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Titane: Visionärer Horrorfilm über eine junge Frau, die von einem aufgemotzten Cadillac schwanger und auf der Flucht ist.

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Handlung und Hintergrund

Alexia (Agathe Rousselle) ist übersät mit Tätowierungen und trägt seit einem Autounfall eine Titanplatte im Schädel. Von ihren Eltern wandte sie sich in diesem Moment ab, liebkoste stattdessen das Unfallauto. Auch später ist ihre erste Liebe den Autos gewidmet. Als Showgirl performt sie bei Motorshows, hat Sex mit Männern und Frauen in und mit den aufgemotzten Autos und scheut nicht davor, Peiniger zu töten, die ihr zu nahe kommen.

Als sie nach dem Sex im Auto blitzartig schwanger wird und ihr Motoröl aus den Brüsten austritt, flüchtet sie vor der Polizei für ihre Morde. Sie gibt vor, Adrien zu sein, der verschwundene Sohn von Vincent (Vincent Lindon), der seit zehn Jahren gesucht wird. Um ihre Tarnung aufrecht zu erhalten, bindet sie sich Bauch und Brust ab, schneidet sich die Haare kurz und bricht sich die eigene Nase. Sie zieht als Adrien bei Feuerwehrkommandant Vincent ein, der sie für den verlorenen Sohn hält und seinen Kollegen vorstellt.

„Titane“ – Hintergründe, Besetzung, Kinostart

Bei der Uraufführung in Cannes 2021 spaltete „Titane“ von Regisseurin Julia Ducournau die Fachpresse – zu schrill, zu sexy, zu belanglos waren die Worte derjenigen, die den Film sofort sehen konnten und doch stellte sich bei einigen Kritiker*innen ein gewisser Bann ein, aus dem sie sich nicht entziehen konnten.

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Der visuelle Horrorfilm gewann zur Überraschung vieler die Goldenen Palme 2021, der wichtigste Filmpreis des Festivals, und sorgte damit für eine Sensation. Die vornehmlich weibliche Jury rund um Vorstand Spike Lee ehrte damit erst zum zweiten Mal in der langen Geschichte des Filmfestivals eine Regisseurin mit dem Preis. Nach ihrem Erstlingswerk „Raw  ist die Ehrung von „Titane“ als Paukenschlag unter Kenner*innen zu verstehen.

In den Hauptrollen sind Agathe Rousselle in ihrem Debütfilm, Vincent Lindon („August Rodin“) und Garance Marillier („Madame Claude“) zu sehen. Ab dem 7. Oktober 2021 kann man sich hierzulande ein eigenes Bild vom diesjährigen Gewinner der Goldenen Palme machen, wenn „Titane“ in den Kinos startet.

News und Stories

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Julia Ducournau
Darsteller
  • Vincent Lindon,
  • Agathe Rousselle,
  • Garance Marillier

Kritikerrezensionen

  • Titane: Visionärer Horrorfilm über eine junge Frau, die von einem aufgemotzten Cadillac schwanger und auf der Flucht ist.

    Visionärer Horrorfilm über eine junge Frau, die von einem aufgemotzten Cadillac schwanger und auf der Flucht ist.

    Vor 25 Jahren erhitzten sich die Gemüter in Cannes an David Cronenbergs J.G.-Ballard-Verfilmung „Crash“. Unter Protest des damaligen Jurypräsidenten Francis Ford Coppola wurde dem Film ein Spezialpreis der Jury zugesprochen, für seine „Unerhörtheit“. Das schlägt eine schwermetallene Brücke zu „Titane“, denn egal, wie man zu dem Film stehen mag, ob man ihn genial findet oder für die Tonne, alle werden sich darauf einigen können, dass er unerhört ist, einzigartig und radikal in Konzeption und Ausführung. Und auf furiose Weise spektakulär, eine post-feministische Neuinterpretation von Cronenbergs Bodyhorror, in dem Mensch und Maschine nach Vereinigung streben, the new flesh: Shinya Tsukamotos „Tetsuo“-Filme blitzen kurz auf in Ducournaus Bildergewitter, Lynchs „Wild at Heart“, Refns „Only God Forgives„, das Cover des Queen-Albums „News of the World“ hängt in einem Zimmer an der Wand und verweist auf stählerne Roboter mit menschlichem Antlitz. Stammt von Queen nicht auch der Song „I’m in Love With My Car“? Wobei musikalisch die passende Referenz der Industrial-Rock-Stampfer „Jesus Built My Hotrod“ von Ministry wäre. Ramalamadingdong. In den ersten 20 Minuten des Films sehen wir: Alexia, übersät mit Tätowierungen und mit einer Titanplatte im Schädel, tanzt bei einer großen Autoshow lasziv auf einem Boliden. Einen aufdringlichen Fan tötet sie auf dem leeren Parkplatz, indem sie ihm eine Stricknadel ins Ohr rammt. Im Inneren eines aufgemotzten Cadillacs hat das Auto Sex mit ihr, verschafft ihr Lust. Ihr Bauch beginnt zu wachsen. Sie hat Ausfluss, der aussieht wie Motoröl. Der Versuch einer Abtreibung mit der Stricknadel scheitert. Nach dem Liebesspiel tötet sie eine junge Frau, sämtliche Wohngenossen und schließlich noch ihre Eltern, deren Haus sie niederbrennt. Um der Polizei auf der Flucht zu entkommen, schneidet sie sich die Haare ab und bricht sich die Nase, um so auszusehen wie ein Junge, der als Siebenjähriger zehn Jahre früher spurlos verschwunden war und nach dem immer noch gefahndet wird. Kaum vorstellbar, dass ein Film noch aufsehenerregender und merkwürdiger beginnen könnte: Eine aus den Fugen geratene Welt zeigt die Regisseurin, eine Welt der Rituale und Fetische, zügellosem Sex und heiligen Motoren.

    So kommt Alexia alias Adrien in die Obhut des Feuerwehrkommandanten Vincent, gespielt von Vincent Lindon, Inbegriff kerniger Männlichkeit, der den verlorenen Sohn bei sich in der Feuerwache aufnimmt, wo Riten und deftige Sprüche an der Tagesordnung sind und die jungen Männer am Abend mit nacktem Oberkörper tanzend Dampf ablassen. Hier wirkt Alexia/Adrien, nicht Frau, nicht Mann, noch mehr wie ein Fremdkörper, fühlt aber eine Seelenverwandtschaft zu Vincent, der seinen Körper seinerseits mit Steroiden manipuliert, um seiner Vorstellung von Männlichkeit entsprechen zu können. Sein Körper ist sein heiliger Motor, auffrisiert und neu getunet. Durch eine Reihe ebenso makabrer wie bisweilen aberwitziger Szenen steuert „Titane“ nun auf einen Showdown zu, in dem die Figuren endgültig die alte Welt hinter sich lassen und die Tür zu einer neuen Welt öffnen können. Ich bin bereit, sind die letzten Worte. Ein wilder Reigen absurder Momentaufnahmen ist das, den die Neuentdeckung Agathe Rousselle als Alexia/Adrien mit ihrer fremdartigen Präsenz dominiert, wie ein Wesen von einem anderen Stern, das nach eigenen Regeln und Gesetzen existiert. Ihr prägnantes, kantiges Gesicht wird man nicht so schnell vergessen. „Titane“ auch nicht, ein faszinierender Cannes-Aufreger in der Tradition von „Irreversible“ oder „Demonlover„, Extremkino, das nur sich selbst verpflichtet ist. Und der Vision von Julia Ducournau. Das neue Fleisch, die neue Familie, das neue Kino.

    Thomas Schultze.
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