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Tambien la lluvia: Sebastián ist ein junger Regisseur, der Ambitionen, vor allem aber Ideale hat. Er will mit seinen Filmen nicht nur Geschichten erzählen, sondern auch eine Botschaft vermitteln. Für sein neustes Projekt ist er nach Bolivien gereist, um hier das Abenteuer von Christoph Kolumbus auf andere Weise zu erzählen - als Reise, getrieben von Gier und begleitet von Gewalt. Doch bei den Dreharbeiten gerät das Filmteam selbst...

„Und dann der Regen“ im Kino

Aktuell sind keine Kinotickets in diesem Ort verfügbar.

Handlung und Hintergrund

Ein spanisches Filmteam gerät in Bolivien bei Dreharbeiten zu einem Film über den Entdecker Christoph Kolumbus in Schwierigkeiten, als Statisten streiken und sich die sozialen Unruhen in der Stadt Cochabamba zu einer Rebellion ausweiten, weil die Regierung die Wasserversorgung der Region an einen Multi verkauft hat. Der idealistische, auf seiner Vision beharrende Regisseur erweist sich in seiner Hybris als Ausbeuter, der pragmatische Produzent, gewohnt, mit Geld umzugehen, wird zur Schlüsselfigur bei der Entscheidungsfindung.

Besetzung und Crew

Regisseur
  • Icíar Bollaín
Produzent
  • Pilar Benito,
  • Juan Gordon
Darsteller
  • Luis Tosar,
  • Gael García Bernal,
  • Carlos Aduviri,
  • Karra Elejalde,
  • Cassandra Ciangherotti,
  • Raúl Arévalo,
  • Milena Soliz
Drehbuch
  • Paul Laverty
Musik
  • Alberto Iglesias
Kamera
  • Alex Catalán
Schnitt
  • Ángel Hernández Zoido
Casting
  • Rodrigo Bellott,
  • Eva Leiro,
  • Yolanda Serrano,
  • Glenda Rodríguez

Kritikerrezensionen

    1. „Der Film geht vor, immer.“ Und: „Der Aufstand wird vergessen werden. Der Film bleibt ewig.“ Sebastian ist besessen von seinem Film über Christoph Columbus, über Geldgier, über die Unterdrückung der Indios nach der Landung der Spanier, über die Grausamkeiten, mit denen die Einwohner Amerikas unter Krone und Kirche geworfen wurden. Sein Film ist großes Kino, emotional und anklagend, und er ist nicht sehr teuer: Denn Statisten und Handwerker findet man zu Hunderten in der armen Bevölkerung von Bolivien, dort wird gedreht, Costa, der Produzent, hat Sebastian, den Regisseur, überzeugt, dass hohe production values bei kleinem Budget die Kleinigkeit vergessen lassen, dass das beurwaldete Hochland Südamerikas mit den bolivianischen Indios die Karibik ersetzen müssen.

      „Es gibt wichtigeres als diesen Film“, wirft Daniel seinem Regisseur vor; der Hauptdarsteller, Laie mit gedungenem Körper, Hakennase, durchdringendem Blick, ist perfekt für den indianischen Gegenspieler Columbus’ – und er wird Ärger machen, Costa ahnt das gleich. Denn: Für Daniel gibt es ein Leben außerhalb des Films, neben dem Dreh; womit er im Gegensatz zu den Filmprofis steht, zu Costa, der mit wenig finanziellem Aufwand alles organisiert, zu Sebastian, der seine Vision auf Zelluloid bannen will, für die Profischauspieler, die bei einer ersten Leseprobe ganz in ihren Rollen versinken und in einem profanen Garten die magische Landung im gelobten Land von 1492 zum Leben erwecken.

      Cochabamba, Bolivien, im Jahr 2000: Wegen Geldnot (und auf Druck des Internationalen Währungsfonds) hat die Regierung die Wasserversorgung privatisiert. Brunnen werden versiegelt, Zisternen geschlossen: Sogar den Regen aufzufangen ist jetzt illegal, jeder muss sein Wasser bei Aguas de Tunari kaufen, der profitorientierten Tochtergesellschaft eines internationalen Konzerns – Wasser für 350 Dollar im Jahr. Die Folge ist ein Volksaufstand, eine massive Reaktion von Polizei und Militär, eine Eskalation von Gewalt, ein Bürgerkrieg in der Stadt. Die tatsächlichen Ereignisse vom April 2000, in denen die Bevölkerung in existenzieller Not sich gegen Regierung und Konzern stellten, gegen Unterdrückung von oben, integriert Regisseurin Iciar Bollain mit größter Raffinesse in ihr Film im Film-Spiel: Sebastian und Costa, die froh sind, dass ihre einheimischen Filmmitarbeiter mit zwei Dollar am Tag glücklich sind, der Wasserkonzern, der den Leute, die 40 Dollar im Monat haben, eine 300%ige Wasserverteuerung aufdrückt, Columbus und seine Mannen, die den Indios eine willkürliche Steuer in Goldstaub zahlen lassen: Drei Ebenen, drei Geschichten, die miteinander vernetzt werden, die sich spiegeln. Und Daniel, der Hauptdarsteller und Führer der Indios gegen die Spanier, ist auch der Wortführer der Aufständischen im Wasserkrieg.

