Erfolg macht süchtig und um immer erfolgreicher zu werden, verdreht der renommierte Journalist Mike bei seiner letzten Reportage die Wahrheit ein klein wenig, was ihn den Job bei der New York Times kostet. Der charismatische Chris hingegen verehrt Mike und die Macht seiner Worte, doch hat er angeblich seine Familie ermordet, wird verhaftet und wartet auf seinen Prozess. Die Wahrheit kennt nur er. Bei seiner Verhaftung gibt Chris sich als der Journalist Mike aus und schafft es, im richtigen Augenblick Kontakt zu Mike aufzunehmen. Denn Mike braucht dringend eine zweite Chance und giert nach einer guten Story. So beginnen die beiden, ein gemeinsames Buch über die wahre Geschichte zu schreiben. Doch so wie Mike mit Worten umgehen kann, tut es der Verführer Chris auf seine Weise mit den Menschen. Er manipuliert den ehrgeizigen Journalisten und nutzt ihn für seine Zwecke. Ein gefährliches Spiel entwickelt sich zwischen den beiden Männern. Es geht um die Macht der Sprache und des Geistes. Der Film beginnt mit einem extrem starken Eingangsbild und konzentriert sich auf das Machtspiel der beiden Hauptfiguren. Das grausame Verbrechen wird durch Flashbacks nur verschwommen angedeutet, der Zuschauer wird bis zum Schluss geschickt im Unklaren über die Wahrheit gelassen. Durch die skizzierten Zeichnungen der Kontrahenten und die Musik öffnet sich neben der intellektuellen Auseinandersetzung eine weitere bereichernde künstlerische Ebene. Am Ende bleibt die Frage: Was ist Wahrheit? Wer sagt sie und wer beansprucht sie? Was kann man glauben und was nicht? Oder existieren sogar verschiedene Wahrheiten? Ein spannendes und eindringliches Porträt über eine wahre Geschichte.
Jurybegründung:
Mike Finkel weiß, wie man eine gute Geschichte erzählt. Er ist ein ehrgeiziger Journalist, der sich mit seinen Artikeln für die New York Times großes Renommee erworben hat und vom Pulitzer-Preis träumt. Doch stattdessen wird er gefeuert, denn für eine Reportage über Kindersklaven im Dienst einer karitativen Organisation hat er unsauber gearbeitet und um der Wirkung halber Fakten und Biografien vermengt. Ohne Arbeit und Perspektive kehrt er zu seiner Frau Jill ins heimatliche Montana zurück. Dort wird er von einem Lokalreporter gefragt, warum der des Mordes an seiner Familie verdächtige Christian Longo sich bei seiner Verhaftung als „Michael Finkel von der New York Times“ ausgegeben haben könnte. Aus Neugierde nimmt Finkel Kontakt zu Longo auf und besucht ihn bald regelmäßig im Untersuchungsgefängnis. Longo behauptet, dass er Finkels gesamte Karriere verfolgt habe und von seinem Schreibstil fasziniert sei. Er verspricht, die ganze Wahrheit zu erzählen, wenn Finkel ihm das Schreiben beibringe und bis zum Prozess Stillschweigen über ihre Begegnungen bewahre. So entsteht eine seltsame Freundschaft zwischen den beiden Männern, die sich intime Geheimnisse anvertrauen und viele Ähnlichkeiten entdecken. Obwohl Longo der Schuldfrage immer wieder ausweicht, ist Finkel bald von dessen Unschuld überzeugt. Besessen arbeitet er an einem Buch über den Fall, das seine Reputation und Karriere retten soll. Doch Longo verfolgt einen Plan: geschickt nutzt er Finkels Ambitionen und dessen berufliche Krise, um ihn für seine Zwecke einzuspannen.
Der Titel TRUE STORY - SPIEL UM MACHT sagt bereits alles: Der Film beruht auf einer wahren Geschichte, die der Journalist Michael Finkel selbst erlebt und in einem Buch verarbeitet hat. Und es geht um ein raffiniertes psychologisches Spiel zweier Männer um Macht, Worte und Wahrheit. Obwohl die grandios gestaltete Eröffnungssequenz Ausmaß und Tragik des zugrunde liegenden Verbrechens erahnen lässt und später fragmentarisch eingestreute traumgleiche Rückblenden nach und nach enthüllen, was geschehen sein könnte, bleibt der genaue Tathergang bis zum Schluss im Vagen. Stattdessen konzentriert sich der Film ganz auf das Katz-und-Maus-Spiel der Protagonisten und darauf, was sie für die Wahrheit halten.
Jonah Hill als Mike Finkel, der als Journalist die Wahrheit ans Licht bringen will und gleichzeitig um seine berufliche Rehabilitierung kämpft, und James Franco als schillernder Mordverdächtiger Christian Longo, der die Deutungshoheit über seine Geschichte behalten will und zugleich um die Anerkennung seines Idols buhlt, liefern sich ein komplexes schauspielerisches Duell, das den Zuschauer in seinen Bann zieht. In vielen Großaufnahmen wird die Annäherung der beiden Protagonisten deutlich. Ihre jeweiligen Aufzeichnungen zeigen in Worten und faszinierenden Skizzen weitere Übereinstimmungen. Dabei wird aber auch erkennbar, wie Longo immer mehr Platz in Finkels Leben einnimmt. Er hat sich nicht nur dessen Namen angeeignet, bald füllt seine Geschichte auf unzähligen Notizzetteln die Wände des Hauses, das Mike mit seiner Frau Jill bewohnt. Eine Kommunikation zwischen dem Paar findet kaum mehr statt, was versinnbildlicht wird, indem Mike zu den Klängen ihres Klavierspiels wie besessen in die Tasten seines Computers haut, um sein Buch mit Longos Geschichte abzuliefern. Die instrumentale Filmmusik von Marco Beltrami ist dagegen sehr zurückhaltend und fast melancholisch gestaltet.
Aber während Mike Finkel zunehmend dem Charme des sympathischen Verbrechers erliegt, wachsen beim außenstehenden Betrachter mit jedem lauernden Blick oder triumphierenden Grinsen Longos auch die Zweifel über dessen Absichten. Es wird bald erkennbar, dass er ein hoch manipulativer Soziopath ist, der sein Gegenüber lesen und ihm geben kann, was es hören und glauben möchte. Im Film ist es Mikes Frau Jill, die Longo durchschaut und mit ihrem Besuch im Gefängnis die Wende einleitet. Sie ist als starke Nebenfigur gestaltet, die um ihren Mann kämpft und die für Longos Schmeicheleien nicht empfänglich ist.
Trotz aller Wendungen und Widersprüche, die im späteren Prozessverlauf und bei Besuchen in der Todeszelle offenkundig werden, geht es bei TRUE STORY nicht im eigentlichen Sinn um die Aufklärung eines Verbrechens und Fragen von Schuld und Reue, sondern um Manipulation und Verführung. Das ist über weite Strecken faszinierend zu beobachten, erzeugt am Ende aber auch ein unbefriedigendes Gefühl von Leere.
Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)