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The Velvet Underground: Ebenso innovative wie informative Musikdoku von Todd Haynes über Wirken und Bedeutung der legendären New Yorker Rockband aus dem Umfeld von Andy Warhol.

Handlung und Hintergrund

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Todd Haynes
Darsteller
  • The Velvet Underground

Kritikerrezensionen

  • The Velvet Underground: Ebenso innovative wie informative Musikdoku von Todd Haynes über Wirken und Bedeutung der legendären New Yorker Rockband aus dem Umfeld von Andy Warhol.

    Ebenso innovative wie informative Musikdoku von Todd Haynes über Wirken und Bedeutung der legendären New Yorker Rockband aus dem Umfeld von Andy Warhol.

    Wenige Platten habe ich in meinem Leben öfter gehört als das erste Album von The Velvet Underground aus dem Jahr 1966, das mit der abziehbaren Banane von Andy Warhol auf dem Cover. Songs wie „Venus in Furs“, „Heroin“, „I’ll Be Your Mirror“ oder „Sunday Morning“ habe ich verinnerlicht, sie sind Teil meiner DNA, ein Leben ohne sie ist einfach nicht vorstellbar. Ich bin nicht allein: Keine Rockband diesseits der Beatles und der Rolling Stones ist in Artikeln, Büchern, Ausstellungen und Filmen so intensiv und passioniert dokumentiert, analysiert, diskutiert und seziert worden wie das New Yorker Quartett um Lou Reed und John Cale. Schon seit Jahrzehnten gilt das Diktum, dass sich die Platten von Velvet Underground zwar nicht gut verkauft hätten, aber jeder, der sie gehört hat, selbst eine Band gegründet hätte. Was sie zu einem idealen Subjekt einer umfassenden Filmdokumentation macht, aber auch die Frage aufwirft: Was kann selbst ein Filmemacher vom Format eines Todd Haynes noch über die Band sagen oder zeigen, was nicht bereits in extenso gesagt oder gezeigt wurde?

    Es dauert ziemlich genau fünf Sekunden, bis alle etwaigen Zweifel zerstreut sind und man weiß, dass man sich bei „The Velvet Underground“, der beim Festival de Cannes 2021 außer Konkurrenz gezeigt wurde, in den richtigen Händen befindet: Wenn man zur Einstimmung gleich den Drone von „Venus in Furs“ hört, klug durch einen Loop beliebig verlängert und neu arrangiert, steht sofort fest: Todd Haynes, der vor 23 Jahren erstmals in Cannes im Wettbewerb vertreten war mit seinem campigen Rockmusical „Velvet Goldmine“ über die Liebesaffäre zwischen britischem und amerikanischem Glam, in dem die von Ewan McGregor gespielte Figur Curt Wild zumindest in Teilen von Lou Reed (sowie Iggy Pop) inspiriert wurde, versteht Velvet Underground in- und auswendig. He gets it. Er weiß um die Bedeutung der Gruppe, die Gefährlichkeit und düstere sexuelle Spannung ihrer Musik, um die Besonderheit ihrer Herkunft und das ganz eigene Spannungsfeld, das durch das Zusammentreffen von John Cale und Lou Reed und die Kollision ihrer Persönlichkeiten und Ideen aufgebaut wurde: der intellektuelle Musikstudent mit den Verbindungen zur Avantgardeszene auf der einen und der instinktgetriebene Rock’n’Roll-Adept auf der anderen Seite, der Theoretiker und der Praktiker, verbunden durch ihr Bestreben, einen radikalen, neuen Sound zu finden. Haynes unterstreicht die Dualität und auch Konkurrenz der beiden Visionäre durch den Einsatz von Split-Screens und penibel zusammengetragenes Archivmaterial, das ein Gefühl für diese Zeit des Aufbruchs vermittelt und einen Rahmen schafft, der auch den Zuschauer verstehen lässt, was genau das Geniale und Bahnbrechende an dem Walk on the Wild Side der Velvets war.

    Wenn der Eindruck entstehen sollte, dass Haynes die Bedeutung von John Cale überbewertet und Lou Reed hier nur die zweite Bratsche spielt, wie von einzelnen Kritikern angemahnt, dann mag das daran liegen, dass der hellwache 79-jährige Cale bereitwillig für neue Interviews zur Verfügung stand und der 2013 im Alter von 71 Jahren verstorbene Reed nur durch Archivmaterial zu Wort kommt. Aber auch Cage betont stets die Einzigartigkeit Reeds - und wird dabei unterstützt von anderen Interviewpartnern wie Velvet-Dummerin Maureen Tucker (neben Cale einziges noch lebendes Bandmitglied) und andere relevante Zeitzeugen wie Jonas Mekas, Mary Woronov, La Monte Young, Amy Taubin oder Sterling Morrisons Schwester sowie alte Mitstreiter aus Reeds ersten Bands vor den Velvets. Dazu kommt noch das Trumpfass des Films: Jonathan Richman, seinerseits bedeutsamer Musikpionier, kommt als Fan der Band zu Wort und macht das eloquent, so witzig und wissend, dass man sich jedes Mal aufs Neue freut, wenn er ins Bild gerückt wird. So entsteht ein mitreißendes Kaleidoskop, das den Zuschauer versetzt in die Zeit der Velvet Underground und Andy Warhols Factory und Tony Conrads Dream Syndicate, als wäre diese Zeit hier und jetzt. Oder wie Jonas Mekas anmerkt: Wir sind nicht die Gegenkultur oder Subkultur - wir sind die Kultur!

    Thomas Schultze.
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