Seit dem 6. April könnt ihr in „The Pope’s Exorcist“ Russell Crowe beim Dämonen-Austreiben zuschauen. Ob der Film überzeugt, erfahrt ihr hier.
– Dieser Artikel spiegelt die Meinung der Autorin wider und nicht notwendigerweise die von kino.de! –
In „The Pope’s Exorcist“ sehen wir Russell Crowe, bekannt als Zeus in „Thor: Love and Thunder“ und Maximus in „Gladiator“, in der Rolle des Pater Gabriele Amorth. Der war tatsächlich seit 1986 bis zu seinem Tod im Jahre 2016 offizieller Exorzist der Diözese Rom und soll in dieser Zeit nach eigenen Angaben unglaubliche 50.000 Exorzismen durchgeführt haben.
Im Trailer seht ihr Russell Crowe in Aktion als Pater Amorth:
Eigentlich also eine vielversprechende Quelle für allerlei schockierende Teufelsaustreibungen, die zudem spannende Einblicke in die Mechanismen der katholischen Kirche liefern und vielleicht sogar den gesellschaftlichen Wandel in der Auseinandersetzung mit dem Thema nachzeichnen könnte. Das alles zeigt uns „The Pope’s Exorcist“ leider nicht und auch als Horrorfilm konnte er mich nicht überzeugen.
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Entertainment ja, echter Grusel nein
Auch wenn ich mich im Kino nicht unbedingt gelangweilt habe: Wirklich gegruselt habe ich mich keine Sekunde. Ein erster wichtiger Grund dafür: Der Film setzt zu sehr auf Russell Crowe als Zugpferd und vernachlässigt dafür andere ausschlaggebende Aspekte, die dazu führen würden, dass ein Horrorfilm das Publikum wirklich packt.
Zwar weiß Crowes Pater Amorth mit seinen launigen Sprüchen und seiner leicht exzentrischen Art durchaus hin und wieder zu unterhalten, aber oft nervt er auch eher mit seiner besserwisserischen Angewohnheit, theologische Plattitüden vorzutragen. Und dass ein Film-Exorzist so ganz ohne Glaubenszweifel auskommt, ist zwar irgendwie erfrischend – denn die sind längst nur noch ein Klischee im Exorzismus-Horror – sorgt aber nicht unbedingt für eine großartige Charakterentwicklung.
Doch es gibt noch einige andere Gründe, warum der Film für mich nicht funktioniert hat – und die haben eine Menge mit den Problemen des Genres an sich zu tun.
Exorzismus-Horror braucht kreative Ideen – „The Pope’s Exorcist“ liefert sie nicht
Das ganze Genre krankt an seiner starken Beschränktheit auf einige wenige Themen. Schon die Auswahl an Figuren ist begrenzter als in allen anderen Horror-Sparten: Wir brauchen nun mal immer einen Pater als Exorzisten und ein möglichst unschuldiges Opfer als Besessene*n. Das war es auch schon an Spielraum für die Hauptfiguren.
Auch die typischen Effekte des Exorzismus-Horrors haben sich langsam, aber sicher totgelaufen: Mit dämonischer Stimme gefauchte Obszönitäten, sich knackend verrenkende Gliedmaßen und das Ausspeien diverser Körperflüssigkeiten locken wohl niemanden mehr hinter dem Ofen hervor. Diese Effekte sollten nicht als Hauptgarant des Grusels eingesetzt werden, sondern eher dazu dienen, eine sich immer mehr aufbauende Spannung zielgenau mit bewusst gesetzten Schockmomenten zu garnieren.
Die Schock-Effekte in „The Pope’s Exorcist“ laufen ins Leere
Für diese Spannung brauchen wir neben gutem Timing vor allem eines: eine Beziehung zu den Charakteren. Da muss man sich nur ein Beispiel am Prototypen „Der Exorzist“ nehmen: Die Verwandlung von Regan (Linda Blair) ist so herzzerreißend, weil der Kontrast zu ihrer zuvor gezeigten Persönlichkeit so extrem ist.
– Achtung: Es folgen leichte Spoiler zu „The Pope’s Exorcist“ –
Genau das gelingt „The Pope’s Exorcist“ leider nicht: Den kleinen Henry (Peter DeSouza-Feighoney) haben wir so gut wie gar nicht kennengelernt, sodass es schwerfällt, so richtig mitzuleiden, wenn er anfängt, die altbewährten Zeichen der Besessenheit abzuspulen. Auch seine Mutter Julia (Alex Essoe) und seine Schwester Amy (Laurel Marsden) bleiben recht klischeehaft und farblos.
Auch das nötige Timing fehlt: Henrys Besessenheit scheint quasi aus dem Nichts aufzutauchen, ein Spannungsbogen ist so gut wie nicht vorhanden. Dabei würde die verfallene Abtei, in die die Familie gerade erst gezogen ist, sich perfekt für diverse Spukhaus-Momente eignen, die nach und nach die Besessenheit ankündigen.
Da hilft es dann auch nichts mehr, wenn die Effekte recht zusammenhanglos rausgehauen werden, um sich gegen Ende in einem fast schon an einen Actionfilm erinnernden Special-Effects-Feuerwerk zu entladen. Das lässt das Ganze beinahe komisch wirken, und wenn sich am Ende Pater Amorth und sein Sidekick Pater Esquibel (Daniel Zovatto) spitzbübisch auf ihre nächsten Abenteuer freuen, hat man fast das Gefühl, plötzlich in einer Buddy-Comedy zu sitzen. Was an sich ja nichts Schlimmes wäre… aber Horror ist es eben nicht.
Schaut statt „The Pope’s Exorcist“ lieber diese Genre-Perlen
Man muss also schon ziemlich kreativ werden, um noch irgendetwas Neues aus dem Thema rauszukitzeln. Ziemlich gut macht das „Der Exorzismus von Emily Rose“, in der die dem Exorzismus-Thema immanente Spannung zwischen Glauben und Wissenschaft elegant in zwei juristische Parteien verlagert wird. Dadurch entsteht ein doppelter Spannungsfaktor, da uns sowohl das Leiden von Emily berührt, das in Rückblenden immer wieder gezeigt wird, als auch der Ausgang des Gerichtsverfahrens interessiert.
„The Rite – Das Ritual“ mit Anthony Hopkins ist durchaus sehenswert, ebenso wie der deutsche Indie-Eintrag „Requiem“ mit Sandra Hüller. Dass Teufelsaustreibungsfans den Klassiker „Der Exorzist“ von 1973 gesehen haben sollten, versteht sich wohl von selbst. Wer wirklich einfallsreiche Besessenheitseffekte sucht, verpackt in eine ausgefallene Story, die – große Ausnahme im Genre – von einer starken Frauenfigur getragen wird, ist mit „The Devil’s Light“ sehr gut beraten, der erst letztes Jahr herausgekommen ist.
Wir wollen also erst mal nicht den Teufel an die Wand malen: Es gibt durchaus noch Hoffnung für den Exorzismus-Horror. Trotzdem würde man sich wünschen, dass etwa ein Jordan Peele oder ein Ari Aster sich einmal des Themas annehmen und ihm einen richtig originellen Twist verpassen würden. Ansonsten bleibt nur zu hoffen, dass das für den 13. Oktober dieses Jahres angekündigte Blumhouse-Sequel der Mutter aller Exorzismusfilme eine echte Wiedergeburt des Genres einläuten kann.