Das Ziel des Films ist so einfach wie ganz klar: der 3.10 Uhr Zug muss erreicht werden und der Schurke Ben muss dort hinein verfrachtet werden. Der Weg zum Zug ist aber weit mehr als nur eine beschwerliche Reise durch die Wildnis Amerikas. Eine ganz besondere Beziehung zwischen Dan Evans und Ben Wade und anderen Figuren (besonders Evans Sohn) wird entfaltet. Zwischen den Männern Dan und Ben lösen sich schwarz und weiß in Grauschattierungen auf, hier gibt es nur Grenzland zwischen Gut und Böse.
Die Qualität des Films macht aus, dass es hier nicht einfach darum geht, einen vielfachen Mörder endlich hinter Gitter zu bringen und so die Welt stellvertretend fürs erste von allem Bösen befreit zu haben, nein so einfach ist das hier nicht. Hier geht es um die kleinen Dinge die einen Menschen motivieren, die kleinen Geschichten, die sonst nur nebenbei im Hollywood Kino erzählt werden, hier sind sie der Motivationsmotor. Es geht um das Böse, das wesentlich schillernder und auf den ersten Blick anziehender ist, es geht auch um den Konflikt zwischen einem Vater und seinem Sohn, der um sich selber zu finden, sich gegen ihn stellen muss und es geht um einen leisen Sieg der Moral.
Dan will seinem Sohn zeigen, dass er auch ein Held sein kann. Dieser nimmt seinen Vater nicht ernst und hält sich in allen Angelegenheiten, die Männer so auf einer Farm mitten in der Prärie zu regeln haben, für überlegen. Dan ist aufgrund einer Kriegsverletzung, ihm fehlt ein Teil seines Beins, etwas eingeschränkt. Trotz dieser physischen Schwäche geht es vielmehr um eine innere, nämlich wie er sich diese zugezogen hat, die sein Handeln motiviert. Das wird erst sehr spät aufgelöst und lässt die Zuschauer noch etwas öfter als den Protagonisten selbst die Sinnfrage stellen: Warum lässt sich dieser Mann, der nichts mit Gesetzeshütern oder sonstigen Interessenten zu tun hat, die Ben Wade hinter Gittern sehen wollen, auf solch ein Risiko ein?
Da sind immer wieder Dinge aufgeführt, die er selbst nennt, die seinen Antrieb zu solch riskantem Tun offenbaren würden: Vielleicht will ich einfach nicht, dass Männer wie Sie frei herum laufen. Oder es ist das Geld mit dem er seine Schulden begleichen kann, das ihn aber keineswegs reich machen wird. Aber es verlässt einen den gesamten Film über das Gefühl nicht, dass dies sehr magere Gründe sind die Familie zu verlassen und sein Leben aufs Spiel zu setzen.
Auf seinem Weg, wird er von allen alleine gelassen und muss sich ganz in mythologischer Heldenmanier selbst durchkämpfen. Sein Gegenpart Ben Wade hat immer ein ganzes Rudel seiner Männer in der Nähe. Wie Wölfe lauern sie stets irgendwo in der Nähe, jederzeit bereit ihren Anführer zu befreien. Bestien nennt Ben sie selbst und nimmt sich selbst nicht davon aus. Dennoch alleine die Reflektion darüber, hebt ihn von den anderen ab.
Seine Art wie er Aufmerksamkeit einfordert und trotz Handschellen als ein gleichwertiges Mitglied des Trupps der ihn zum Zug nach Yuma begleiten soll, gesehen werden will und auch wird, zeigt die Intelligenz dieses Mannes. Trotzdem ist er ein Psychopath. Ganz entfernt lässt Hannibal Lecter grüßen und wäre der nicht aus Osteuropa man könnte vermuten Ben Wade sei sein Ur-Ur-Urgroßvater. Die Freude am Verzehr von menschlichem Fleisch teilen sie nicht, dennoch die Eiseskälte wie sie fähig sind Menschenleben mit Alltagsgegenständen einfach auszulöschen.
Wade ist kein stereotyper böser Mann, wie sie sonst in Western auftauchen, er hat psychologische Tiefe und erfährt am Ende eine interessante und glaubhafte Wendung. Eigentlich ist er jedem der Männer überlegen, die ihn begleiten. Er hätte mehr Gelegenheiten zur Flucht als er dann tatsächlich nutzt. Er scheint müde, gelangweit von seinem alten Leben und ist auch seinen eigenen Genossen weit überlegen.
Todeszug nach Yuma erzählt nicht nur die hier beschriebene Geschichte, es geht auch um die Gründung der amerikanischen Zivilgesellschaft. Oft genug scheint die Moral und eine gerechte Justiz im Wilden Westen verloren zu gehen, wären da nicht Männer wie Dan, der immer wieder für Gerechtigkeit und freien Willen eintritt. Am Tisch der Familie wird gebetet - zu Gast sind der Gefangene Ben Wade und seine gemischte Begleitung - der kleine Sohn von Dan macht ihn darauf aufmerksam, nicht ohne das Gebet anzufangen zu essen, doch Dan und seine Frau erwarten das nicht, sie wollen niemanden bekehren, sie stehen nur einfach für sich und ihre Moral. Am Ende des Films wird ihre Charakterstärke fruchten, leider hat sie das in der Realität nicht immer.
Fazit: Anspruchsvolles Westernremake, mit hervorragender Besetzung und einem einzigartigen psychologischen Spiel zwischen Farmer Dan und dem vielfach gesuchten Mörder Ben, die jeweils eine neue Seite in sich entdecken. Ein Duell auch zwischen Zivilisation und Wildem Westen.