als Zuschauer dem Humor des Gezeigten nur schwer entziehen.
Als Setting verwendet Sally Potter eine einfache Wohnung, konzipiert den Film in Echtzeit und setzt auf ein schwarz-weißes Bild. Dadurch kann man sich dem Eindruck kaum entziehen, selbst Teil dieser Veranstaltung zu sein und als Gast von Raum zu Raum zu wandern, um den menschlichen Tragödien beizuwohnen. Die Regisseurin fordert nicht nur ihre Protagonisten heraus, ihre eigenen politischen, kulturellen und persönlichen Ansichten in einer Art Krisensituation zu hinterfragen, sondern gibt die Frage „Was würdest du tun?“ auch an den Zuschauer weiter.
Dabei konnte sich Potter mit Scott Thomas, Timothy Spall, Patrica Clarkson, Bruno Ganz, Cherry Jones, Emily Mortimer und Cillian Murphy auch einen durchweg namhaften und talentierten Cast sichern, dessen schauspielerische Fähigkeiten in „The Party“ völlig zum Tragen kommen können. Dass das auf engstem Raum so eindrucksvoll gelingt, ist ganz der Regisseurin zu verdanken, die ihre Geschichte in jeder so wertvollen Minute geschickt zu platzieren weiß.