      Ausgefeilte Charaktere mit je eigener Dynamik werden von ausgezeichneten Darstellern verkörpert. Gael Garcia Bernal als kunstwollender, visionärer Regisseur, Luis Tosar als kostenbewusster Produktionsorganisator, Juan Carlos Aduviri als kämpferischer Aufständischer und charismatischer Laienschauspieler sind zusammen mit dem restlichen Ensemble – jede Figur mit ihrem Eigenleben – das Rückgrat des Films, in dem ein intensives Historiendrama gedreht wird.

      Herzzerreißend sind die Szenen, die wir von diesem Film im Film sehen, in denen gewissenlose spanische Conquistadores die hilflose Indiobevölkerung demütigen, verstümmeln, killen, massakrieren, im Namen der christlichen Kirche und des spanischen Königshauses. Während die Filmproduktion die Arbeitskraft armer Bolivianer ausnutzt, während die Regierung ihnen die Existenzgrundlage nimmt… Eine Anklage in dreifacher Form ist das, und zugleich eine Reflexion anklagender Fiktion, wie sie Sebastian mit seinem Film im Film produziert: Und deshalb kein trockener Thesenfilm, sondern ein lebendiges Spiel der Charaktere, die sich unterschiedlich positionieren, denen man stets Verständnis entgegenbringt, die einem nie fremd sind, die auch nie fremdbestimmt – von Regie und Drehbuch geführt – wirken. Realität und Fiktion, Kunst und Verantwortung, Unterdrückung, Geld und Macht werden in vielschichtiger Weise diskutiert, und in einer komplexen emotionalen Geschichte miteinander verknüpft.

      Am Ende dann, leider, schlägt die Konstruktion filmischer Fiktion auf die Rahmenhandlung, die unsere Realität in „Und dann der Regen“ ist, durch. Melodramatik durch Personalisierung, Emotionalisierung und Läuterung findet nicht mehr nur in Sebastians Film statt, sondern auch auf der Ebene, die wir als wirklich begreifen müssen. Und Bollain lässt zu viele Bilder verstreichen, die Schlussbilder sein könnten.

      Fazit: Ein ergreifendes Film im Film-Spiel, das ein reales Ereignis – die skandalösen Vorgänge um den Wasserkrieg von Cochabamba im Jahr 2000, bei dem um des Profits willen die arme Bevölkerung ausgebeutet wird – in die Dreharbeiten zu einem kritischen Columbusfilm integriert. Vielschichtige Geschichte, ausgezeichnete Darsteller, ausgefeilte Charaktere, wohldosierte Emotionen – leider aber ein zu pathetisches Filmende.
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      1. Ein engagiertes Filmteam will in Bolivien die Geschichte von Christoph Kolumbus und seiner gewaltvollen Eroberung des amerikanischen Kontinents verfilmen. Bereits nach wenigen Drehtagen stellen sich Probleme bei den Dreharbeiten ein. Denn gleichzeitig rumort es in der Stadt, da der Staat die lokale Wasserversorgung privatisiert hat. Und auf einmal findet sich das Filmteam inmitten einer Revolte wieder. Regisseurin Iciar Bollain gelingt ein packendes Sozialdrama einer Gesellschaft, die sich wehrt gegen Unterdrückung und Ausbeutung. Gespiegelt wird diese Situation in der Handlung des Films im Film, durch die Darstellung des Kolumbus-Konflikts mit den unterjochten Ureinwohnern. Fließend gehen die verschiedenen Ebenen ineinander über und erhalten ihre mitreißende Kraft durch die brilliante Inszenierung und den exzellenten Einsatz aller filmischen Mittel. Ein brisanter und beeindruckender Brückenschlag zwischen Historie und Gegenwart.

