1997. In Rio de Janeiro herrscht Krieg. Die Slums werden von Drogengangs beherrscht, die Cops sind korrupt, täglich geschehen Morde, und in wenigen Wochen wird der Papst kommen und in einem Hotel ganz nahe der Slums wohnen. Die müssen bis dahin ruhig gestellt sein. Eine Aufgabe für BOPE, Elitetruppe der Polizei mit eigenen Regel, mit eigener Ehre, ureigenem Wissen um die eigene moralische Überlegenheit gegen alles und jeden, mit einem Totenkopf als Emblem.
Was folgt, ist eher Kriegsfilm als Polizeifilm. Gewalt gegen Gewalt, und keiner bleibt ungeschoren. Er wolle, sagt der Regisseur José Padilha, das harte Vorgehen der Polizei kritisieren, die Korruption, das Rechtssystem, das die Schwächsten am stärksten trifft, nicht zuletzt auch die reichen Kids an der Uni, die mit Haschhandel etwas dazuverdienen und ungeschoren davonkommen
Die Hauptfigur, Polizeikapitän Nascimento, Chef einer BOPE-Truppe, ist ein veritables Arschloch, grausam, skrupellos, brutal, mit nur einem Ziel: andere zu töten, um den Drogenhandel und die Korruption zu beenden. Könnte man diese Figur und ihre Vorgehensweise, könnte man BOPE mit seinen geheimbündlerischen Riten und seinem Totenkult, mit seinem elitären Denken und den bedingungslosen Methoden distanziert betrachten, dann wäre durchaus der kritische Ansatz vorhanden, den Padilha postuliert.
Allerdings lassen die Bilder, die inszenatorische Umsetzung, die Dramaturgie von Initiation und Heldentum jede Distanz vermissen. Es ist einfach cool, in die Slums zu schleichen und einen Deal platzen zu lassen, auch wenn dabei wahllos bedroht, geschossen, gefoltert wird. Eine Notwendigkeit, Kids mit Plastiktüten auf dem Kopf und unter Inkaufnahme ihres Erstickungstodes zu quälen, um an Informationen zu kommen. Und geradezu begeistert zeigt sich der Film von der harten Ausbildung der BOPE-Rekruten, deren Seele auf sadistischste Weise gebrochen wird, um sie dann auf unbedingte Treue, aufs Töten zu konditionieren, um ihnen Korruption und Schwäche auszutreiben.
Was in City of God, dem brasilianischen Erfolgsfilm über jugendliche Kleingangster, funktioniert: Jumpcuts, Popmusik, pseudodokumentarische Handkamera, unmittelbare Inszenierung, glaubhafte Laiendarsteller das wird auch hier angewendet, auch der Drehbuchautor ist derselbe. Entsprechend hip kommt Tropa de Elite daher, doch der Schuss geht nach hinten los, da hier mit diesen Mitteln nicht ein Milieu beschrieben, sondern eine quasifaschistoide Polizeitruppe gefeiert wird. Denn die Botschaft des Films ist (vielleicht vom Regisseur nicht so gewollt) die von Härte und Gewalt um jeden Preis. Während also die inszenatorischen Mittel als Überwältigungskino überzeugen (so sehr, dass der Film den Goldenen Bären der Berlinale 2008 erhalten hat), bleibt ein mehr als fader Beigeschmack wegen der distanzlosen Übernahme der gewaltverherrlichenden Gesinnung seiner Filmfiguren.
Tropa de Elite wurde als Raubkopie in Brasilien von Millionen gesehen, von Polizei und Politik mit Zensur bedrängt. Als er dann in die Kinos kam, war er noch immer ein Riesenrenner und inzwischen gilt er in Polizeikreisen als veritable Werbung für die in der Bevölkerung verhassten Ordnungshüter. Allein dieser Wandel der offiziellen Meinung zum Film spricht Bände doch heute, 10 Jahre nach den Ereignissen, die der Film beschreibt, ist auch BOPE durch und durch korrupt.
Fazit: Ein nach City of God-Art hip und flippig inszenierter Action-Polizeifilm über Korruption und Slums und Drogenhandel in Rio de Janeiro der recht reißerisch die quasifaschistischen Methoden einer Polizei-Elitetruppe feiert, ungeachtet von Brutalität, Folter und willkürlichen Tötungen, die so gar nichts mit Rechtsstaat zu tun haben.