Bevor ein Film seinen Kinostart feiert, wird er zumeist einem Testpublikum vorgeführt. Dieses darf das Werk dann getrost auseinander nehmen und die Macher können sich überlegen, ob sie wegen etwaiger Kritik nachbessern. In den folgenden Beispielen führte das zu gravierenden Änderungen. Da meist das Ende eines Films betroffen ist, gilt ab hier eine Spoiler-Warnung!
„Titanic“
Als James Camerons Epos erstmals einem Testpublikum vorgeführt wurde, war es fast vier Stunden lang. Letztlich kürzten die Macher viele Szenen oder warfen sie ganz raus, um auf drei Stunden und 15 Minuten Laufzeit zu kommen. Unter anderem erwischte es eine Szene, in der sich Jack mit einem Bodyguard seines Widersachers Cal um das Juwel prügelt. Wohlgemerkt nachdem die „Titanic“ bereits den Eisberg gerammt hatte. Das erschien dem Testpublikum als unsinnig von Jack, immerhin war sein Leben und das von Rose inzwischen in Gefahr. Da können wir uns nur anschließen und uns beim Testpublikum bedanken.
„E.T. – Der Außerirdische“
„E.T. – Der Außerirdische“ hat ein klassisches Happy End zu bieten und rührt doch Filmfans seitjeher zu Tränen. Steven Spielberg wollte die Zuschauer aber wohl noch stärker deprimieren. Eines der Enden, das er im Sinn hatte, hätte E.T. tatsächlich sterben lassen. Ohne Wiederauferstehung. Beim Testpublikum fiel diese Version allerdings durch, weswegen wir letztlich E.T. doch nach Hause fliegen sehen.
„28 Days Later“
Eigentlich sollte die Hauptfigur Jim in dem Zombie-Film von 2002 angeschossen werden und sterben. Seine Begleiter Selena und Hannah ziehen anschließend alleine in die dystopische Welt hinaus. Ihr Schicksal bleibt ungewiss. Bei den Testzuschauern stieß diese Variante auf wenig Gegenliebe. Sie fanden das Ende unbefriedigend und zu düster. Immerhin ist „28 Days Later“ bereits vor dem Ende nicht durch seinen hoffnungsvollen Ton aufgefallen. Also pflegten Hannah und Selena Jim doch gesund und wenn sie nicht gefressen wurden, dann leben sie noch heute. Ende.
„Pretty Woman“
Ursprünglich sollte „Pretty Woman“ ein wesentlich dunkleres, realistischeres Portrait einer Prostituierten werden. Dann erwarb Disney die Rechte an dem Film, der damals noch „3.000“ hieß, weil eine Prostituierte so viel für eine Woche kostet. Disney wollte den Ton wenig überraschend aufhellen. Es entstanden mehrere Enden, letztlich wurde das im Kino gezeigt, dass bei Testvorführungen gewann. Das Original-Ende, in dem Vivian von Edward Lewis rausgeworfen wird, kam hingegen nicht so gut an.
„Final Destination“
Der erste Eintrag der „Final Destination“-Horrorreihe hatte eine schwere Geburt mit seinem Ende. Im ersten Entwurf wurde Alex durch Strom getötet und Claire brachte neun Monate ihr gemeinsames Kind auf die Welt. Das Testpublikum war damit allerdings nicht zufrieden. Beim zweiten Anlauf köpfte ein Helikopter Alex und die Liebesgeschichte zwischen ihm und Claire wurde minimiert. Auch hier waren die Probezuschauer nicht zufrieden. Also drehten die Macher ein neues Ende, welches letztlich im Kino gezeigt wurde. Dieses Hin und Her soll gut zwei Millionen US-Dollar zusätzlich gekostet haben. Angesichts des Erfolgs der Reihe dürfte es das aber wert gewesen sein.
„Gravity“
In seinem ersten Entwurf empfanden die Zuschauer „Gravity“ angeblich als langweilig und wenig zugänglich. Die Macher um Alfonso Cuaron glaubten allerdings weiterhin an ihr Werk und entschieden sich dazu, auf mehr Spezialeffekte zu setzen und diese imposanter auszuarbeiten. Das Ergebnis mit unter anderem drei Oscar-Gewinnen dürfte ihnen Recht geben.
„Blade Runner“
Das Testpublikum von „Blade Runner“ dürfte als eines der am häufigsten kritisierten in die Filmgeschichte eingegangen sein. Die Zuschauer mochten die ihnen gezeigte Version überhaupt nicht. In dem nihilistischen Ende wird Deckard als möglicher Replikant dargestellt und es bleibt unklar, ob er und Rachael fliehen konnten. Ridley Scott fragte deswegen Stanley Kubrick, ob er nicht verwendete Aufnahmen vom Anfang von „Shining“ benutzen dürfe. Diese Szenen klatschte er einfach an „Blade Runner“ und schon sah es so aus, als würden Rachael und Deckard mit einem Auto aus der Stadt fahren. Noch Harrison Ford einen Monolog drüber sprechen lassen und zack, fertig: Happy End. Fans betrachten diese Version gemeinhin als die schlimmste Fassung von „Blade Runner“. Immerhin lieferte der Director’s Cut später das Ende, das dem Sci-Fi-Meisterwerk gebührt.
„The Descent – Abgrund des Grauens“
Inzwischen dürftet ihr bemerkt haben, dass Testzuschauer in den USA eine Vorliebe für das klassische Happy End haben. „The Descent – Abgrund des Grauens“ bildet da keine Ausnahme. Das britische Probepublikum mochte das dunkle Ende des Horrorfilms. Darin entpuppt sich Sarahs Flucht als Halluzination und sie findet sich zum Schluss in der dunklen Höhle voller hungriger Kreaturen wieder. Die US-Zuschauer fanden das allerdings zu deprimierend. Also setzten die Verantwortlichen in der US-Fassung einfach den Schlussstrich mitten in der Halluzination. Schon wirkte es für die Kinogänger in den USA, als habe zumindest Sarah den Albtraum überlebt.
„Die Verurteilten“
Auch hier wollte der Regisseur eigentlich einen offenen Schluss. Beim inzwischen beliebten Gefängnisdrama „Die Verurteilten“ sollte unklar bleiben, ob Red mit dem Leben außerhalb des Knasts zurechtkommt. Doch das Testpublikum bevorzugte das versöhnliche Finale, in dem wir Red und Andy bei ihrer Wiedervereinigung an einem Strand sehen. Regisseur Frank Darabont fand dies zwar übertrieben kitschig, beugte sich aber der Meinung der Zuschauer.
„I Am Legend“
Ähnlich wie bei „Blade Runner“ dürfte dem Testpublikum von „I Am Legend“ wenig Liebe entgegenschlagen. Ihnen wurde immerhin eine Version vorgespielt, in der der Film mit Will Smith weitaus tiefsinniger daherkommt. Den Film über hatte Robert Neville eine Mutantin bei sich gefangen gehalten, um an ihr Tests durchzuführen. Letztlich stürmen die anderen Kreaturen sein Haus – im alternativen Ende allerdings nicht, um ihn zu töten. Sie wollen lediglich ihre gefangene Gefährtin befreien und lassen Neville anschließend in Ruhe. Die Monster werden damit als empathisch und der Mensch selbst als Ungeheuer dargestellt. Die Probezuschauer konnten damit aber anscheinend wenig anfangen. In der Kinofassung blieben die Monster deswegen Monster und Robert Neville jagte sich mit ihnen in die Luft.