        Jurybegründung:

        Ein filmisches Epos über Kolonialismus, eine Parallele der Geschichte vor 500 Jahren und heute. Beide Ebenen werden miteinander verknüpft. Christoph Kolumbus als Vertreter einer damaligen Weltmacht und ein weltweit agierender Multikonzern. Gold und Wasser als exemplarische Fälle um Ausbeutung und Macht. Was im Großen geschehen ist und immer wieder geschieht, zeigt sich hier auch im Detail. Ein Filmteam will in Bolivien einen Film über den historischen Einbruch der spanischen Kultur mit seinen verheerenden Auswirkungen auf die indigene Bevölkerung erstellen. Ein vorbereitendes Statisten-Casting in einem Dorf führt beinahe zur Revolte, denn alle wollen dabei sein und nicht nur ein paar Ausgewählte. Damit wird eine von mehreren Konfliktebenen etabliert, die den ganzen Film bestimmen werden. Der kühl rechnende verantwortliche Produzent Costa (Luis Tosar) und der idealistisch besessene Regisseur Sebastían (Gael García Bernal) stehen als Repräsentanten der Ausbeutung der Einheimischen. Gedreht werden soll die brutale Unterjochung der südamerikanischen Ureinwohner unter dem Siegel des Christentums. Ein riesiges Kreuz schwebt per Hubschrauber über der Szene des Castings. Ein Kreuz, das das Unglück bringen wird.

        Die Not der Einwohner in Dörfern und Städten verschärft sich, denn der Staat hat die Wasserrechte an einen großen internationalen Konzern verkauft. Der Kampf um frei zugängliches Wasser eskaliert zu einem Aufstand der Bevölkerung, der blutig zerschlagen wird. Betroffen davon ist das Filmteam. Ein einheimischer Hauptdarsteller wird verhaftet, seine Tochter schwer verletzt. Ihre Schicksale und die schwierigen Antworten auf Fragen der Menschlichkeit begleiten den gesamten Film.

        Die einzelnen Erzählstränge werden überaus geschickt montiert. Die Gespräche um die Weiterführung der Dreharbeiten gegen alle Widerstände, durch den Produzenten selbst gemachte scheinbar ökonomische Zwänge einerseits und durch die Starrheit des bis zur Verzweiflung gegen alle Widerstände kämpfenden Regisseurs andererseits. Proben der Schauspieler gehen fließend über in die Inszenierung der brutalen Befehle von Kolumbus bei den Filmaufnahmen des Spielfilms selbst. Alle Gespräche und Ereignisse werden von einer Assistentin mit einer Schwarz-Weiß-Videokamera dokumentiert. Mediale Vermittlung ist ein wichtiger Baustein im Film, den wir sehen. Ein Screening von gelungenen Szenen, ein Radiobericht über die Rebellion in der Stadt, die verlogene Fernsehberichterstattung über den Aufstand von angeblich wenigen Terroristen gegen die Wasserwegnahme, der Film im Film zu seiner Entstehung bei den Dreharbeiten. Das Chaos des Widerstands hat irgendwann seinen Höhepunkt erreicht, nichts geht mehr und der Film muss abgebrochen werden. Jetzt kommt die menschliche Seite des Produzenten zum Vorschein. Er wandelt sich vom Saulus zum Paulus, um die verletzte Tochter seines Hauptdarstellers und Anführers des Aufstands zu retten. Auf diese Weise erlangt der Film zu einem geschönten, fast märchenhaften Ende der Versöhnung zwischen einem Indio und dem eher hart gesottenen Produzenten.

        Der Film ist in vieler Hinsicht hervorragend konstruiert in seinem Wechsel der Ebenen, die wie selbstverständlich ineinander übergehen, ohne den Eindruck einer sprunghaften Beliebigkeit zu vermitteln. Die Musik ist äußerst zurückhaltend und sparsam eingesetzt und nie überzogen. Der Zuschauer wird auch bei den dramatischsten Momenten des Films nie bewusstlos in einen Sog der emotionalen Identifikation hineingezogen, es kommt durch den Wechsel der Ebenen immer zu einer Distanz wahrenden Haltung des Betrachters zum Ablauf der Ereignisse. Der Film nimmt auf diese Weise den politisch ungeschulten Zuschauer mit, verweist auf die Konflikte in unserer am Kapital orientierten Welt, und zeigt beispielhaft, ohne den didaktischen Zeigefinger zu bemühen, dass sich die Geschichte der Ausbeutung und Erniedrigung immer noch und überall wiederholt.

        Eine mit seinen Schauspielern hervorragend besetzter Politkrimi um das Scheitern eines Filmprojekts aufgrund von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, eine exzellente Regie von Icíar Bollain, die ihre Männerfiguren liebevoll durchzeichnet und die verschiedenen Ebenen im Film überzeugend miteinander - auch vom Rhythmus her - miteinander verknüpfen kann und eine Kamera, die zunächst fast wie ein Kammerspiel eng am Filmteam bleibt, aber in der Zuspitzung der Ereignisse den Blick weitet und damit indirekt auf die Dimension des Grundkonflikts der politischen Verhältnisse und seine Auswirkungen verweist.

        Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
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