FBW-Pressetext:
Eine musikalische Geschichte über ein großes Stück Musikgeschichte. Liebevoll umgesetzt, mit Augenzwinkern erzählt.
Ein Film über die Elektro-Pop-Band SPARKS? Ein nicht umzusetzendes Unterfangen, so zurückhaltend wie die Gründer der Band, die Brüder Ron und Russel Mael nun mal sind. Und doch dokumentiert Regisseur Edgar Wright ihre Geschichte. Von den Anfängen in den 1970er Jahren bis heute. Mit der genau richtigen Mischung aus Bewunderung und Augenzwinkern erzählt der Film die sehr unterhaltsame Story zweier Brüder und ihrer unbändigen Liebe für Musik.
Über die Sparks heißt es, sie seien eine der „most overlooked bands in the world“. Dabei ist ihr Einfluss auf die Popmusik bis heute immens. Regisseur Edgar Wright, selbst erklärter Fan der Band, die von den Gebrüdern Ron und Russel Mael in den 1970er Jahren gegründet wurde, begibt sich in seinem Dokumentarfilm auf die Spuren der Band. Dabei geht der Film chronologisch vor, von den Anfängen in Kalifornien, über erste Erfolge und Misserfolge, bis hin zu dem neuesten der insgesamt 21 Studioalben. Zu Wort kommen dabei nicht nur die Mael-Brüder selbst, die immer wieder unter Beweis stellen, mit wieviel liebevoller Ironie sie auf sich selbst und auf die Welt schauen. Auch musikalische Weggefährt*innen, zahlreiche Künstler*innen und Bewundernde teilen ihre Erinnerungen an diese Band, die die Innovation und das Risiko immer vor den kalkulierten Charterfolg gestellt haben. Und die sich von keinem Albumflop davon abhalten ließen, einfach etwas Neues auszuprobieren. Passend zur Musik der Band, die Elektro-Pop, Rock und Experimentelles in sich vereint, setzt die Montage, die eine unfassbare Fülle an Material mit genauem Spür für Timing verbindet, einen begeisternden Rhythmus. Und wenn dann am Schluss die Brüder selbst endlich die ultimativen Wahrheiten über die Sparks verraten, dann weiß man wirklich alles. Oder eben nichts. Aber genau darin liegt ja der Spaß!
FBW-Jury-Begründung:
Sie sind eine der einflussreichsten Popbands des 20. Jahrhunderts - doch nur wenige kennen sie. Eine bessere Ausgangssituation für einen Dokumentarfilm ergibt sich selten, und Edgar Wright nutzt diese Chance virtuos, indem er die Sparks als ein Pop-Phänomen präsentiert und gar nicht erst versucht, die realen Menschen hinter den Kunstfiguren Ron und Russell zu finden. Russell hat sich von Anfang an exaltierter Sänger der Band stilisiert, Ron, der die inzwischen 345 Songs der Band schrieb, gibt sich dagegen als einen Antistar, der fast bewegungslos auf der Bühne und in den Musikvideos seine Keyboards spielt und in den Anfangszeiten der Band sicher nicht zufällig mit seinem quadratischen Schnurrbart an Adolf Hitler erinnert. Die beiden waren immer auch visuelle Künstler, und so kann sich Wright an ihren Musikvideos, Konzertaufnahmen, Fernsehauftritten, Albumcovern und Publicity-Fotos bedienen, die durchweg originell, witzig, schräg und konsequent künstlich konzipiert und performt wurden. So war es einerseits einfach, einen unterhaltsamen, informativen und witzigen Film über die Sparks zu machen, denn Ron und Russell sind grandiose Protagonisten, die zudem ihre Geschichte mit einer sympathischen Selbstironie erzählen. Dass sie dabei den Film selber als ihre Bühne ansehen, und auch ihre eigenen Gesprächssequenzen inszenierte Auftritte sind, versteht sich fast von selbst. Doch es braucht einen abenteuerlustigen Filmemacher mit viel Humor wie Edgar Wright, um auf gleicher Höhe mit ihnen arbeiten zu können. Wright ist hier eher ihr künstlerischer Partner als ein Dokumentarist, der versucht, möglichst objektiv eine Musikdokumentation zu machen. Ja, es gibt auch die üblichen Interviewsequenzen mit Künstler*innen, die von ihren Erfahrungen mit den Brüder erzählen oder davon berichten, wie sehr diese ihre eigene Musik und die von anderen beeinflusst haben. Mit Statements von Beck, Flea, Nick Rhodes, Girogio Moroder und Tony Visconti ist die Prominentendichte dabei hoch. Doch es ist auch interessant, wer nicht im Film auftaucht. Bands wie die Pet Shop Boys, Depeche Mode und Yellow haben so kräftig bei den Sparks abgekupfert, dass es für ihre Musiker peinlich gewesen wäre, im Film selber über ihre Vorbilder zu sprechen. Wright präsentiert die Gesprächssituationen, also die „talking heads“ geradezu klassisch in Schwarzweiß, aber auch diese Sequenzen sind voller visueller Einfälle und Gags. Wright arbeitet außerdem mit kurzen Trickfilmsequenzen, in denen Episoden aus der Karriere der Sparks, zu denen es kein Bildmaterial gibt, illustriert werden. Diese Sequenzen sind absichtsvoll krude und minimalistisch animiert und fügen sich so nahtlos in die Bilder- und Klangwelt der Band ein. Nebenbei wird hier auch unterhaltsam Kulturgeschichte von den 70er Jahren bis heute erzählt und dabei erstaunt, wie jung die Sparks wirken, weil sie sich immer neu erfunden haben und gerade dadurch treu geblieben sind. Superstars sind sie nie geworden, doch nach diesem Film sind sie auch kein Geheimtipp mehr. Und Wright ist ihnen gerecht geworden, denn er ist ein Fan, den seine Verehrung nicht blind gemacht, sondern inspiriert hat.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)